Nur für Schokolade
Ihre Freundin, die sie vom Balkon aus noch gesehen hat. ist die letzte Person, die Jolanta lebend zu Gesicht bekam – außer dem Täter. Als sich Jolanta am nächsten Tag nicht bei ihren Eltern meldet, was sie sonst immer tut, warten diese noch einen Tag bevor sie zur Polizei gehen. Doch die 129
Beamten haben nur ein müdes Lächeln für die besorgten Eltern übrig.
»Ihre Tochter hat bestimmt einen jungen Mann kennen-
gelernt und ist mit ihm weggefahren«, lautet der Kommentar der Polizei. Was sollen Eltern darauf sagen – und es stimmt ja wirklich, daß Jolanta einen jungen Mann kennengelernt hat.
Nur den Namen des Freundes hatte sie ihrer Mutter bisher verschwiegen.
»Wenn unsere Tochter mit ihrem Freund weggefahren wäre, hätte sie uns sicher Bescheid gegeben. Das tut sie immer.«
Doch die Polizei nimmt keine Notiz von den Angaben der ängstlichen Mutter – wie oft haben sie dies schon gehört, wie oft wurden Eltern eines Besseren belehrt? So wird es wohl auch in diesem Fall sein.
»Können Sie meine Tochter denn nicht mit Hunden
suchen?« fragt der Vater Jolantas.
»Was glauben Sie, wieviele Hunde wir brauchten, um alle vermißten Mädchen zu suchen! Wissen Sie überhaupt, wie viele junge Frauen und Mädchen jeden Tag als vermißt
gemeldet werden und schon nach wenigen Tagen wieder zu Hause auftauchen?« bekommt er zur Antwort.
Doch die Eltern sind sich einig: es muß etwas Außer-
gewöhnliches geschehen sein, daß sich ihre Tochter nicht bei ihnen meldet. Sie wollen nichts unversucht lassen und beschließen letztendlich, einen bekannten Hellseher mit ihrem Problem zu konfrontieren. Dieser sagt ihnen sofort: »Ihre Tochter lebt nicht mehr und man muß sie da suchen, wo viele Militärkappen sind.«
Hokuspokus oder Wahrheit? – Die Eltern wissen nicht, was sie denken sollen. Ihre Tochter lebt also nicht mehr, wer will das schon glauben? Am nächsten Morgen sitzen sie am
Frühstückstisch und haben die Landkarte ausgebreitet. Alles, was nur im geringsten mit Militär zu tun hat, wird ange-strichen. Soldatenkneipen, Militärkasernen, alles wollen die 130
beiden auf eigene Faust mit einigen Freunden aufsuchen, um ihre Tochter zu finden.
Doch wo sie auch suchen, Jolanta entdecken sie nirgends.
Zwischenzeitlich wird auch die lokale Presse auf den Fall aufmerksam und berichtet darüber. Es meldet sich ein Mann, seinen Namen gibt die Staatsanwaltschaft als Jan K. bekannt, der nach dem Verschwinden Jolantas einen Mann gesehen haben will. Er gibt der Polizei zu Protokoll, daß er zum fraglichen Zeitpunkt einen merkwürdigen Mann in der Nähe des Studentenwohnheimes gesehen habe, der in Richtung Park ging. Das Merkwürdige an dem Mann sei sein eigenartiger Gang gewesen – er beschreibt eine Art »Entengang«.
Wenige Tage später findet man Jolanta dreihundert Meter von der Wohnung der Freundin entfernt, nahe an einem
Militärgelände. Am Mantel des Opfers findet man Sperma und Haare, welche jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht untersucht werden. Zwei Jahre später, als Leszek Pekalski auch diesen Mord in allen Einzelheiten gesteht, kann man diese
vorhandenen Beweise nicht mehr auswerten, denn der Mantel des Opfers ist verschwunden.
Die Leichenobduktion ergibt: Schwerste Kopfverletzungen durch Schläge auf den Schädel, stark verletzte Handflächen.
Hautabschürfungen im Nacken und ein Stück fehlende
Unterlippe. Der Mediziner, der die Obduktion vornimmt, ist sicher, daß das Opfer sich selbst die Unterlippe vor Schmerzen ausgebissen haben muß.
Opfer Nr. 12
Danuta N., ermordet am 09.02.1991 in Lebork
Wochenlang hat sich die siebenunddreißigjährige Ehefrau und Mutter einer Tochter gemeinsam mit ihrem Mann auf den Samstag. 9. Februar 1991, gefreut. Die Oma versprach ihr 131
zuvor, die Tochter für diese Nacht bei sich aufzunehmen, damit das Paar den einzigen Faschingsball des Ortes so richtig genießen könnte. Einmal die ganze Nacht durchtanzen, darauf freute sich Danuta N. schon lange.
»Tänzer werden sich schon noch finden für eine Frau meines Alters«, stellte sie selbstsicher fest. Mit ihrem Mann, das wußte sie, war in dieser Hinsicht nichts anzufangen, denn er trank lieber einige Bier und reichlich Wodka dazu – dann war es für ihn auch ein schöner Abend.
»Soll sie doch tanzen, da wird sich schon jemand opfern«, hat auch er noch wenige Tage vorher gesagt. Als beide dann an diesem Abend aus dem Hause gehen, sind sie richtig
aufgedreht und freuen sich auf den bevorstehenden
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