Nur Wenn Du Mich Liebst
als würde sie von einer steilen Klippe springen. »Ich bin's, Supermom!«, verkündete sie – sie musste von Sinnen sein. Tony würde ihre spontane Showeinlage bestimmt nicht komisch finden. Sie flirtete mit der Katastrophe, besiegelte ihr Schicksal, unterschrieb ihr eigenes Todesurteil. Hatte sie das etwa mit Absicht getan?
Sie wappnete sich gegen Tonys Wut und seine Fäuste. Lass es uns einfach hinter uns bringen, dachte sie. Erledige mich. Du kannst es. Ein satter Tritt gegen den Kopf, und alles wäre gnädig vorüber. Die lavendelfarbene Lady beißt ins Gras!
Doch er holte weder mit Armen noch Beinen aus, sondern starrte sie ganz ruhig mit zusammengepressten Lippen aus hohlen schwarzen Augen an. Chris blickte ihn an und begriff, dass sie sich ihrem schlimmsten Albtraum gegenübersah, dass alles, was vor diesem Augenblick geschehen war, nichts gewesen war verglichen mit dem, was nun folgen würde. »Du hältst das Ganze also für einen Witz?«, fragte er leise, gefasst und beherrscht.
»Ich wollte bloß...«
»Ich bin für dich bloß ein großer Witz. Ist es das?«
»Nein. Natürlich bist du das nicht.«
»Ruf die Barbie-Puppe an.«
»Was?«
»Beweise mir, dass ich nicht nur ein großer Witz für dich bin.« Tony griff nach dem Telefon. »Schluss mit den blöden Spielchen. Ruf jetzt sofort die Barbie-Puppe an und lade sie ein. Auf der Stelle.«
»Ich kann nicht«, hörte Chris sich murmeln, bevor sie kräftiger wiederholte. »Ich will nicht.«
»Du kannst nicht?«, wiederholte Tony verwundert, als ob er diese Worte zum ersten Mal hören würde. »Du willst nicht?«
Chris schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall würde sie Barbara anrufen. Egal, womit Tony ihr drohte, egal, wie verzweifelt sie sich wünschte, sie zu sehen und ihre Stimme zu hören. »Ich gehe«, murmelte sie, und ihr Flüstern hallte mit der ungedämpften Wucht eines Schreis in ihrem Schädel wider. Sofort versuchte sie, die unerwarteten Worte wieder zu verschlucken, sie in ihren Hals zurückzudrängen und ungesagt zu machen, doch es war zu spät. Tony kam bereits mit wütend rudernden Armen auf sie zu und bombardierte sie mit einem Schwall abgehackter Wortfetzen, die aus seinem Mund prasselten wie Maschinengewehrfeuer.
»Was hast du gesagt? Du willst gehen? Hast du das gesagt?«
»Tony, bitte.«
»Du möchtest gehen? Gleich jetzt? In diesem Aufzug? Aber klar doch.« Er packte Chris' Ellenbogen und schob sie in den Flur.
»Was machst du? Tony, hör auf! Lass mich los.«
»Hör auf, hier rumzuschreien, Chris. Willst du etwa die Kinder aufwecken?« Er stieß sie in Richtung Treppe. »Möchtest du, dass sie dich so sehen? Möchtest du, dass das das letzte Bild ist, das sie von ihrer Mutter haben?« Er warf das Chiffoncape über ihren Kopf, und es fiel vor ihre Augen wie ein Schleier.
Chris klammerte sich an das Geländer, doch Tony zerrte ihre Finger von dem Holz, trat ihr die Füße weg und stieß sie die Treppe hinunter. »Das letzte Bild? Wovon redest du?«
»Glaubst du, du würdest deine Kinder je wieder sehen?« Tony packte das wallende Cape und zog Chris auf die Füße. »Steh auf! Du willst gehen? Dann geh! Verschwinde aus meinem Haus, verdammt noch mal!«
»Was machst du? Du kannst mich doch nicht so auf die Straße schicken?«
Tony sagte gar nichts, sondern drängte Chris weiter die Treppe hinunter. Sie verlor den Halt, rutschte die letzten Stufen hinunter und landete am Fuß der Treppe auf ihren Knien.
»Bitte, Tony. Lass mich etwas überziehen.«
Doch er stand schon hinter ihr, fasste sie unter den Armen und schleifte sie zur Haustür. Mein Gott, wollte er sie wirklich nur in Unterwäsche in die frostige Dezemberkälte hinausschicken? Mit nichts weiter als einem verdammten Chiffoncape auf dem Rücken?
»Das kannst du nicht machen!«
»Warte ab.« Tony öffnete mit einer Hand die Haustür und zerrte Chris mit der anderen über die Schwelle.
Der Wind blies ihr eiskalte Schneeflocken auf die nackte Haut. »Nein, Tony!«, schrie sie. »Tu das nicht! Lass mich wenigstens etwas überziehen!«
Er hielt inne. »Vielleicht hilft dir die frische Luft, wieder einen klaren Kopf zu bekommen«, erklärte er ruhig, fasste Chris unter den Achseln und schob sie über die Schwelle.
»Tony!«
Die Tür schlug vor ihrer Nase zu.
»Tony!« Chris hämmerte panisch dagegen. Ihre nackten Füße brannten bereits, als würde sie nicht über eisige Steinplatten, sondern über glühende Kohlen laufen. »Tony!«
Sie machte ein paar Schritte
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