Nuramon
Kampf, die du von deinen Eltern gelernt hast.«
Waragir nickte.
Nuramon schaute zu Bjoremul hinüber. Der Wyrenar hielt seine Frau und seine Tochter im Arm. Die kleine Lyasani hatte noch immer nicht gesprochen, doch vor wenigen Augenblicken hatte er sie zum ersten Mal lächeln gesehen. Jetzt ließ sie den Sand zwischen ihren kleinen Fingern in die mächtigen Hände ihres Vaters rieseln.
Auch Waragir beobachtete die kleine Familie. »Mit seiner Hilfe«, sagte er, »wird uns alles gelingen.«
Gaerigar war zufrieden. Sein Plan, seine Freunde bei der Suche nach Nerimee um Unterstützung zu bitten, trug endlich Früchte. All jene, die zwölf, dreizehn, vierzehn oder ein wenig älter waren und darauf brannten, endlich ernst genommen zu werden, bildeten ein Geflecht. Es gab immer jemanden in seiner Umgebung, der ihm die Bande herstellte. Kein Haus der Stadt war weiter als zwei Bekanntschaften entfernt, keines mehr als drei Freundschaften.
So kam es, dass sich heute Yurnegol, ein Schützling des Grafen Flarigor von Wurelgar, bei ihm gemeldet hatte. Gaerigar kannte Yur negol nicht persönlich, aber seine Freundin Lynna hatte ihn heute in der Stadt getroffen, sich seinen Kummer angehört und ihn danach sofort zu Gaerigar gebracht.
Yurnegol stand im Dienst des Adelshauses Wurelgar. Er war der Sohn des Cousins von Graf Flarigor. Vor zwei Jahren war er aus dem Süden des Fürstentums gekommen, und wie es üblich war, hatten die Abgesandten Yurnegol, einen Zwölfjährigen, nicht ernst genommen. Sie hatten geglaubt, er wäre ihnen so treu ergeben, dass er über die Entführung Nerimees schweigen würde. Als er aber auf der Kellertreppe gelauscht hatte, sei ihm klar geworden, dass Merryn Lysgoru, der Neffe des ehemaligen Fürsten, kurz davorstand, Nerimee zu vergewaltigen. Da war Yurnegol nach unten gelaufen und hatte behauptet, Nuramon wäre in der Stadt. Und damit hatte er Merryn Lysgoru abgelenkt. Dann war Yurnegol seinen üblichen Pflichten nachgegangen und war in der Stadt auf Lynna gestoßen.
Gaerigar glaubte die Geschichte und versprach, Yurnegol vor dem Zorn seines Grafen zu schützen. Yurnegol atmete tief durch und dankte ihm. Schließlich schickte Gaerigar ihn mit der Aufgabe fort, ihnen zur Mittagsglocke die Tür zu öffnen.
Kaum war Yurnegol fort, rief Gaerigar seine Vertrauten zusammen und lud sie ein, sich zum Kampf zu rüsten und ihn kurz vor Mittag oben am Fürstentor zur Oberstadt zu erwarten. Selbstverständlich nur jene, die sich auf das Wagnis einlassen wollten, das Haus der Abgesandten aus Wurelgar zu stürmen. Bis dahin sollten sie in der Stadt das Gerücht streuen, dass sein Vater tatsächlich zurückgekehrt war.
Gaerigars Sorge um Nerimee war so groß, dass er am liebsten so fort losgestürmt wäre, um seine Schwester zu befreien. Aber er wusste, dass Übereifer fehl am Platz war; und sosehr die Worte seiner Mutter ihn geärgert hatten, so sehr hallten sie auch in seinem Geist nach. Ein Hitzkopf könne alles verderben, hatte sie gesagt.
Er musste vorsichtig sein. Und das bedeutete, dass er in Betracht ziehen musste, dass Yurnegol ihn in eine Falle locken wollte. Deswegen wollte er sich den Rückhalt seiner Familie sichern. So begab er sich hinauf in den Palast und unterbrach die Beratung seines Großvaters. Als er offenbart hatte, was Yurnegol ihm erzählt hatte, schickte Borugar Boten aus, um die Kunde von Nuramons heimlicher Rückkehr glaubhaft zu verbreiten.
»Nylma«, sagte sein Großvater dann. »Du wirst losziehen und Nerimee befreien.« Er wandte sich an Yargir. »Du bleibst hier im Palast, falls es sich um eine List handelt, die uns hier angreifbar machen soll. Geh, und sammle die Krieger.« Yargir und Nylma wollten sich abwenden, doch Borugar hielt Nylma zurück. Während Yargir loszog, um die Fürstengarde zusammenzurufen, erklärte Borugar Nylma, dass sie nicht warten solle, bis ihre ganze Garde bereit war. »Zieh mit einer kleinen schlagfertigen Schar los. Nimm dir unterwegs die Stadt gardisten vom Fürstentor mit. Nimm dir jeden, der dir über den Weg läuft, aber lass dich nicht aufhalten.«
»Keine Sorge, Herr«, sagte Nylma mit entschlossener Miene. »Meine besten Leute sind auf diesen Fall vorbereit.«
»Dann geh, und rette Nerimee«, sagte Borugar mit Tränen in den Augen. Er wandte sich nun an Gaerigar und klopfte ihm auf die Schulter. »Danke«, sagte er mit einem bitteren Lächeln. »Das hast du sehr gut gemacht. Ab jetzt ist dein Platz aber an der Seite deiner
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