Nur mit dir sind wir eine Familie
überhaupt eine Rolle für ihn? Und die letztlich entscheidende Frage: Könnte Sean sie und Katie wirklich so einfach verlassen?
Nur, wenn ich das zulasse, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Sie konnte hinnehmen, dass Sean sie und Katie in dem Haus in Mayfair zurückließ, genauso wie sie seinen Auszug im Juni scheinbar ungerührt akzeptiert hatte. Sie konnte sogar ihr Gesicht wahren, indem sie so tat, als mache ihr das ebenso wenig aus wie damals.
Oder sie sagte ihm direkt, was sie und Katie von ihm brauchten. Was hatte sie schon zu verlieren? Das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass sie sich lächerlich machte. Warum also nicht den Mund aufmachen, ein paar Forderungen stellen und sehen, wie er reagierte?
Er schien ihren Blick zu spüren, denn er drehte sich zu ihr um. Über den Kopf ihres schlafenden Kindes hinweg sah er sie distanziert und zerstreut an. „Geht es dir gut?“, fragte er sachlich.
„Ja. Ich bin zwar ein wenig müde, freue mich aber schon auf zu Hause“, antwortete Charlotte lächelnd. „Und ich kann es kaum erwarten, mich an deiner Seite in unserem eigenen Bett zusammenzurollen“, fügte sie lasziv hinzu. „Ein Glück, dass unsere Tochter viel zu müde sein wird, um lange wach zu bleiben.“
Ihre Worte schienen Sean für einen Moment aus dem Konzept zu bringen. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir so viel Glück haben“, murmelte er, den Blick wieder zum Fenster gerichtet.
Die schlichte Tatsache, dass Sean „wir“ und nicht „du“ gesagt hatte, machte Charlotte Mut. Leise lachte sie vor sich hin und flüsterte: „Oh ihr, die ihr nur wenig Hoffnung habt …“
14. KAPITEL
Sean hatte eigentlich fest vorgehabt, Charlotte und Katie sicher nach Mayfair zu bringen und dann mit dem Taxi nach New Orleans zurückzukehren. Denn es wurde höchste Zeit, eine Entscheidung zu treffen, was die Zukunft anging. Und so wichtige Entscheidungen traf man seiner Erfahrung nach am besten allein.
Bevor er der kleinen Katie begegnet war, hatte er ernsthaft daran gezweifelt, ein guter Vater sein zu können. In den letzten vier Wochen hatte er jedoch nicht nur das kleine Mädchen kennengelernt, sondern auch sich selbst – und zwar auf eine ganz neue Weise. Seine Zweifel hatten sich inzwischen gelegt. Es hatte sich schließlich herausgestellt, dass er weder ein Drückeberger noch ein aufgeblasener Wichtigtuer war, wenn es um Kinder ging. Ihm war es weder schwergefallen, seine Kleine zu füttern und ihr die Windeln zu wechseln, noch sie zum Lachen zu bringen oder ihr die Tränen zu trocknen.
Er wollte den Kontakt zu ihr und Charlotte nicht abbrechen – nicht mehr. Aber der entscheidende Grund, der ihn noch vor sechs Wochen zu diesem Entschluss bewogen hatte, bestand noch immer: Nach wie vor war er sich nicht sicher, ob seine Frau sich nicht von ihm abwenden und ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit allein Katie widmen würde, sobald sie wieder zu Hause waren. Und wenn das passierte, würde die Trennung ihm noch viel schwerer fallen als jetzt. Warum sollte er die Sache also nicht gleich hinter sich bringen, anstatt in ständiger Ungewissheit zu leben?
Doch nun hat Charlotte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, dachte Sean, als er vorsichtig den Kopf drehte und seine Frau betrachtete, die zusammengerollt neben ihm im Bett lag. Den Po gegen seine Hüfte gepresst, schlief sie tief und fest.
Er richtete den Blick wieder auf die dunklen Schatten an der Schlafzimmerdecke und seufzte frustriert auf. Er wusste nicht, wie Charlotte es geschafft hatte, aber irgendwie war es ihr gelungen, das Taxi ohne ihn nach New Orleans zurückzuschicken. Wenn er an ihre hektischen Aktivitäten nach ihrer Ankunft zurückdachte, hätte er schwören können, dass sie das vorsätzlich geplant hatte.
Er war nämlich kaum dazu gekommen, die Haustür aufzuschließen, als Charlotte ihm schon Katie überreichte und den Fahrer bat, die Koffer ins Haus zu bringen. Sean war so damit beschäftigt gewesen, seine weinende Tochter zu beruhigen, dass er kaum gemerkt hatte, wie Charlotte dem Fahrer Trinkgeld gab und ihn wegschickte.
Sie strotzte plötzlich vor Energie. Sie nahm ihm Katie ab und scheuchte ihn mit der Aufforderung nach oben, zu duschen und sich direkt ins Bett zu legen. Zu müde, um zu protestieren, folgte Sean ihrem Vorschlag, während Charlotte mit Katie in die Küche ging, um sie zu füttern.
Nach der heißen Dusche spürte er die Erschöpfung noch mehr. Okay, er würde wohl oder übel im Ehebett schlafen
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