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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Gesichtszüge. Er starrt ihn an, sein Gesicht wird hart, böse glitzern seine Augen. Sie sind kalt, unbeweglich, seine Stirn liegt in Falten und er schnaubt leise. Sein Blick läßt nicht von ihm ab. Der Mann wundert sich: Leszek, den er bisher bei einigen Gelegenheiten getroffen hatte, der ihn sonst immer schüchtern und vorsichtig angelächelt hatte, ist zornig –
    warum, weiß er nicht. Erst als ein wichtiger Zeuge, der Freund von Anika C., in den Zeugenstand gerufen wird, läßt Leszek von dem Mann im Zuschauerraum ab und nimmt den anderen ins Visier.
    Der Staatsanwalt und Leszek wissen, daß es mit dem Auftritt dieses Mannes einen neuen Beweis geben könnte. Als der Zeuge jedoch zugeben muß, daß er wegen Raubes vorbestraft ist, scheint zumindest seitens des Gerichts das Interesse an ihm nachzulassen. Erst der Staatsanwalt stellt die alles ent-scheidende Frage: »Erkennen Sie im Angeklagten den Mann wieder, der mit Ihrer Freundin Anika auf der Straße
    weiterging?«

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    »Nein, dazu war es viel zu dunkel, und Anika war auch schon zu weit von mir entfernt, als daß ich den Mann hätte erkennen können.«
    Da hilft auch das Nachbohren der Staatsanwaltschaft nicht, ob dieser Mann denn wohl die Größe des Angeklagten gehabt hätte, dabei wird Leszek aufgefordert, sich zu erheben. Leszek braucht nicht aufzustehen, denn der Vorsitzende Richter unterbricht:
    »Das hat doch keinen Sinn, Herr Staatsanwalt. Sie haben doch gehört, daß er ihn nicht erkannt hat.«
    Niedergeschlagen setzt er sich. Der Richter ordnet die Mittagspause an. »Er sagte doch vor der Polizei aus, er könnte es gewesen sein«, versucht der Staatsanwalt den Beweiswert der Zeugenaussage zu erklären. Er diskutiert aufgeregt mit einem Prozeßbeobachter, den er kennt, als aus der Tür, durch die man Leszek abgeführt hat, ein Polizeibeamter auf das Grüppchen zugeht.
    »Leszek Pekalski will Sie unbedingt beide sehen, er ist ganz wütend.«
    Er deutet auf den Mann, den Leszek zu Beginn der
    Verhandlung nicht aus den Augen ließ – und auf seine Begleitung, eine Dolmetscherin. Der Staatsanwalt verspricht, auf die beiden zu warten, und so folgen sie, überrascht, dem Beamten.
    Ein Stockwerk tiefer betreten sie einen kleinen Raum, in dem drei weitere Polizisten sitzen und sie lachend empfangen.
    Sie deuten auf die andere Seite des Raumes, wo sich drei Zellen befinden. Als Leszek den Mann sieht, fängt er an zu toben:
    »Ich hatte gestern Nacht großen Ärger mit den Beamten im Gefängnis, weil ich meine Kleidung nicht mehr hatte. Sie müssen heute nachmittag unbedingt in das Gefängnis gehen und die Sache regeln!« macht er seinem Ärger Luft. Erst als die Dolmetscherin Leszek zu verstehen gibt, daß sie heute 220
    nachmittag sowieso in das Gefängnis gehen werden, beruhigt er sich wieder.
    Sie setzen sich an den Tisch zu den Beamten und verstehen die ganze Aufregung noch nicht. Fest stand doch, daß der Anstaltsleiter die Genehmigung für den Kleidungstausch erteilt hatte – war damit nicht alles erledigt? Was sie nicht wissen konnten: als Leszek nach dem Interview wieder in seine Zelle gesteckt wurde, hatten die beiden Beamten, die die Geschehnisse mitverfolgt hatten, Feierabend. Sie hatten es versäumt, ihre Kollegen davon zu unterrichten, welche Genehmigungen die Anstaltsleitung erteilt hatte – und natürlich auch, daß Leszek seine Kleidung ausgetauscht hatte.
    Was die Fernsehleute nicht wissen konnten, war, daß die Gefangenen, bevor das Licht ausgeschaltet wird, ihre Oberbekleidung vor die Zellentür legen müssen. Diese Vorsichts-maßnahme soll eine Flucht aus der Anstalt erschweren. Alle lachen herzhaft, als ein Polizeibeamter sagt: »Das Tollste war natürlich: niemand wußte von Ihrem Kleidertausch. Als wir dann den anderen Jogginganzug vor der Zelle liegen sahen, waren wir von einem Fluchtversuch Leszeks überzeugt.« Er fährt fort, stets lacht er dabei: »Was er uns auch sagte, wir glaubten ihm kein Wort. Welcher Gefangene durfte auch schon seine Anstaltskleidung gegen einen Jogginganzug austauschen?
    So durchsuchten wir das ganze Gefängnis nach seiner Kleidung und als wir sie nicht finden konnten, ließen wir die ganze Nacht in der Zelle 53 das Licht brennen und überprüften diese halbstündig.«
    Die Dolmetscherin geht noch einmal auf Leszek zu und
    erklärt ihm, daß noch am Nachmittag alles im Gefängnis aufgeklärt werde. Langsam beruhigt er sich.
    Am Nachmittag fährt die Dolmetscherin mit ihrem Begleiter im Taxi zum

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