Nuramon
Gefährten gegen die Anbeter des Tjured gekämpft hatten, waren ihm unzählige Krieger mit solchen Masken entgegengelaufen.
»Tjured!«, sagte Nuramon leise. »Du bist ein Tjuredanbeter.« Die Gläubigen des Gottes Tjured, seine alten Widersacher, waren also vom Kontinent im Westen nach Arlamyr gekommen und hatten sich mit dem Königshaus von Varmul und offenbar auch mit dem Fürsten von Helbyrn gegen ihn und Yannadyr verbündet. Aber wenn sie nun hier waren, warum waren sie nicht wie damals in Albenmark mit einer gewaltigen Streitmacht erschienen?
Tarsun grinste angestrengt. »Du hast deine alten Feinde also nicht vergessen«, sagte er und räusperte sich.
»Woher weißt du, wer ich bin?«, fragte Nuramon.
Der Magier grinste herablassend »Du bist das letzte Elfenkind. Unsere Schriften berichten von dir.«
Nuramon blickte auf das Buch und musste an Yulivee, seine Ziehschwester denken. Er hatte ihr vor seinem Abschied von Albenmark versprochen, den Anbetern des Tjured fernzubleiben. In all den Jahren hatte er sich bemüht, das Versprechen zu halten, aber wie es schien, waren seine alten Feinde ihm nahe gekommen, nicht er ihnen . In Yulivees Brief, den er in Alvarudor gefunden hatte, war von dem Versprechen nicht die Rede. Yulivee hatte ihn nicht daran erinnert. Ob sie vorausgesehen hatte, dass er nun auf einen Tjuredpriester traf? Und wenn es so war, warum war es ihr so wichtig gewesen, dass er zuvor den Priestern und damit dem Kontinent im Westen ferngeblieben war?
Nuramon blickte auf Tarsun hinab. »Du bist also gekommen, um den letzten Elfen umzubringen«, sagte er voller Verachtung.
»Und seine Nachkommen«, entgegnete Tarsun.
Nuramon dachte an Gaerigar und hätte Tarsun in diesem Augenblick am liebsten den Hals aufgeschnitten. Doch er widerstand dem Drang, atmete leise durch, wandte sich halb von dem Magier ab und öffnete das Buch, das auf dem Tisch lag. Darin fand er eine Schrift, die er nicht lesen konnte. Aber die Muster kamen ihm bekannt vor. Schließlich klappte er das Buch wieder zu und wandte sich erneut an den Magier. »Aber warum nur? Warum trachtest du mir nach dem Leben?«
»Wir kamen mit dem Schiff, durchwanderten die Fürstentümer und erfuhren von dir. Und uns wurde klar, dass du nicht nur das letzte Elfenkind aus unseren Schriften bist, sondern auch einer derer, die den Heiligen Guillaume auf dem Gewissen haben.«
Nuramon starrte in Tarsuns verzerrte Miene. Nach all den Jahrhunderten, die seit dem Tod Guillaumes vergangen waren, war der Hass der Tjuredanbeter auf die Albenkinder nicht geschwunden. Er konnte Tarsun sogar verstehen. Er wusste es nicht besser. Er wusste nicht, dass Guillaume der Sohn Noroelles und des Devanthar war und dass Nuramon und Farodin damals in der Stadt Aniscans versucht hatten, den jungen Priester vor seinen Meuchelmördern in Sicherheit zu bringen. Sie hatten versagt, und die Tjuredanbeter hatten Guillaumes Tod den Albenkindern angelastet, und so war durch Nuramons und Farodins Versagen der Hass über die Jahrhunderte gewachsen. Deswegen hatte es Krieg zwischen den Tjuredanbetern und den Albenkindern gegeben, und deswegen hatten Emerelle und die anderen Mächtigen Albenmark von der Welt der Menschen und von der Zerbrochenen Welt abgetrennt. Und nun hatte sein Versagen in jener Nacht vor mehr als tausend Jahren dazu geführt, dass seine Frau in einem magischen Schlaf gefangen war und Gaerigar, Yargir, Waragir und all die anderen tot waren.
Die Frage war nun, wie groß die Macht der Tjuredanbeter war, und ob Tarsun überhaupt über das Wissen verfügte, Daoramu zu ret ten. »Die anderen, mit denen du gekommen bist, sind in Helbyrn?«, fragte er. Das Fürstentum im Süden war schon seit Jahren mit dem Königreich Varmul verbündet, aber erst durch Herzog Helerur hatten sie erfahren, dass Mirugil sich einen Hofmagier hielt, der angeblich aus Helbyrn stammte.
»Sie sind nicht mehr dort«, sagte Tarsun und unterdrückte ein Husten. »Die Ahnenpriester haben uns vertrieben. Wir beten die Falschen Götter an, haben sie gesagt. Sie haben Jagd auf uns gemacht und wollten uns hinrichten. Ich habe einige meiner Gefährten sterben sehen, und andere habe ich seit dem Tag der Flucht nie wieder erblickt.«
»Sie sind also irgendwo hier in Arlamyr«, sagte Nuramon und vermochte sich nicht vorzustellen, was weitere Tjuredanbeter ausrichten mochten, wenn Tarsun ihnen bereits so sehr zugesetzt hatte.
Der Magier lächelte freudlos. »Wenn ich wüsste, wo sie wären, wärest du
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