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Nur Mut, liebe Ruth

Nur Mut, liebe Ruth

Titel: Nur Mut, liebe Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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bestimmt nichts.“
    „Dann begreife ich nicht, warum
wir überhaupt erst losgejagt sind!“ rief Olga ganz empört.
    Leonore mußte lachen. „Du
scheinst zu vergessen, daß der Vorschlag von dir kam!“
    „Was?!“
    „Hundertprozentig, Olga, ich
erinnere mich ganz genau. Aber jetzt kränk dich nicht, es ist ja alles halb so
schlimm. Fahr nach Hause und nimm ein heißes Bad. Morgen treffen wir uns wieder
bei mir.“
    Langsam bekam Leonore ein
schlechtes Gewissen. Es kam ihr nicht ganz anständig vor, daß sie gemütlich und
trocken zu Hause saß, während die anderen im strömenden Regen umherliefen und
sich die Augen nach einer Verbrecherin aussahen, die vielleicht schon längst
nicht mehr in der Stadt war. Außerdem beunruhigte sie es, daß Silvy nicht
anrief. Aber vielleicht hatte sie es vorhin versucht, während sie mit einer von
anderen gesprochen hatte, und die Leitung besetzt gefunden.
    Leonore kauerte sich wieder in
den Sessel ihres Vaters, mit angezogenen Knien, und versuchte sich in ihr Buch
zu vertiefen. Aber dann merkte sie, daß sie eine ganze Seite gelesen hatte,
ohne auch nur ein einziges Wort begriffen zu haben.
    Immer wieder sah Leonore auf
die Uhr. Unheimlich langsam verstrichen die Minuten. Es sah Silvy so gar nicht
ähnlich, nichts von sich hören zu lassen. Sie war doch sonst so ausgesprochen
zuverlässig!
    Als endlich dann doch das
Telefon klingelte, war Leonore mit einem Satz auf den Beinen; das dicke Buch
fiel zu Boden. Aber sie kümmerte sich nicht darum, riß den Hörer an ihr Ohr und
meldete sich atemlos.
    „Na endlich!“ rief sie, als sie
Silvys Stimme hörte. „Ich dachte schon...“
    „Ich hab sie gefunden!“ schrie
Silvy.
    „Was?“
    „Ich habe die Perückendame
gefunden! Ich habe sie quer durch die Stadt verfolgt, deshalb konnte ich nicht
eher anrufen!“
    „Und wo ist sie jetzt?“
    „Im Kino.“
    „Na, großartig. Dann kommen wir
alle zu dir hin.“
    „Hoffentlich erreichst du die
anderen.“
    „Laß mich nur machen. Welches
Kino ist es denn?“
    „Das ,Odeon’!“
    „Gut. Behalte den Eingang im
Auge.“
    „Für wie blöd hältst du mich
eigentlich?“ Es knackte in der Leitung; Silvy hatte aufgehängt.
    Jetzt war Leonore ganz
aufgeregt. Nicht zu glauben, daß Olgas verrückter Plan doch zu einem Erfolg
geführt haben sollte, und noch dazu so schnell! Am liebsten wäre sie sofort
losgesaust. Aber das ging natürlich nicht.
    Zuerst rief sie bei Kleibers an
und bekam Ruth an den Apparat.
    „Ach, du bist es, Leonore? Ich
wollte gerade noch mal losziehen!“ sagte die Kleine voll schlechten Gewissens.
    „Gut, daß du es noch nicht
getan hast! Silvy hat die Perückendame gefunden. Wir treffen uns so rasch wie
möglich vor dem ,Odeon’, Ende.“
    Auch Olga war inzwischen nach
Hause gekommen. Sie war erst durchaus nicht erfreut über den Anruf; als sie
aber begriff, was Leonore ihr zu sagen hatte, war ihre schlechte Laune wie
fortgeblasen. Sie war sofort bereit, sich noch einmal in den Regen
hinauszustürzen.
    Jetzt fehlte nur noch Katrin.
    Aber Leonore hatte nicht die
Nerven, auf ihren Anruf zu warten. Sie brachte einen ihrer jüngeren Brüder
dahin, den Telefondienst zu übernehmen, und schärfte ihm ein, Katrin zum Odeon
zu schicken.
    Dann raste sie los. Sie erwischte
den nächsten Omnibus und erreichte eine Viertelstunde später den Platz vor dem
Odeon. Aber Ruth war schneller gewesen. Sie stand schon mit Silvy unter dem
weit überstehenden Dach des Portals.
    Silvy war gerne bereit, noch
mal zu erzählen, wie und wo sie die Perückendame entdeckt hatte, nämlich in
einem Café, wo sie sich für den weiteren Regenspaziergang stärken wollte, und
wie sie ihr dann kreuz und quer durch die Stadt gefolgt war. Sie wiederholte
diesen dramatischen Bericht noch einmal, als Olga antanzte, diesmal mit vielen
interessanten Ausschmückungen, die sie beim ersten- und zweitenmal vergessen
hatte oder die ihr erst nachträglich eingefallen waren. Sie sonnte sich — und
dem tat der strömende Regen durchaus keinen Abbruch — in der Bewunderung ihrer
Freundinnen.
    Erst nach einer ganzen Weile
waren die vier soweit, daß sie darüber nachdenken konnten, wie es nun
weitergehen sollte. Olga schlug vor, die Kriminalpolizei zu benachrichtigen.
Aber dagegen war Ruth ganz und gar. So einigte man sich denn darauf, daß zwei
von ihnen, nämlich Olga und Ruth, die Perückendame vom Kino aus weiter
beschatten sollten, die anderen beiden, Silvy und Leonore, sollten sie nach
etwa einer Stunde

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