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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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weiß nie.« Löffel zog bedeutungsschwer die Brauen hoch.
    Ich seufzte. »Dann entscheide ich mich dafür, gefährlich zu leben.«
    Ich schrieb schnell die Adresse und die Telefonnummer vom Bildschirm ab. Ansonsten stand da nur: KOPIEN ausstehend . Damit war vermutlich gemeint, dass die Zeugnisse und Unterlagen von ihrer alten Schule noch nicht eingereicht worden waren. Es folgte eine Liste mit den Kursen, die sie belegt hatte, doch die kannte ich bereits. Ansonsten war die Seite leer. Ich spielte einen Moment mit dem Gedanken, mir – aus purer Neugier – meine eigene Akte anzusehen, aber Löffel signalisierte mir, ich solle mich beeilen. Ich steckte den Füller in den Stifthalter zurück, wischte halbherzig meine Fingerabdrücke ab und folgte Löffel nach draußen.
    Als wir wieder auf dem Parkplatz standen, warf ich einen Blick auf mein Handy. Auf der Mailbox war eine weitere Nachricht von Onkel Myron eingegangen, die ich diesmal ignorierte. Mittlerweile war es dunkel geworden. Ich blickte zum tintenschwarzen Himmel auf. Es war eine sternenklare Nacht.
    »Weißt du, wo Carmenta Terrace ist?«, fragte ich Löffel.
    »Klar. Liegt auf meinem Nachhauseweg. Willst du, dass ich dich hinbringe?«
    Und wie ich das wollte.
    Löffel lief mit gesenktem Kopf neben mir her. Er war gut dreißig Zentimeter kleiner als ich.
    »Und morgen früh«, sagte er, »mach ich uns Waffeln.«
    Ich lächelte. »Den kenn ich.«
    »Echt?«
    »Das sagt Esel zu Shrek.«
    »Du spielst Basketball«, sagte Löffel.
    Es war nicht herauszuhören, ob das eine Frage oder eine Feststellung war. Ich nickte. Wenn man einsfünfundneunzig ist, hat man sich an diese Frage gewöhnt.
    »Du heißt Mickey Bolitar«, sagte er.
    »Jep.«
    »Der Name Myron Bolitar hallt heute noch ehrfürchtig von den Wänden der Sporthalle wider. Er hält fast jeden Basketballrekord an der Schule. Die meisten Punkte, die meisten Rebounds, die meisten Siege.«
    Wie ich nur allzu gut wusste.
    »Ist er dein Vater?«, fragte Löffel.
    »Mein Onkel.«
    »Oh.« Es entstand eine kurze Pause. »Das Basketballteam hatte letztes Jahr eine super Spielbilanz – achtzehn Siege und nur fünf Niederlagen«, sagte er. »Aber bei den State Finals haben sie leider verloren. Zum Glück bleiben der Schule die sechs besten Spieler erhalten, weil sie erst nächstes Jahr ihren Abschluss machen.«
    Das alles war mir bekannt und einer der Gründe, warum ich – ein bescheidener Zehntklässler – mein eigenes Spiel zurzeit noch unter Verschluss hielt. Ich hatte es erst einmal vorgezogen, mir einen guten Streetball-Platz in Newark zu suchen, um im Training zu bleiben.
    Wir kamen an einem Footballfeld vorbei, wo gerade eine Horde von unter Zehnjährigen trainiert wurde. Die Trainer brüllten, als hätten sie die Elite des College-Footballs vor sich. In dieser Stadt wurde Sport ganz großgeschrieben. In meiner ersten Schulwoche hatte ich jemanden gefragt, wie viele Profisportler die Highschool schon hervorgebracht hatte. Einen, hatte ich zur Antwort bekommen – meinen Onkel. Dabei hat er in Wirklichkeit nie Profi-Basketball gespielt. Er war zwar schon in der ersten Runde in die Auswahl gekommen, hatte sich dann aber in der Vorsaison eine Knieverletzung zugezogen, und damit war seine Karriere jäh zu Ende gewesen, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Onkel Myron hatte das Trikot der Celtics nur einmal getragen. Manchmal fragte ich mich, wie das für ihn gewesen war und ob das nicht auch eine mögliche Erklärung für die Spannungen zwischen ihm und meinem Dad war.
    Aber es blieb trotzdem letztendlich Myrons Schuld, was zwischen ihm und Dad passiert war, weshalb ich keinen Grund sah, ihm zu verzeihen.
    »Da oben ist es«, sagte Löffel.
    Auf der steinernen Tafel an der Einfahrt zu einer noblen Neubausiedlung, die aussah, als wäre sie erst kürzlich fertiggestellt worden, stand PREMA ESTATES . Die Gegend stank förmlich nach neuem Geld. Die Straßen waren bestens beleuchtet, und die Rasenflächen waren derartig grün, als wären sie mit Sprühlack behandelt worden. Die ganze Szenerie wirkte so übertrieben perfekt wie ein zu oft aufgeführtes Broadwaymusical. Die herrschaftlichen Villen waren aus Ziegel und Sandstein erbaut und versuchten vergeblich, alt und würdig auszusehen.
    Mittlerweile hatten wir das obere Ende der Carmenta Terrace erreicht. Ich hielt gerade nach dem Haus der Kents Ausschau, als mir fast das Herz stehen blieb.
    Vor dem Gebäude parkten vier Streifenwagen mit Blaulicht. Noch

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