Nur zu deinem Schutz (German Edition)
nicht gewesen. Das ist etwas, das einem niemand sagt. Die Drogen hatten sie nicht nur verändert. Sie hatten sie mir weggenommen und sie zu etwas gemacht, das nicht sie war.
Als wir vor der Schule hielten, wäre ich am liebsten sitzen geblieben, um den Tag mit ihr zu verbringen. Aber sie sagte mir noch einmal, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauchte.
»Ich fahre jetzt als Erstes zum Supermarkt«, verkündete sie. »Und dann koche ich uns das absolut großartigste Abendessen aller Zeiten.«
Mom war eine fantastische Köchin. Auf unseren Reisen hatte sie alle möglichen exotischen Rezepte gesammelt. »Weißt du schon, was du kochen willst?«
Sie beugte sich verschwörerisch zu mir vor. »Spaghetti mit Fleischklößchen.«
Oh Mann. Das war perfekt. Mom wusste, wie sehr ich ihre Spaghetti mit Fleischklößchen liebte. Das beste Trostessen, das es überhaupt nur gibt. Sie nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände, wie sie es immer macht, und sagte: »Ich liebe dich, Mickey.«
Ich hätte fast auf der Stelle losgeheult. »Ich liebe dich auch, Mom.«
Ich wollte die Autotür öffnen, als sie eine Hand auf meinen Arm legte.
»Warte.« Sie kramte in ihrer Tasche. »Du brauchst doch eine Entschuldigung fürs Zuspätkommen, oder?« Sie zog einen Block und einen Stift heraus und schrieb ein paar Zeilen. Als ich ausstieg, fuhr sie lächelnd weiter und winkte. Genau wie alle anderen Mütter, die ihre Kinder zur Schule brachten.
7
ICH TRAF LÖFFEL kurz vor der Mittagspause.
»Schau dir das an«, sagte er.
Er reichte mir einen Artikel, den er ausgedruckt hatte. Eigentlich rechnete ich damit, dass es irgendetwas über das Balzverhalten von Truthähnen oder eine Auflistung von Beyoncés Allergien war, doch ich irrte mich – es war ein kurzer Artikel aus der Lokalzeitung über den gestrigen »versuchten Raubüberfall« im Haus der Kents. Der Polizei zufolge hatte sich ein Mann gewaltsam Zutritt zum Haus verschafft und war gerade dabei gewesen herumzustöbern, als er Mr Kent bemerkte. Der Eindringling griff ihn an, flüchtete aber, als Mrs Kent nach Hause kam. Mr Kent wurde nur leicht verletzt und war mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Die Untersuchungen in dem Fall dauerten noch an.
Ich verstand es immer noch nicht. Hatten die Kents nun eine Tochter oder nicht? Vielleicht würde es nichts schaden, ihrem Haus noch einmal einen Besuch abzustatten.
»Wo geht es zu ihrem Schließfach?«, fragte Löffel.
Ich bedeutete ihm, mir zu folgen. Unterwegs zog Löffel seinen Schlüsselbund aus der Tasche.
»Die Sache muss schnell über die Bühne gehen«, sagte er. »Und du musst mir Deckung geben. Ich möchte nämlich nicht, dass irgendjemand mitbekommt, dass ich Schlüssel für die Fächer habe.«
Ich nickte. Als wir um die Ecke bogen und auf Ashleys Schließfach zugingen, sah ich sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Löffel sah mich an.
Ashleys Schließfach war aufgebrochen worden.
Verdammt. Schüler kamen an uns vorbei, eilten in die Cafeteria oder in den nächsten Kurs. Niemand achtete auf uns. Ich wollte gerade die Tür des Schließfachs aufmachen und hineinschauen, als ich einen Blick auf mir spürte und mich umdrehte. Ein sanftes Funkeln aus blauen Augen traf mich.
Vor mir stand Rachel Caldwell.
Das wird jetzt wahrscheinlich keine weltbewegende Neuigkeit sein, aber Jungs verhalten sich in der Gegenwart eines megaheißen Mädchens meistens ziemlich komisch. Rachel konnte die lahmsten Witze erzählen und die Typen lachten sich trotzdem kaputt. Schon die Andeutung eines Lächelns von ihr reichte aus, um den Kopf eines Jungen mit Träumen zu füllen, die ihn die ganze Nacht nicht schlafen ließen. Ich hätte gern behauptet, dass ich über solche primitiven Reaktionen erhaben war. Soweit ich wusste, war Rachel dumm wie Brot. Aber als ich ihrem Blick begegnete, spürte ich, wie meine Kehle trocken wurde.
»Hi«, sagte Rachel.
Löffel schleckte seine Handfläche ab, strich sich den Scheitel glatt und sah Rachel schmachtend an. »Wusstest du«, sagte er, »dass man keine Tollwut bekommen kann, wenn man von einem Kraken gebissen wird?«
Rachel lächelte. »Du bist süß.«
Löffel wurde vor Verzückung beinahe ohnmächtig.
Ihr Blick wanderte zu mir zurück. »Was macht ihr hier?«
Ich zuckte mit den Achseln, und die allerersten Worte, die ich an Rachel Das-schönste-Mädchen-der-Schule Caldwell richtete, lauteten: »Ähm, nichts.«
Ah, da war er wieder, der Großmeister der Rhetorik!
Rachel
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