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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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allergisch.«
    Er wartete gespannt auf meine Reaktion.
    »Äh, ja, interessant«, sagte ich.
    »Ich kenne mich echt gut aus, was?«
    Vielleicht hätte ich ihn lieber Konfus-ius nennen sollen statt Löffel.
    Löffel führte mich zu einem Seiteneingang der Schule und zog dort eine Karte durch einen Magnetleser. Ein Klicken ertönte und die Tür öffnete sich. Wir traten ein.
    Es gibt keinen verlasseneren, seelenloseren Ort als eine leere Schule. Diese Gebäude sind dazu errichtet worden, mit Leben und der konstanten Bewegung von Schülern erfüllt zu sein, die durch die Gänge eilen – manche voller Zuversicht, die meisten eingeschüchtert und verzagt –, aber alle auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt. Ohne sie blieb nichts als eine blutleere Hülle.
    Unsere Schritte hallten so unnatürlich laut in den Fluren wider, dass es mir vorkam, als wären Verstärker in unsere Schuhe eingebaut. Wir steuerten auf den Verwaltungstrakt zu, ohne ein Wort zu wechseln. Als wir vor der verglasten Tür angekommen waren, hatte Löffel den richtigen Schlüssel schon griffbereit.
    »Wenn mein Dad das herausfindet«, flüsterte er, »kann ich mir Guys and Dolls in die Haare schmieren.«
    Er steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte sich noch einmal mit fragend hochgezogenen Brauen zu mir um, als warte er auf eine Bestätigung, ob ich die Sache wirklich durchziehen wollte. Wahrscheinlich hätte ich die Aktion ihm zuliebe abblasen sollen. Aber ich tat es nicht. Ich wollte unbedingt herausfinden, was mit Ashley passiert war. Vielleicht lag es auch daran, dass ich das Musical Guys and Dolls dämlich fand. Löffel drehte den Schlüssel und wir traten ins Sekretariat. Der Empfangstresen war so hoch, dass man sich mit den Ellbogen darauf abstützen konnte. Normalerweise saßen dahinter drei Sekretärinnen. Natürlich war es streng verboten, hinter den Tresen zu treten, und ich muss zugeben, dass es mir einen gewissen Kick verschaffte, als wir genau das jetzt taten.
    Löffel zog eine Stablampe aus seinem Rucksack. »Damit wir das Licht nicht anmachen müssen.«
    Ich nickte.
    Wir blieben vor einer Tür stehen, auf der BERATUNG stand. Wenn man im Wörterbuch nachschlug, fand man dazu folgende Erklärung: »Beraten ist als ein Handeln definiert, das auf die Bewältigung einer – wie auch immer verursachten – Krise gerichtet ist.« Kurz: Eigentlich ist es der Versuch zu helfen. Aber uns Schülern macht dieses Wort – dieses Zimmer, in dem wir beraten werden – Angst. Es beschwört bange Visionen einer Zukunft herauf, der wir nicht entrinnen können: Studium, älter werden, einen richtigen Beruf ausüben.
    Mir kam es eher so vor, als würde hinter dem Wort »Beratung« der Plan stecken, uns Schüler möglichst schnell loszuwerden und mit einem Tritt ins Leben zu befördern.
    Löffel fischte einen weiteren Schlüssel heraus und machte die Tür auf. Ich wusste, dass an der Schule zwölf Beratungslehrer tätig waren, von denen jeder hier ein eigenes Büro hatte. Die meisten Türen waren unverschlossen. Wir traten in den ersten Raum, der einer jungen Beratungslehrerin namens Ms Korty gehörte. Wie die meisten Leute hatte sie ihren Computer über Nacht im Standby-Modus gelassen.
    Löffel reichte mir die Taschenlampe und bedeutete mir mit einem Nicken, loszulegen. Ich setzte mich an den Schreibtisch und drückte die Leertaste. Sofort ging auf dem Monitor ein Dialogfeld auf:
    BENUTZERNAME:
    PASSWORT:
    Verdammt! Ich drückte ein paarmal auf die Returntaste. Nichts. Ich seufzte und warf Löffel über die Schulter einen Blick zu. »Und jetzt?«
    »Der Benutzername ist einfach«, sagte Löffel. »Das ist hier immer die E-Mail-Adresse – Janice Korty, also JKorty , @ , der Name unserer Schule, dot , edu .«
    »Und das Passwort?«
    Löffel schob sich die Brille auf der Nase hoch. »Tja, das ist eine härtere Nuss.«
    Ich versuchte nachzudenken. »Aber es gibt die Schülerakten doch bestimmt auch in Papierform, oder?«
    »Die werden aber nicht hier, sondern bei der Schulbehörde aufbewahrt. Und wenn diese Ashley neu bei uns war, hatte sie wahrscheinlich noch gar keine.«
    Ich lehnte mich frustriert in Ms Kortys Bürostuhl zurück, schloss einen Moment lang die Augen und dachte an Ashley. Wie süß sie ausgesehen hatte, als sie bei unserer ersten Begegnung nervös an einem losen Faden ihres Pullis herumgezupft hatte. Ich dachte daran, dass sie nach Wildblumen geduftet und immer ein bisschen nach Beeren geschmeckt hatte, wenn ich sie geküsst hatte.

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