Nur Fuer Schokolade
mit Ihnen zu tun haben, wie er in der Verhandlung sagte?«
Leszek: »Ich weiß, aber ich verstehe nicht warum. Auch weiß ich nicht, warum meine Schwester nichts mehr von mir wissen will.«
Frage: »War Ihre Schwester bei Ihnen im Gefängnis, hat sie Sie einmal besucht in der langen Zeit?«
Leszek: »Nein, nicht ein einziges Mal.«
Frage: »Sie haben Ihre Schwester im Gerichtssaal gesehen?«
Leszek: »Ja, aber sie sagte nicht viel und ging wieder. Ich wollte sie sprechen, aber sie sah mich nicht einmal an.«
Frage: »Was meinen Sie: warum?«
Leszek: »Ich weiß es nicht, vielleicht weil ich so vieler Morde angeklagt bin.«
Frage: »Kann man daraus schließen, daß sie der Anklageschrift glaubt?«
Leszek: »Wahrscheinlich.«
Frage: »Die Ihnen am nächsten stehende Frau, Ihre Zwillingsschwester glaubt, obwohl sie Sie am besten kennt, daß Sie ein Mörder sind. Was sagen Sie dazu?«
Leszek: »Vielleicht glaubt sie das, aber ich habe niemanden getötet. Wenn ich wieder frei bin, werde ich zu ihr gehen, vielleicht wird sie ja dann mit mir sprechen wollen.«
Frage: »Und zu der Frau, bei der Sie in Untermiete gewohnt haben?«
Leszek: »Zur Oma werde ich auch hingehen und sie besuchen. Sie sagte in meiner Sache aus und was sie sagte, da war ich sehr zufrieden darüber. Oma hat wirklich die Wahrheit gesagt, daß meine Kleidung niemals mit Blut verschmiert war.
Aber gelogen hat sie, als sie sagte, daß ich stinkfaul sei.«
Frage: »Sind Sie nicht faul?«
Leszek: »Nein, denn ich habe in der Grube gearbeitet.«
Frage: »Sie haben aber der Oma niemals geholfen, wie sie sagt?«
Leszek: »Doch, einmal habe ich ihr geholfen, die Kohlen in den Keller zu tragen. Und im Garten habe ich auch mitgeholfen.«
Frage: »Sie sagt aber, daß Sie ihr nie geholfen haben.«
Leszek: »Deswegen lügt sie ja auch.«
Frage: »Hat Sie die Oma je im Gefängnis besucht?«
Leszek: »Nein.«
Frage: »Und der Onkel?«
Leszek: »Nicht ein einziges Mal.«
Frage: »Wissen Sie nicht, warum?«
Leszek: »Nein. Genauso wenig weiß ich über meinen Stiefbruder.«
Man erzählt ihm, daß sein Stiefbruder selbst Probleme mit der Justiz habe. Dieser Stiefbruder, ein Sohn des leiblichen Vaters von Leszek, sei einer gemeinschaftlich begangenen Vergewaltigung beschuldigt und befinde sich ebenfalls im Gefängnis.
Am Ende des Gespräches wird Pekalski immer unruhiger. Er schaut aus dem Fenster und fragt ständig, wie spät es sei. Von einer Minute zur anderen will er zurück in seine Zelle, weil es bald Mittagessen gebe und er schon sehr hungrig sei. Als er geht, drückt er die Einkaufstüte mit den mitgebrachten Geschenken an sich, lächelt die Wächter an und zeigt ihnen die mitgebrachten Sexhefte. Am Ende des Gespräches sagt der Wärter der Anstalt: »Jetzt wird er ständig onanieren. Da werden ihn auch seine Pillen nicht mehr bremsen können.«
Der Prozeß geht weiter
Nach den Gerichtsferien bleiben der Staatsanwaltschaft noch zwei Monate, in denen sie die Schuld des Angeklagten nachzuweisen hat – sollte ihr dies bis zum 16. Dezember 1996
nicht gelingen, kommt Leszek Pekalski frei. Denn er hat dann vier Jahre Untersuchungshaft verbüßt und das Gesetz in Polen schreibt vor, daß ein Häftling ohne Verurteilung nicht länger in Haft genommen werden kann. Nun gilt es vor allem für den Staatsanwalt, dem Gericht definitive Beweise und glaubhafte Zeugen zu präsentieren – denn was bisher vor Gericht vorgebracht werden konnte, würde nicht unbedingt zu einer Verurteilung Leszeks ausreichen.
Viel zu vage waren die Aussagen, was dadurch erklärbar ist, daß die fraglichen Daten für viele Zeugen schon zu lange Zeit zurückliegen. Auch hat sich der Angeklagte seit Haftbeginn enorm verändert. Er ist nicht mehr der hagere junge Mann, der er einmal war, als er durch das Land zog: er wirkt aufgedunsen und behäbig, aber gepflegt, da er im Gefängnis viel Zeit für sein Äußerliches verwendet.
Immer wieder muß der Richter die Zeugen während der Befragungen auf die Tragweite eventueller Falschaussagen hinweisen. Er betont immer wieder, daß es unter Umständen um das Leben eines Menschen ginge. Wer von den Zeugen hat ihn aus der Nähe gesehen? Die einzigen Menschen, die Leszek als Täter identifizieren könnten, sind vielleicht die Toten.
Die Staatsanwaltschaft stützt seine Hoffnungen deshalb auf die Aussagen der Zeugin Janina C., die Freundin des Opfers Sylwia R. Diese Zeugin ging mit Sylwia einen Tag vor ihrem Tod mit Leszek an den
Weitere Kostenlose Bücher