Nur zu deinem Schutz (German Edition)
»Er blendet.«
Sie taten mir den Gefallen nicht. Ich schloss die Augen und spielte mit dem Gedanken, einfach abzuhauen. Ich hatte keine Ahnung, wer die Typen waren, und war ein guter Läufer. Aber dann dachte ich an Ema. Womöglich würde ich diese Kerle, wer immer sie waren, auf ihre Spur bringen, wenn sie mich verfolgten. Solange ich hier stehen blieb und sie sich nur auf mich konzentrierten, war Ema sicher.
»Nicht bewegen«, sagte der Mann noch einmal. Er war jetzt nur noch wenige Meter entfernt.
Ich hörte das typische statische Rauschen von Funksprechgeräten und dann die Stimmen zweier anderer Männer. Danach traf mich ein noch grellerer Lichtstrahl.
»Sieh an, sieh an«, sagte der Wortführer. »Wen haben wir denn da? Hast du etwa wieder versucht, in ein Haus einzubrechen, Mickey?«
Jetzt erkannte ich die Stimme. Sie gehörte Chief Taylor. Troys Vater.
»Ich habe nicht versucht, in das Haus einzubrechen, ich habe geklopft«, antwortete ich.
»Aber natürlich. Und was wolltest du mit der Kreditkarte, die du in der Hand hältst?«
Oh-oh.
Ein Officer trat neben ihn. »Brauchen Sie Hilfe, Chief?«
»Ich glaube, mit dem werde ich allein fertig. Dreh dich um«, herrschte er mich an. »Hände auf den Rücken!«
Ich gehorchte, und obwohl ich eigentlich damit hätte rechnen müssen, war ich überrascht, als sich Handschellen um meine Handgelenke legten und zuschnappten. Chief Taylor kam ganz dicht an mein Ohr heran und raunte: »Hab gehört, du hast meinen Jungen feige von hinten angefallen.«
»Da haben Sie falsch gehört«, sagte ich. »Er hat nur einen Tritt in den Hintern bekommen, weil er sich mit dem Falschen angelegt hat.«
Chief Taylor zerrte so grob an meinen Armen, dass mir ein heißer Schmerz bis in die Schultern fuhr. Dann führte er mich zur Straße, wo zwei Streifenwagen standen. Während wir darauf zugingen, öffnete jemand die hintere Tür. Chief Taylor drückte meinen Kopf nach unten und stieß mich auf die Rückbank. Ich sah noch einmal zum Haus der Hexe zurück, wo immer noch das Licht im ersten Stock brannte.
Der Vorhang bewegte sich und plötzlich tauchte das Gesicht der Hexe am Fenster auf.
Ich hätte fast laut geschrien.
Selbst aus der Entfernung und durch die Heckscheibe des Streifenwagens konnte ich sehen, dass sie mir direkt in die Augen blickte. Ihre Lippen bewegten sich. Sie formten immer wieder dieselben Worte. Ich hielt den Blick auf sie gerichtet, während Chief Taylor vorne einstieg. Wieder und wieder sagte die Hexe stumm die immer gleichen Worte zu mir. Ich versuchte, sie zu entschlüsseln.
Der Motor sprang an und wir fuhren los. Die Hexe formte die Worte nun drängender, als hätte sie Angst, sie würden mich nicht mehr erreichen, bevor ich außer Sichtweite war. Und plötzlich glaubte ich zu verstehen, was es war, das die Hexe mir so verzweifelt mitzuteilen versuchte:
»Rette Ashley.«
15
MYRON KAM MICH ABHOLEN.
Ich hockte in einer Zelle. Der Polizist, der die vergitterte Tür aufschloss, sah so verlegen aus, als könne er es selbst nicht fassen, dass Chief Taylor mich wirklich eingesperrt hatte. Myron kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, aber meine Körpersprache signalisierte ihm wohl deutlich, dass ich keinen gesteigerten Wert auf Zärtlichkeiten legte, denn stattdessen begnügte er sich damit, mir kurz auf die Schulter zu klopfen.
»Danke, dass du mich hier rausholst«, murmelte ich.
Myron nickte. Auf dem Weg nach draußen stellte sich uns Chief Taylor in den Weg. Mein Onkel schob mich hinter sich, und die beiden fochten ein stummes Blickduell aus, das eine halbe Ewigkeit zu dauern schien. Ich dachte an meine erste Begegnung mit dem Polizeichef zurück, als er mich und Löffel vor dem Haus der Kents abgefangen hatte.
Klugscheißer. Genau wie dein Onkel.
»Da dein Neffe jetzt in Begleitung eines Erwachsenen hier ist«, sagte Taylor schließlich, »würde ich ihm gern ein paar Fragen stellen.«
»Worum geht es?«, wollte Myron wissen.
Es war geradezu körperlich spürbar, dass die beiden Männer sich nicht ausstehen konnten.
»In das Haus der Kents wurde eingebrochen und wir haben deinen Neffen in unmittelbarer Nähe des Tatorts aufgegriffen. Nach dem versuchten Einbruch von heute Nacht würden wir ihm dazu gern ein paar Fragen stellen.«
»Einbruch?«, wiederholte Myron.
»Einbruch.« Taylor nickte.
»Soweit ich gehört habe, hat er an die Tür geklopft und keinen Fuß in das Haus gesetzt.«
»Ich sagte, versuchter Einbruch. Und unerlaubtes
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