Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
verkauft hat, hat er Eintrittskarten im Theater verkauft, davor war es Linoleum, glaube ich.“ Er sah sie an. „Er war ein Mann, der arbeiten musste, obwohl er eigentlich zum Träumen geboren war. Hätte er reiche Eltern gehabt, wäre erMaler oder Dichter geworden. Doch so, wie die Dinge lagen, war er Verkäufer und hat regelmäßig den Job verloren, weil er nicht der geschickteste und tüchtigste Verkäufer war.“
Er sagte das ruhig, was Lee nur noch betroffener machte. „Du sprichst, als lebte er nicht mehr.“
„Ich war immer davon überzeugt, dass meine Mutter an Überarbeitung gestorben ist und mein Vater am mangelnden Lebenswillen nach ihrem Tod.“
Mitleid stieg in ihr auf. „Wann hast du sie verloren?“
„Ich war achtzehn. Sie sind im Abstand von sechs Monaten gestorben.“
„Zu alt, dass der Staat für dich sorgte“, murmelte sie. „Zu jung, um allein zu sein.“
Hunter musterte sie. „Kein Mitleid, Lenore. Ich habe das ganz gut geschafft.“
„Aber du warst noch kein Mann. Du musstest das College beenden.“
„Ich habe eine Zeit lang gekellnert.“
Lee erinnerte sich an die Brieftasche voll mit Kreditkarten, die sie durch ihre Collegezeit geschleppt hatte. Alles, was sie gewollt hatte, hatte sie bekommen, sie brauchte nur mit den Fingern zu schnippen. „Das kann nicht einfach gewesen sein.“
„Das muss es auch nicht.“ Er zündete sich eine Zigarette an und beobachtete die sich nähernden Wolken.
„Was hast du nach dem College gemacht?“
Er lächelte durch den Rauch, der zwischen ihnen schwebte. „Ich habe gelebt, ich habe geschrieben, ich bin fischen gegangen, wenn es ging.“
So leicht wollte sie sich nicht abspeisen lassen. Sie merkte es kaum, als sie sich auf den Boden neben ihn setzte. „Du musst gearbeitet haben.“
„Schreiben, auch wenn viele dem nicht zustimmen, ist Arbeit.“ Er hatte das Talent, Sarkasmus fast humorvoll klingen zu lassen.
Zu einer anderen Zeit hätte sie gelächelt. „Du weißt, das habe ich nicht gemeint. Du brauchtest ein Einkommen, und dein erstes Buch ist erst vor ungefähr sechs Jahren veröffentlicht worden.“
„Ich habe nicht in einer Dachstube gehungert, Lenore.“ Er strich mit einem Finger über die Hand, mit der sie die Angel hielt und spürte ein Aufblitzen von Lust bei dem schnellen Anstieg ihres Pulses. „Du hast gerade bei CELEBRITY angefangen, als ,Was dem Teufel gebührt’ erfolgreich einschlug. Man könnte sagen, unser Stern sei gleichzeitig aufgegangen.“
„Vermutlich.“ Sie wandte sich von ihm ab und blickte wieder auf das Wasser.
„Bist du glücklich in deinem Beruf?“
Unbewusst hob sie das Kinn. „Ich habe mich in fünf Jahren zur leitenden Redakteurin hochgearbeitet.“
„Das ist keine Antwort.“
,.Die meisten von dir sind es auch nicht“, murmelte sie.
„Stimmt. Wonach suchst du dort?“
„Erfolg“, antwortete sie augenblicklich. „Sicherheit.“
„Eins ist nicht immer so wichtig wie das andere.“
Ihre Stimme war so herausfordernd wie ihr Blick, den sie auf ihn richtete. „Du hast beides.“
„Ein Schriftsteller ist nie sicher“, widersprach Hunter. „Nur ein Dummkopf erwartet das. Ich habe das ganze Manuskript gelesen, das du mitgebracht hast.“
Lee sagte nichts. Sie hatte gewusst, er würde das Thema anschneiden, bevor die zwei Wochen um waren, aber sie hatte gehofft, es noch ein wenig aufschieben zu können. Eine kaum wahrnehmbare Brise spielte mit ihrem Haar, während sie saß und auf die Bewegungen des Baches starrte. Einige der Kieselsteine sahen wie Juwelen aus. So waren Illusionen.
„Du weißt, du musst es beenden“, sagte er ruhig. „Du kannst mir nicht vormachen, dass du mit dem halb fertigen Roman zufrieden bist.“
„Ich habe keine Zeit …“, begann sie.
„Das reicht nicht.“
Frustriert drehte sie sich wieder zu ihm um. „Leicht für dich zu sagen, von deinem Erfolgsgipfel aus. Ich habe einen anspruchsvollen Ganztagsjob. Wenn ich dem meine Zeit und mein Talent widme, dann bleibt für nichts anderes etwas übrig.“
„Dein Roman erfordert deine Zeit und dein Talent.“
Sie mochte es nicht, wie es bei ihm klang – so als hätte sie gar keine wirkliche Wahl. „Hunter, ich bin nicht hierher gekommen, um über meine Arbeit zu reden, sondern über dich und deine Arbeit. Ich bin geschmeichelt, dass du denkst, mein Roman habe einen gewissen Wert, aber ich habe eine Arbeit, die mir am Herzen liegt.“
„Geschmeichelt?“ Seine Hand schloss sich um ihre.
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