Nuramon
bei Nacht. Dann suchten sie rasch den Weg zum nächsten Albenstern und kehrten wieder auf die Pfade zurück.
Am zwölften Tag fand Nuramon endlich den Albenstern, den er suchte. Hier trafen sieben Pfade aufeinander. Der siebte stach in die Höhe, wie jene, die nach Albenmark oder in die Zerbrochene Welt führten. Ein magischer Blick durch den Albenstern zeigte ihm Angnos, das sonnige und steinige Land des Südens – er war am Ziel.
Als Nuramon in die Welt hinaustrat, wandte er sich sofort zur Felswand um, vor der er vor Jahrhunderten gestanden und Seite an Seite mit Alwerich das Rätsel gelöst hatte, welches das Tor zu Dareen öffnete. Die magische Pforte war nicht zu sehen. Da war nur das helle Gestein. Als jedoch sein Sohn durch die Pforte und damit aus der Felswand hervortrat, erinnerte Nuramon sich: Durch einen Zauber, der auf dem Albenstern lag, erschien die Pforte nicht als Lichttor, sondern tarnte sich.
Nachdem seine Gefährten hervorgetreten waren und sich suchend nach einer Lichtpforte umschauten, erklärte Nuramon ihnen, was es mit dem Tarnzauber auf sich hatte. Er schloss die Pforte und strich über die Felswand. Er fand Furchen, Mulden und Schriftzeichen. »Hier waren Edelsteine eingelassen, fast so groß wie Kinderfäuste. Links ein Diamant, rechts ein Rubin.« Er fasste in die rechte Mulde. »Der Rubin war direkt mit dem Albenstern verknüpft und in sieben Stücke zersplittert. Daneben war ein Bergkristall.« Er wies die elfischen Schriftzeichen entlang. »Singe das Lied der Dareen, du Kind der Sonne!« Er lächelte in Erinnerung an damals, als er dieses Lied gesungen hatte.
»Und weiter?«, fragte Yendred.
»Was damals weiter geschah, ist heute bedeutungslos. Die Edelsteine sind fort. Der Zauber, der sie schützte, ist verschwunden. Auch die Magie, die den Albenstern beherrschte, ist fort. Nur der Zauber, der das Tor wie Fels erscheinen lässt, ist noch lebendig. Das bedeutet: Der Weg ist offen.«
»Der siebte Pfad führt also zu Dareen?«, fragte Yendred.
»Wo sollte er sonst hinführen?«, sagte Nuramon, entsann sich aber seiner Vermutung von damals, dass der Ort der Dareen ebenso gut in dieser Welt liegen mochte und der Zauber, der hier geherrscht hatte, sie über die Albenpfade dort hingetragen hatte.
Dieses Mal öffnete Nuramon kein Tor auf die Albenpfade. Stattdessen griff er mit seiner Magie nach dem siebten, aufwärtsführenden Pfad und spürte dabei, wie sich der Fels vor ihm veränderte. Nuramon tastete nach dem Tor, und tatsächlich verschwanden seine Finger im Stein. Wie damals.
Nach einem Blick zu seinen Gefährten schritt er durch die Pforte und war erleichtert, als er auf der anderen Seite sandigen Boden unter den Stiefeln spürte und seine Hände Felswände ertasteten. Doch als er über die Schwelle trat, schwand seine Erleichterung. Hier hätte eine schmale Schlucht sein müssen, über der große, fremde Vögel am Himmel ihre Kreise zogen. Doch alles, was von dem Ort seiner Erinnerung übrig geblieben war, war eine Insel im Nichts – ein kaum zehn Schritte breiter, sandiger Splitter der Zerbrochenen Welt.
Das Tor, durch das er gekommen war, war in rotbraunem Fels eingefasst, und in der Mitte der Insel lag ein großer Barinstein im Sand und spendete goldenes Licht. Jenseits davon erhob sich eine weitere Felswand. Davor stand ein blätterloser Baum mit glatter, grauer Rinde, dessen schmale Äste nach dem Barinstein zu greifen schienen.
Während er bei dem leuchtenden Stein in die Hocke ging und seine Hand darauf legte, hörte Nuramon die knirschenden Schritte der anderen hinter sich. Er konzentrierte sich mit seinen magischen Sinnen auf das Innere des Steins und hoffte, dass er die Eigenschaften barg, die sie für die Heilung Daoramus suchten: eine Macht, die eine gewaltige Zauberkraft hauchfein zu führen wusste. Doch dieser Stein war tatsächlich nichts weiter als ein Barinstein. Er nährte sich vom Albenstern und benötigte nur einen Hauch von dessen Macht. Die Mengen an Magie, die Nuramon benötigte, würde dieser Stein nicht halten können.
Nuramon stand enttäuscht auf und suchte nach irgendetwas, das seine magischen Sinne reizte. Er tastete über die toten Äste des Baumes, strich mit den Händen über die Felswand, doch er fand nichts außer der Magie des Barinsteins. Welchem Zweck auch immer dieser Ort einst gedient hatte, es erschloss sich Nuramon nicht.
Als er die Gefährten wieder nach Dayra zurückgeführt hatte, war der Nachmittag bereits gekommen. In
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