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Nur Fuer Schokolade

Nur Fuer Schokolade

Titel: Nur Fuer Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Geständnisse widerrufen und das Gericht glaubt mir. Ich meine schon, daß man mir glaubt, daß ich nichts getan habe.«
    »Na, wir werden ja sehen.«
    Mit dieser Antwort schließt der Beamte die schwere Eisentür von Zelle 53 auf. Leszek hört nicht mehr die Schlüssel, die sich hinter ihm laut im Schloß drehen, vielmehr ist er darauf bedacht, daß er seine Zelle vorfindet, wie er sie verlassen hat.
    Jeden Tag das gleiche Ritual: nach Einschluß in seine Zelle überprüft Leszek akribisch genau, ob sich noch alles an seinem Platz befindet. Er weiß, daß die Beamten seine Zelle jeden Tag filzen, wenn er bei Gericht ist, und verärgert muß er feststellen, daß man ihm einzelne Gegenstände nach der Überprüfung auf den Boden gelegt hat.
    Nun wird er für lange Zeit die Zelle nicht mehr verlassen.
    Die Beamten beobachten täglich durch den Spion an der Tür, was Leszek den ganzen Tag treibt. Außer der halben Stunde Hofgang, die man aus Sicherheitsgründen jeden Tag zu einer anderen Zeit abhält, sitzt der Gefangene in seiner Zelle 53.
    Seitdem Roman nicht mehr bei ihm ist, hat er auch keinen Fernseher mehr, mit dem er sich die Zeit vertreiben könnte.
    Gemeinschaftsfernsehen in einem großem Raum, wie es die anderen Gefangenen täglich ein paar Stunden tun können, ist ihm verweigert. Aus Sicherheitsgründen, sagen ihm die Beamten, doch Leszek traut sich ohnehin nicht ohne Begleitung aus seiner Zelle. Und langweilig wird es ihm nicht: Zeitweise ist er mit seinem Körper beschäftigt, viele Stunden verbringt er mit Lesen und Kreuzworträtsel lösen. Staub-wischen, Betten machen, Toilette reinigen – das alles nimmt bei Leszek ebenfalls eine lange Zeit in Anspruch. Er will, daß alles blitzblank ist in der Zelle. In seiner Zelle.
    Eine Sichtblende und ein zusätzliches dünnmaschiges Gitter machen es für ihn unmöglich, sich die Zeit am Fenster zu vertreiben – alle anderen Gefangenen unterhalten sich auf diese Weise, von Fenster zu Fenster. Und mit Leszek will ohnehin keiner reden. Wenn sie ihn verhöhnen und Drohgesänge auf ihn anstimmen, verschließt er sein Fenster und vergräbt seinen Kopf im Kissen. Er will es nicht hören, was ihm nach dem Willen der Mithäftlinge bevorsteht. Der Wärter, der die meiste Zeit auf dem Gang bei Leszeks Zelle Dienst hat, macht folgende Beobachtungen:
    »Er sitzt oft über Stunden hinweg auf seinem Bett und starrt zur Decke. Er denkt dann wohl darüber nach, wie er sich herausreden könnte, wenn er wieder einmal etwas gestanden hat. Im Gegensatz zu seinen Verhältnissen vor der Inhaftierung geht es ihm hier sehr gut. Er hat Kleidung, er hat zu essen, und er hat ein Bett. Er braucht nicht mehr in der Kälte im Freien übernachten, hier ist es warm und er hat Licht.«
    Zeitweise interessieren sich vor allem skandinavische Journalisten für den Fall Leszek Pekalski – und er freut sich über deren Besuch, denn damit erhält er wieder Nachschub an Schokolade und anderen Dingen. Da er aber nicht über seine Taten spricht, sondern nur über seine mittlerweile professionell einstudierten Jugenderlebnisse, verlieren die Reporter schnell das Interesse an ihm. Die Besuche werden immer weniger. So verwendet er noch mehr Zeit damit, sich auf den Fortgang des Prozesses vorzubereiten. Die Beamten, die sein eifriges Treiben bemerken, lachen über ihn, denn Leszek Pekalski, er, der nicht einmal einen richtigen Schulabschluß hat, will sich vorbereiten auf komplizierte juristische Dinge. Dabei haben alle Prozeßbeteiligten erlebt, wie die von der Staatsanwaltschaft zitierten Zeugen immer häufiger ihre eigenen Aussagen wieder abschwächten. »Vielleicht«, »weiß ich nicht mehr genau«, »da war es zu dunkel« und »es ist alles schon zu lange her«. Mit diesen Zeugen wird der Staatsanwalt nicht unbedingt erreichen, daß Leszek Pekalski überführt werden kann.
    Die Wochen und Monate vergehen, und Leszek freut sich auf die Fortsetzung des Prozesses. Seine Hoffnung, noch einmal psychiatrisch untersucht zu werden, hat sich allerdings nicht erfüllt.
    Kurz vor den Gerichtsferien gibt er ein letztes Interview; außer Schokolade will er diesmal zusätzlich Briefmarken und Erotikhefte.
    Frage: »Leszek, wozu brauchen Sie die Briefmarken?«
    Leszek: »Ich werde Briefe schreiben.«
    Frage: »Schon wieder Beschwerden über die Beamten der Polizei und die Wärter?«
    Leszek: »Vielleicht schreibe ich meiner Schwester Joanna, oder meinem Onkel Bogdan.«
    Frage: »Ihr Onkel Bogdan will ja nichts mehr

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