Nur für Schokolade
Ball.
Sie sind noch nicht einmal im Saal, in dem die Veranstaltung stattfindet, da melden sich an der Garderobe schon einige Tänzer für die kommende Nacht an. Der Ehemann muß lachen und greift sich an den Kopf: »Lauter Verrückte!«
Seine Frau lacht, freut sich insgeheim auf ihre Tanzpartner und auch, daß ihr Mann keine Eifersucht zeigt. Die Kapelle hat noch nicht den ersten Tanz freigegeben, da stehen schon einige Tänzer für sie bereit. Sie ist glücklich. Ihr Mann sitzt lieber, wie auch an diesem Abend, mit Freunden zusammen und frönt dem Alkohol. Vielleicht ist eine Bemerkung seines bereits betrunkenen Freundes der Auslöser dafür, daß er auf Danutas Tanzpartner aufmerksam wird.
»Die Danuta tanzt ja nur noch mit dem in der blauen Jacke!
Die können’s aber gut miteinander …«
Ein langsamer Walzer und das aneinander geschmiegte
Tanzpaar weckten Argwohn beim Ehemann. Nie zuvor hat er sich darum gekümmert, mit wem seine Frau tanzt: stets war er froh, seine Ruhe zu haben. Das Gerede seines Freundes aber macht ihn an diesem Abend mißtrauisch.
Der Alkohol steigt ihm etwas zu Kopf. Er läßt keinen Blick mehr von den beiden, die seiner Meinung nach viel zu eng 132
miteinander tanzen. Als Danutas Tanzpartner sie auf ihren Platz zurückbringt, ist es um den Frieden zwischen den Eheleuten geschehen. Nach heftigen Vorwürfen, wie eng sie mit fremden Männern tanzen würde, hat Danuta nur die
Antwort: »Du brauchst ja nur mit mir zu tanzen, aber dir ist ja dein Wodka wichtiger, was beschwerst du dich dann, wenn ich mit anderen Männern tanze, die genauso gerne mit mir tanzen, wie ich mit ihnen?«
Damit ist ein kleiner Familienkrieg eingeläutet. Danuta versteht die Reaktion ihres Mannes nicht; ein Wort gibt das andere, schließlich zahlt er und verläßt mit seiner Frau das Lokal, ohne seinen Freunden auf Wiedersehen zu sagen. Viel zu sehr sieht er sich in seiner männlichen Ehre gekränkt, zumal ihn erst seine Freunde auf diesen Fehltritt seiner Frau aufmerksam machen mußten!
Während sie zu Fuß nach Hause gehen, hat er genügend Zeit, ihr Vorhaltungen zu machen. Immer mehr steigert er sich hinein, wie leichtfertig sich seine Frau fremden Männer an den Hals wirft – und jeder Vorwurf wird lauter. Danuta ist froh, als sie an ihrem Haus in der Nähe des Bahnhofes angekommen sind. Ihr Mann ist mit seiner Strafpredigt noch lange nicht zu Ende und als er die Haustür aufsperrt, wundert er sich nicht schlecht, als Danuta sagt: »Du alter Spinner, du kannst alleine zu Bett gehen. Ich gehe noch ein wenig spazieren, vielleicht hast du ausgesponnen, bis ich wieder nach Hause komme.«
Ohne eine Antwort ihres Mannes abzuwarten, dreht sie sich um und geht in Richtung Bahnhof. Wütend geht der Mann allein ins Haus und ist sich sicher, daß seine Frau bei dieser Kälte bald kommen wird. An den für sie anfänglich wunderschönen Abend denkend, stapft sie durch den Schnee und muß über die Eifersucht ihres Mannes lachen. Insgeheim freut sie sich aber auch, daß ihr Mann nach so langer Ehe noch eifersüchtig werden kann. Nur sie weiß, daß all die Männer, die mit ihr getanzt haben, eben einfach nur Tanzpartner waren und sie als 133
Männer gar nicht interessierten. Natürlich war es schön, wenn einer der Männer besonders gut tanzen konnte, aber Gedanken an einen anderen Mann hatte sie deshalb noch lange nicht.
Also, was sollte der ganze Streit und noch dazu vor all den Freunden? Es sind nur noch wenige Meter bis zum Bahnhof, dann will sie umdrehen, denn sie ist sich sicher, bis sie wieder zuhause ist, wird ihr Mann bestimmt eingeschlafen sein. Am morgigen Tag kann sie ihm sicher alles viel besser erklären.
Und wenn schon nicht besser, dann wenigstens leiser.
Am Eingang des Bahnhofsgebäudes steht ein junger Mann und wartet auf den Zug nach Gdynia, der aber erst am nächsten Morgen hier abfährt. Er will in dieser Stadt ein Heiratsinstitut aufsuchen, um eine Frau zu finden. Während er in Gedanken versunken ist, sieht er Danuta N. auf das Gebäude zukommen.
Sie gefällt ihm, er betrachtet sie ausgiebig. Danuta kehrt nie mehr nach Hause zurück. Am nächsten Morgen wird sie
zwischen den Geleisen tot aufgefunden. Sie war Leszek Pekalski begegnet.
Als er auch den Mord an dieser Frau gesteht, verhängt die Staatsanwaltschaft eine Nachrichtensperre, denn der Täter sollte ruhig glauben, daß Danuta N. noch lebt. Bei einer Rekonstruktion der Tat mit dem Staatsanwalt und der Polizei erzählt er voller
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