Nur zu deinem Schutz (German Edition)
gepasst hatte, mittlerweile aber an seinem Körper spannte wie eine zu prall gefüllte Wurstpelle. Schließlich stand er auf und rückte den Gürtel an seiner olivgrünen Anzughose zurecht. Die schütteren Haare waren zurückgekämmt und klebten ihm strähnig am Kopf.
»Mickey Bolitar?«
»Ja, Sir.«
»Setzen Sie sich, mein Junge.«
Ich warf verstohlen einen Blick auf die Uhr hinter ihm an der Wand. In zwei Minuten war die Schule aus – nur noch zwei Minuten bis zu meinem heiß ersehnten Treffen mit Rachel. Mr Grady bemerkte mein Zögern und forderte mich erneut auf, Platz zu nehmen. Diesmal klang seine Stimme etwas strenger. Als ich mich setzte, ließ er sich ebenfalls wieder in seinen Bürosessel sinken.
»Sie spielen Basketball?«, fragte er.
Aha. Ich hatte also recht gehabt. »Ja, Mr Grady.«
»Ihr Onkel war ein ziemlich guter Spieler.«
»Ich habe davon gehört.«
Grady nickte und verschränkte die Hände vor dem Bauch. Ich hätte das Gespräch gern beschleunigt, wusste aber nicht, wie.
»Wann finden die Testspiele statt?«, fragte ich, nur um etwas zu sagen.
»In zwei Wochen«, antwortete er. »Das für die offizielle Schulmannschaft, also für meine Elft- und Zwölftklässler, am Montag, das für die Neunt- und Zehntklässler am Dienstag.« Er sah mich einen Moment schweigend an, bevor er fortfuhr. »Ich muss jedoch hinzufügen, dass ich Zehntklässler nur in ganz seltenen Ausnahmen ins Team aufnehme, und eine solche Ausnahme ist mir in den zwölf Jahren, die ich hier schon als Trainer tätig bin, noch nicht untergekommen.« Er zog bedauernd die Schultern hoch.
Ich hatte verstanden. Er würde sich mein Spiel ansehen, und dann lag es an mir, ihm zu zeigen, ob ich die berühmte Ausnahme von der Regel sein würde oder nicht. Also nickte ich bloß und erwiderte nichts.
Als endlich der Gong ertönte, nahm ich an, das Gespräch sei beendet, und wollte gerade aufstehen, aber Mr Grady hielt mich mit einer Handbewegung zurück. »Das ist allerdings nicht der Grund, warum ich Sie in mein Büro gebeten habe. Es geht nicht um Basketball.«
Da er eine Reaktion von mir zu erwarten schien, sagte ich: »Ach so?«
»Mir ist berichtet worden, dass Sie in eine handgreifliche Auseinandersetzung mit einem Ihrer Mitschüler verwickelt waren.« Er musste mir meine Verwirrung angesehen haben, denn er fügte hinzu: »Es geht um die Sache mit Troy Taylor. Auf dem Schulparkplatz.«
Oh Mann. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, mich zu rechtfertigen und ihn darüber aufzuklären, dass Troy derjenige gewesen war, der den Streit angefangen hatte, aber es schien mir kein besonders kluger Schachzug, die Beziehung zu meinem zukünftigen Basketballtrainer damit einzuleiten, einen seiner Mannschaftskapitäne in einem ungünstigen Licht darzustellen. Also schwieg ich.
»Wollen Sie erzählen, was passiert ist?«
»Nur ein Missverständnis, das wir aber mittlerweile geklärt haben«, antwortete ich.
»Verstehe.« Er griff nach einem Kugelschreiber und trommelte damit auf die Schreibtischunterlage. »Ich weiß nicht, auf welche Schule Sie bisher gegangen sind, Mickey, aber an dieser Schule halten wir uns an strikte Regeln, und eine davon besagt, dass wir keine Prügeleien dulden. Greift ein Schüler einen seiner Mitschüler an, folgt automatisch der sofortige Verweis von der Schule. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Natürlich, Sir.«
Ich konnte nichts dagegen tun. Mein Blick wanderte wie ferngesteuert zur Uhr, was Grady bemerkte.
»Haben Sie noch etwas vor, mein Junge?«
»Ich habe gleich eine wichtige Verabredung.«
»Daraus wird leider nichts.«
»Wie bitte?«
»Dieses Mal lasse ich Sie noch mit einer Verwarnung und Nachsitzen davonkommen.«
»Bitte nicht heute«, flehte ich.
»Warum nicht?«
»Diese Verabredung ist wirklich wichtig für mich.«
»Sie wohnen derzeit bei Ihrem Onkel, ist das richtig?«
»Ja, Sir.«
Mr Grady griff nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch, das wie eine Requisite aus einem alten Schwarz-Weiß-Film wirkte. »Geben Sie mir seine Nummer, dann rufe ich ihn an und erkläre ihm, warum Sie heute etwas später nach Hause kommen. Falls er mir sagt, dass Sie heute nicht können, geht das in Ordnung, dann sitzen Sie eben morgen nach. Ansonsten …«
Panik lockerte meine Zunge. »Troy hat einer Freundin von mir den Laptop weggenommen. Er hat mich angegriffen, ich habe mich nur verteidigt.«
Grady zog eine Braue hoch. »Ist das wirklich die Art und Weise, wie Sie die Angelegenheit regeln
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