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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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nach New York?“
    Bo nickte. „Mein erster Flug überhaupt irgendwohin.“ Außer den Fahrten zu Auswärtsspielen war er noch nicht weiter als bis New Orleans gelangt. Im Sommer davor waren er und Stoney die halbe Nacht durchgefahren, um zum Big Easy zu kommen, weil sie sich mal flachlegen lassen wollten. Das hatte jedoch nicht ganz so geklappt wie geplant, da Stoney – der nicht für besondere Klugheit bekannt war – niemanden davon überzeugen konnte, dass sie über einundzwanzig waren. Als sie schließlich einen Klub mit einem Türsteher fanden, der ein Auge zudrückte, stellte sich heraus, dass die umwerfenden, sexy Poledancer in den hautengen, paillettenbesetzten Kostümen Männer waren. Er bekam immer noch Anfälle, wenn er an die Nacht dachte. Sie hatten den Laden gar nicht schnell genug verlassen können.
    „Wo wirst du in New York wohnen?“, fragte der Geschäftsmann.
    Bo reichte ihm das Programmheft des All-Star-Teams, eine bunte Hochglanzbroschüre mit Bildern von Seen und Wäldern, an denen es selbst in der größten Sommerhitze immer schön kühl blieb. „An dem Programm kann man nur auf Einladung teilnehmen“, erklärte er seinem Sitznachbarn. „Es wird von einem Mann geleitet, der Kontakte zu den Yankees hat.“
    „Was du nicht sagst.“ Sein Nachbar trank einen Schluck von seinem Kaffee. „Du musst ziemlich gut sein.“
    „Ich schätze, das werde ich diesen Sommer herausfinden.“ In diesem Moment hatte er sich für den glücklichsten Menschen der Welt gehalten. Er erinnerte sich noch an das schwindelige Gefühl, das ihn jedes Mal überkam, sobald er sich auf den Abschlagplatz stellte und seine Fingerspitzen die Nähte des Balles entlangglitten. Baseball war immer seine Leidenschaft und seine Erlösung gewesen, selbst wenn Verletzungen, schlechtes Timing und Pech ihm Jahr für Jahr die Chancen bei den Auswahlspielen vermasselt hatten. Er gab jedoch nie auf, hörte nie auf, es zu versuchen, sogar als er sich in der Liga den Namen Pech-Crutcher verdient hatte. Als ihn einmal ein gefühlloser Anfänger fragte, wieso er überhaupt weitermachte, hatte Bo ihn nur angegrinst und gesagt: „Ich muss doch da sein, wenn mein Glück endlich auftaucht.“
    Und tatsächlich, zehn Jahre später war genau das passiert. Im letzten Herbst kehrte das Glück in Form eines Anrufs von Gus Carlisle, einem Sportagenten, zu ihm zurück. Bei den Yankees war eine Stelle als Pitcher frei. Sie hatten Interesse, einen Vorvertrag mit ihm abzuschließen. Er war eingeladen worden, in diesem Winter am Nachwuchsförderprogramm teilzunehmen. Wenn alles gut lief, würde er auch das Frühjahrstraining und die Freundschaftsspiele mitmachen dürfen.
    Plötzlich fühlte er sich diesem Jungen von damals wieder sehr nahe. „Bist du Baseballfan?“, fragte er AJ. Vielleicht war sein Sohn jetzt bereit, sich mit ihm zu unterhalten.
    „Nicht wirklich.“
    Super . „Nicht einmal von den Astros?“
    „Ich guck die eigentlich nicht. Oder irgendwelche anderen Teams. Oder überhaupt irgendwelche Spiele.“
    „Tja, schade.“ Bo trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. „Was machst du denn gerne?“ Er spielte am Radio herum. „Wie wäre es mit Musik? Magst du Musik? Ich spiele in Avalon in einer Band. Wir sind nicht sonderlich gut, aber wir haben viel Spaß zusammen. Einer von uns hat’s allerdings drauf – er heißt Eddie Haven.“
    Er war kein Virtuose, hatte seit der Highschool jedoch in einer Reihe Garagenbands mitgespielt. In den Filmen war eine Band immer wie eine zweite Familie, doch im echten Leben waren sie genauso dysfunktional gewesen wie seine Familie, wenn nicht noch schlimmer. Außer in der Band, in der er jetzt war, in der es mehr darum ging, Bier zu trinken und Männerfreundschaften zu pflegen, als Musik zu machen. Die Gruppe bestand aus ihm am Bass und seinem besten Freund Noah am Schlagzeug, dazu ein örtlicher Polizist namens Rayburn Tolley am Keyboard. Das wahre Talent jedoch war Eddie, der Gitarre spielte und sang.
    Das Schweigen im Wagen dauerte an. Bo war immer wieder überrascht, wenn er jemanden traf, der kein Baseballfan war. Noch überraschender war nur, wenn einer keine Lieblingsband oder kein Lieblingslied hatte. Er schaute zu AJ hinüber und zuckte zurück. Das schwache, kalte Licht des Winters glitt über das Gesicht des Jungen. Er hatte sein Kinn auf eine zur Faust geballten Hand gestützt und schien tief und fest zu schlafen.
    „Oh Crutch, du bist wirklich brillant“, murmelte er vor sich hin.

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