Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
hätte.
»Was ist das?«
»Das ist die so genannte Würze. Durch das mehrmalige Durchmischen mit heißem Wasser wird der Zucker aus der Gerste gelöst, und es bleibt ein süßlich schmeckender Malzextrakt zurück. Als Kinder haben wir ihn als besondere Leckerei zu trinken bekommen. In diesem Stadium ist die Flüssigkeit noch nicht alkoholisch.«
»Und dort drüben?« Gemma deutete auf eine Reihe kleinerer Behälter, die sie am anderen Ende der Halle sehen konnte.
»Das sind die Gärkessel. Da wird die Würze mit Hefe versetzt und beginnt zu fermentieren. Zu Zeiten meines Großvaters haben die Brauer immer gesagt, es kommt kein rechter Whisky raus, wenn man nicht eine Ratte in den Gärkessel schmeißt, um die Brühe ein bisschen aufzumöbeln, aber heutzutage machen wir das nicht mehr.«
»Ratten?« Gemma schüttelte sich unwillkürlich, obwohl sie sicher war, dass er sie nur auf den Arm nahm.
»Ja, von den Viechern hat es hier gewimmelt; die haben sich von dem Malz ernährt. Auf den Lohnlisten der Brennerei standen immer auch ein paar Katzen.« Diesmal war das Augenzwinkern unübersehbar.
»Wohlgenährte Katzen, vermute ich«, meinte Gemma.
»Und eine wohlgetränkte Belegschaft. Den Brennereiarbeitern standen drei
drams
pro Tag zu, direkt aus dem Destillierapparat – das ist rund ein Deziliter. Müssen Mägen aus Gusseisen gehabt haben, die Burschen.«
Er führte sie die Treppe am anderen Ende des Stegs hinunter und weiter in einen großen, hohen Raum, der jedoch durch die vier riesigen kupfernen Brennblasen kleiner wirkte, als er war. »Wenn die Würze vergoren ist, wird sie in die so genanten
wash stills
geleitet – das sind die zwei vorderen Brennblasen – und anschließend in die
spirit stills
, das sind die zwei kleineren dort hinten. Der mittlere Teil dieses zweiten Destillats kommt ins Fass, der Rest wird noch einmal gebrannt.«
»Das ist alles blitzblank und ordentlich hier«, sagte Gemma und blickte zu den schlanken Schwanenhälsen der kupfernen Brennblasen auf.
»Ja, wenn Sie damit den effizienten Ablauf meinen. Die sirupartigen Rückstände aus den Maischbottichen werden mit der übrig gebliebenen Gerste gemischt und als Tierfutter verwendet – viele Brennereien hatten auch preisgekrönte Zuchtviehherden. Aber die Schotten waren ja schon immer sparsam. Und geduldig. Die Herstellung eines guten Malt Whiskys besteht zu einem großen Teil aus Warten.«
»Dann ist das ja nichts Neues für Sie«, meinte Gemma. Sie dachte an Hazel.
Donald sah sie einen Moment lang an, als dächte er über eine Antwort nach, doch dann sagte er lediglich: »Jetzt zeige ich Ihnen noch das Lagerhaus.«
Sie überquerten den Rasen und kamen zu einem Steinbau mit hohen Fenstern. Donald sperrte die Tür auf. »Hinter diesem Gebäude sind übrigens noch zwei weitere, aber das hier ist das ursprüngliche Lagerhaus.«
Gemma erblickte einen langen, mit Reihen von Fässern gesäumten Korridor. Der Boden war nur gestampfte Erde, und in der Luft hing ein berauschender Duft. »Oh, das riecht ja köstlich«, sagte sie und schloss die Augen, um noch einmal tief einzuatmen. Sie roch Eichenholz und Alkohol, dazu noch feinere Noten, die sie nicht identifizieren konnte.
»Im Lauf der Jahre, die ein Fass hier lagert, verdunsten bis zu dreißig Prozent des Inhalts. Das nennt man den ›Anteil der Engel‹. Hazel hat das immer geliebt – sie sagte, sie könne kein Lagerhaus betreten, ohne sich augenblicklich in ihre Kindheit zurückversetzt zu fühlen.«
Gemma ergriff sogleich die Chance, die er ihr eröffnet hatte. »Donald, ich weiß, dass Sie und Hazel früher einmal ein Paar waren; sie hat mir gestern Abend ein bisschen darüber erzählt. Aber ist Ihnen auch bewusst, was sie aufs Spiel setzt, wenn sie an ihre frühere Beziehung anknüpft? Ihre Ehe, ihr Kind, ein wunderbares Zuhause –«
»Ja, das weiß ich sehr wohl. Aber wenn sie dort glücklich wäre, dann wäre sie wohl kaum hergekommen.«
»Hazel ist verwirrt, und Sie nutzen das aus –«
»Gemma, Hazel gehört hierher«, unterbrach er sie und schüttelte den Kopf. »Das ist es, was sie hergebracht hat, nicht nur die Gefühle, die sie vielleicht für mich hegt.«
»Wenn das stimmt«, konterte Gemma unbeirrt, »wieso hat sie dann nie darüber gesprochen? In der ganzen Zeit, die ich sie jetzt schon kenne, hat sie so gut wie nie etwas von Schottland erzählt.«
»Weil sie damit nur die Büchse der Pandora geöffnet hätte! Die ganze Sehnsucht –«
»Und Sie haben jetzt
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