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Nur Mut, liebe Ruth

Nur Mut, liebe Ruth

Titel: Nur Mut, liebe Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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ablösen. Sie waren entschlossen, sich der Verbrecherin so
lange an die Fersen zu heften, bis sie zumindest herausbekamen, wo sie wohnte.
    „Aber ich muß um spätestens
sieben Uhr zu Hause sein“, gab Ruth zu bedenken.
    „Ich auch!“ rief Leonore.
    „Und ich um acht“, sagte Olga.
    „Das darf uns nicht an der
Ausübung unserer Pflicht hindern“, erklärte Silvy wichtigtuerisch, „wir müssen
eben unsere Eltern dahin kriegen, daß sie uns heute ausnahmsweise länger
draußen bleiben lassen.“
    „Und wenn uns das nicht
gelingt?“ fragte Ruth mit einem Anflug ihrer alten Zaghaftigkeit.
    „Müssen wir eben auskneifen!“
    Bei dieser Vorstellung war es
Olga, Ruth und Leonore durchaus nicht wohl zumute, aber sie widersprachen
nicht, denn sie wollten sich von Silvy nicht auslachen lassen, und außerdem war
ja auch noch gar nicht heraus, ob es jemals so weit kommen würde.
    Silvy ging zur Kinokasse und
erfuhr, daß der Film kurz vor sechs Uhr aus war. Wenn sie Glück hatten, ging
die Perückendame von hier aus ja direkt nach Hause, und wenn nicht, konnte man
immer noch weitersehen.
    Schon trafen mehr und mehr
Leute ein, die in die Spätnachmittagsvorstellung wollten. Sie standen vor der
Kasse an und drängten sich in der Eingangshalle, um Schutz vor dem Regen zu
finden.
    „Wir müssen gut aufpassen, daß
sie uns nicht durch die Lappen geht“, flüsterte Silvy den anderen zu.
    „Schade, daß Katrin nicht
dabeisein kann“, meinte Ruth.
    „Pah“, sagte Silvy, „das
schaffen wir auch ohne die!“
    „Daran zweifle ich gar nicht“,
sagte Ruth, „ich find’s bloß schade!“
    Aber dann traf Katrin doch noch
ein. Gerade im letzten Augenblick, als die Türen zum Vorstellungsraum schon
geöffnet worden waren und das Publikum begann, auf die Straße hinauszuströmen.
Es blieb keine Zeit, ihr irgend etwas zu erklären.
    „Paß auf, ob du sie siehst!“
flüsterte Ruth ihr zu. „Alles andere später!“
    Alle waren atemlos gespannt.
    „Da ist sie!“ zischte Silvy.
„Wo?“ fragte Ruth.
    „Na, da vorne! Hast du denn
keine Augen im Kopf? Ja, die, die jetzt gerade ihren knallgelben Schirm
aufspannt!“
    Ruth starrte in die Richtung,
die Silvy ihr wies.
    „Oh, heiliger Bimbam!“ rief sie
dann. „Meinst du im Ernst, das wäre die Perückendame?“
    „Ist sie es etwa nicht?“ fragte
Silvy, plötzlich sehr kleinlaut.
    „Sie ist es nicht nur nicht,
sie hat auch keine Perücke auf!“
    „Aber... das sieht doch gerade
so aus!“
    „Überhaupt nicht! Sie hat rot
gefärbtes, hochtoupiertes Haar. Das ist alles. Ich begreife nicht, wie du das
mit einer dunkelhaarigen Perücke verwechseln konntest.“
    „So was Dummes!“ Olga tat, als
müsse sie sich schieflachen.
    „Es gibt überhaupt keinen Grund
zu lachen“, wies Leonore siezurecht.
    „O doch!“ rief Katrin. „Wir
müßten uns alle selber auslachen! Wir haben nämlich in unserem fabelhaften Plan
etwas sehr Wesentliches vergessen. Es gibt nur eine einzige unter uns, die die
Perückendame schon mal gesehen hat und die sie erkennen könnte: Ruth. Wir
anderen könnten ihr wahrscheinlich in der Straßenbahn gegenübersitzen, ohne es
zu merken.“
    „Aber immerhin“, sagte Olga
sehr viel bescheidener, „haben wir doch eine Beschreibung von ihr und wissen,
wie sie angezogen war.“
    „Na und? Bildest du dir etwa
ein, sie wird immer in grauem Kostüm, weißer Bluse, schwarzer Handtasche und
schwarzen Schuhen herumlaufen?“
    Alle schwiegen betroffen.
    „Nun zieht mal nicht so saure
Gesichter“, sagte Leonore, „unser Plan hatte ein Leck, so was kann passieren,
und wir sind zum Glück ja sehr schnell darauf gekommen. Ich schlage vor, wir
schieben jetzt erst mal Richtung Heimat und überschlafen die Sache. Entweder
eine von uns hat bis morgen eine bessere Idee, oder wir lassen die ganze Sache
fallen. Es gibt ja noch andere Möglichkeiten, die Ferien auszunutzen, als
ausgerechnet durch eine Verbrecherjagd.“
    „Aber es wäre doch zu schön,
wenn wir dieses Biest stellen könnten“, sagte Katrin.
    „Das finde ich auch“, stimmte
Ruth ihr zu, „ich habe was gegen Diebinnen, die alte Leute ausplündern.“
    Ja, darin waren sie sich alle
einig, sie hätten die Perückendame nur zu gerne gefangen. Es fragte sich bloß,
wie sie es anfangen sollten.
     
     
     

Die doppelte
Perückendame
     
    Am nächsten Morgen schien die
Sonne, und Leonore hatte kaum ihr Frühstück beendet, als schon Silvy vor der
Türe stand. Sie wurde gleich angestellt, beim Aufräumen

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