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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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anderen Ende überrumpelte sie.
    »Hallo«, wiederholte Sandi. »Bist du das, Aish?«
    Rufnummernerkennung. Aisha riss sich zusammen. Zum Auflegen war es zu spät. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Nichts war mehr wie früher.
    »Ja.« Sie stolperte durch die Glückwünsche, gefolgt von einer schnellen Entschuldigung. »Tut mir leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Es war eine turbulente Zeit.«
    Den Satz hatte sie tatsächlich eingeübt. Er war ihr auf dem Rückflug von Bali eingefallen. Er stimmte zwar, beinhaltete aber keine direkte Schuldzuweisung. Sandi lachte laut und herzlich. Es war die richtige Entscheidung, dachte Aisha, ich habe das Richtige getan.
    »Das ist vollkommen in Ordnung, Süße. Es war ein echtes Scheißjahr, aber jetzt ist ja alles gut. Ich bin total glücklich.«
    »Das freut mich, wirklich.« Und das tat es auch. »Ich weiß, wie wichtig das für dich ist.«
    »Für uns beide.« Jetzt kam Harry ins Spiel. Aisha verspannte sich. So einfach würde das Gespräch nicht werden. »Rocco ist auch schon ganz aufgeregt«, fuhr Sandi unbekümmert fort. »Er kann es gar nicht glauben, dass er endlich ein Geschwisterchen bekommt.«
    »Wie geht es Rocco?«
    Ihr fiel eine Zeile aus einem Lied ein, das Hector in den frühen Neunzigern dauernd aufgelegt hatte.
This is a new day, this isa beautiful day
.
    »Wunderbar. Kommt doch mal mit den Kindern vorbei.«
    Aisha antwortete nicht gleich. Sie rief Melissas Namen und tat so, als müsste sie sie ermahnen. Eigentlich wollte sie Sandi allein treffen, irgendwo zum Kaffeetrinken, ohne die Männer. Aber sie wusste, dass das nicht möglich war. Sandi klang freundlich und einladend, und sie erwartete, dass Aisha zu ihr nach Hause kam und Harry begrüßte. Sie würde ihm die Hand geben und ihn auf seine unrasierte, borstige Wange küssen müssen. Er würde sich zu ihr runterbeugen. Er machte ihr Angst. Sie hasste es, dass er ihr Angst machte.
    »Tut mir leid, Sandi«, log sie. »Melissa hat gerade mit einer Schere gespielt. Wo waren wir stehengeblieben?«
    »Wann kommt ihr mit den Kindern vorbei?«
    »Bald, wir kommen bald mal.«
    »Wann?«
    This is a new day, this is a beautiful day
.
    »Ich bespreche das mit Hector.«
    Wieder lachte Sandi. »Dem ist bestimmt jeder Tag recht.« Ihr Lachen endete abrupt. »Also wann?«
    Sie war knallhart.
This is a new day, this is a beautiful day
.
    »Nächste Woche, am Sonntag«, schlug Aisha möglichst fröhlich vor. »Was hältst du von nächster Woche, Sonntag?« Wie kannst du nachts neben diesem Monster schlafen? Nach dem, was er dir angetan hat?
Ich habe dich gesehen
. Er hat dir den Kiefer gebrochen. Wie kannst du ihm das verzeihen?
    »Wunderbar. Ich werd Harry sagen, er soll den Grill rechtzeitig anschmeißen.«
    »Wunderbar«, heuchelte Aisha. »Bis dann also.« Sie legte auf.
     
    »Was soll ich bloß Rosie sagen?«
    Sie saßen an der Bar des
All Nations
und warteten auf einen Tisch. Die Aufmerksamkeit der hauptsächlich männlichen Kundschaft war auf Anouk gerichtet. Sie trug ihre schenkelhohen schwarzen Lederstiefel und eine abgewetzte Cowgirl-Wildlederjacke über einem New-Order-T-Shirt, das sie 1987 auf einem Konzert gekauft hatte. Es saß immer noch perfekt. Anouk hatte sich die Haare extrem kurz schneiden und blauschwarz färben lassen. Aisha hatte sich ebenfalls rausgeputzt, in ihrem burgunderroten Kostüm, das sie spontan bei David Jones gekauft hatte, weil es so süß aussah, jetzt neben Anouk aber plötzlich farblos und spießig wirkte. Nur weil das Miststück keine Kinder hat, dachte sie gehässig, während sie den Laden betrat und Anouk rauchend am Tresen stehen sah. Als Anouk sie dann aber strahlend anlächelte, hatte sie plötzlich ein schlechtes Gewissen. Sie tat ihr Unrecht. Selbst wennAnouk Kinder gehabt hätte, und sei es ein halbes Dutzend, sähe sie immer noch umwerfend aus.
    Sie hatten eine Flasche Sauvignon Blanc bestellt, und Aisha beobachtete, wie der Kellner ihnen eingoss. Der Kerl ist fast noch ein Kind, dachte sie. Er war dünn und blass, seine Haare ungepflegt und fettig. Sein Versuch, sich einen Bart stehen zu lassen, war gescheitert. Die dünnen Härchen an den Wangen reichten nicht bis an die Büschel am Kinn heran. Dennoch war er sehr attraktiv. Aber er hatte nur Augen für Anouk, die ihn absichtlich ignorierte.
    »Cheers.« Sie stießen an. Anouk zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch in Aishas Richtung. »Du musst es ihr ja nicht sagen.«
    Auf den Gedanken war

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