Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
„Hunter, warum habe ich das Gefühl, du tust alles, um mir den Job zu erschweren?“
„Du bist sehr scharfsichtig.“ Er stellte den Teller zur Seite und begann, mit ihren Haarspitzen zu spielen, eine Angewohnheit, die sie nie gleichmütig hinnehmen konnte. „Ich habe das Bild einer Frau von einer romantischen Schönheit und logischem Denkvermögen.“
„Hunter.“
„Warte, ich lasse sie gerade Gestalt annehmen. Sie ist ehrgeizig, nervös, äußerst sinnlich, ohne sich dessen voll bewusst zu sein.“ Er konnte sehen, wie sich ihr Blick veränderte, wie ihre Augen dunkel wurden, genauso wie der Himmel über ihnen. „Sie ist von etwas gefangen, das sie nicht erklären oder verstehen kann. Es geschehen Dinge um sie herum, und es fällt ihr immer schwerer, sich davon zu distanzieren. Und da ist ein Mann, ein Mann, den sie begehrt, dem sie aber nicht ganz trauen kann. Wenn sie ihm vertraute, müsste sie sich von den Lebensgewohnheiten trennen, an denen sie bisher gehangen hat. Wenn sie sich von ihnen nicht lösen kann, wird sie allein sein.“
Er sprach mit ihr über sie, für sie. Ihre Kehle war trocken und ihre Handflächen feucht, aber sie wusste nicht, ob es von seinen Worten kam oder seiner leichten Berührung ihres Haares. „Du baust einen Roman um mich auf.“
„Ja. Das ist mein Beruf.“ Wie aufs Stichwort zuckte ein Blitz am Himmel. „Und alle Schriftsteller brauchen eine Vorlage. Weiche, helle Haut.“ Er strich mit einem Handrücken über ihre Wange. „Seidiges Haar mit Einsprengseln von Gold und Feuer. Dazu setze ich Dunkelheit, Wind und Stimmen, die aus den Schatten sprechen. Die Vernunft gegen das Unmögliche. Das Unaussprechliche gegen die kühle polierte Schönheit.“
Sie schluckte in der Bemühung um einen gleichmütigen Ton.„Ich nehme an, ich sollte geschmeichelt sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mich gern in der Gestalt einer Horrorstory sehen würde.“
Der Blitz brach durch die Abenddämmerung, als ihre Blicke sich wieder trafen. „Ich brauche dich, Lenore“, murmelte Hunter. „Für die Geschichte, die ich schreiben will – und mehr.“
Die Nerven zuckten überall in ihr. „Es wird regnen.“ Aber ihre Stimme war nicht ruhig und sicher. Als sie sich erheben wollte, merkte sie, dass er ihre Hand hielt und mit ihr aufstand. Der Wind blies um sie herum, immer stärker, er wirbelte Blätter hoch, wirbelte die Leidenschaft auf. Das Licht schwächte zum Schatten ab. Donner grollte.
Was sie in seinem Blick sah, ließ sie kalt werden. Dann erhitzte es so schnell ihr Blut, dass sie vom Wechsel einfach überwältigt wurde. Der Griff um ihre Hand war leicht. Lee hätte ihre Hand lösen können, wenn sie den Willen dazu gehabt hätte. Es war sein Blick, der ihr den Willen entzog. So standen sie, Hand in Hand, ihre Augen ließen einander nicht los, während der Sturm um sie herum tobte.
Dann öffnete der Himmel seine Schleusen. Regen strömte herab. Der Schock der plötzlichen Nässe ließ Lee zurückschrecken, den intimen Kontakt brechen. Und doch stand sie noch einige lange Sekunden still, während sich der Regen über ihr ergoss und die Blitze so schnell hintereinander aufzuckten, dass sie blendeten.
„Verdammt!“ Doch er wusste, sie sprach von ihm, nicht vom Sturm. „Was tun wir?“
Hunter lächelte, konnte kaum dem Drang widerstehen, ihr Gesicht zu umfassen und sie zu küssen. „Ins Trockene flüchten.“ Er lächelte weiter, trotz des Regens, des Windes, der Blitze.
Nass, gereizt und verärgert kroch Lee ins Zelt. Er genießt es, dachte sie und riss an den klatschnassen Schnürsenkeln ihrer Stiefel. Nichts schien ihm mehr zu gefallen, als sie in derschlimmsten Verfassung zu sehen. Es würde bestimmt eine Woche dauern, bis die Stiefel wieder getrocknet waren. Grimmig gelang es ihr, den ersten vom Fuß zu ziehen.
Als Hunter neben ihr ins Zelt schlüpfte, sagte sie nichts. Sich auf den eigenen Ärger zu konzentrieren, schien die beste Lösung zu sein. Unangenehm tropfte das Wasser ihren Nacken hinunter, als sie sich vorbeugte, um die Socken auszuziehen.
„Ich hoffe, das dauert nicht lange.“
Hunter zog sich das durchweichte Hemd über den Kopf. „Verlass dich nicht darauf. Es kann so bis morgen früh gehen.“
„Entsetzlich.“ Sie fröstelte und fragte sich, wie zum Teufel sie aus den nassen Sachen raus- und in trockene reinkommen sollte.
Hunter drehte die Laterne, die er mitgenommen hatte, ganz schwach runter. „Entspann dich einfach.“ Er zog ein
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