Nuramon
schritten, die über den Bach gelegt war.
»Und deine Feinde«, sagte sie.
Am See angekommen, wies Dareen vom Ufer hinüber zum Felsen in der Mitte, aus dem das Wasser sprudelte. »Trinkt und badet! Es wird euch munden und eure Körper und Sinne reinigen.«
Die Gefährten tranken, kühlten sich die Gesichter, entkleideten sich bis aufs Hemd und tauchten in den See ein, während Dareen auf einem Felsen am Ufer saß und sie beobachtete. Besonders Nylma, die etwas entfernt von den anderen schwamm, musterte sie immer wieder. »Ihr Antlitz war das erste, das ich je in der Zukunft sah«, sagte sie zu Nuramon. »Es dauerte lange, bis ich er kannte, dass sie mit deinem Schicksal verbunden war. Ich dachte, es wäre nur ein Zeichen, das mich in diese Welt rief. Und während du in der Zuflucht des Devanthar gefangen warst, erfuhr ich von ihrer Liebe zu Yargir, und ich wusste, dass du zu ihnen gelangen würdest. Ich sah all das Glück und all das Leid in diesem langen, schönen Gesicht.«
»So lange wusstest du schon von ihr?«, fragte Nuramon.
»Ja. Es gab eine Zeit, da wusste ich mehr von ihr als von dir. Das war in den Drachenkriegen, während alle um mich herum den Blick auf die Gegenwart gerichtet hatten, ich aber ungeheuer weit in die Zukunft blickte.«
»Und was siehst du nun in der Zukunft?«, fragte er zögernd.
Dareen schaute ihn mit ihren großen Augen an. »Nichts mehr. In der Zeit der magischen Wirren ist der Fluss des Schicksals über die Ufer getreten. Nun ist seine Strömung so stark und der Grund so aufgewühlt, dass ich mich nicht halten und nichts mehr erkennen kann. Alles, was mir bleibt, ist die Vergangenheit. Es reicht aus, um das Schicksal zu erfüllen, das ich so lange vor Augen hatte.«
»Dein Schicksal?«, fragte Nuramon.
Dareen nickte wieder.
»Dann bist du auch ein Albenkind«, sagte Lyasani leise und blickte dann ins Wasser, als schämte sie sich ihrer Worte.
Dareen winkte Lyasani zu sich auf den Felsbrocken, und die junge Kriegerin stieg aus dem Wasser und setzte sich in ihrem triefenden Hemd zögernd neben sie. »Ich bin kein Albenkind«, sagte das Orakel schließlich.
Lyasani blickte zu Boden, doch Dareen legte ihre Hand unter Lyasanis Kinn und hob den Kopf des Mädchens an. »Ich bin ein Geist, der vor Jahrtausenden einen Weg entlangsah und in diese Welt kam, um etwas zu tun, was niemand sonst tun wollte.« Sie wandte sich wieder an Nuramon. »Es gab Zeiten, da fürchtete ich, mich geirrt zu haben. Denn ich erkannte Ceren und hatte Angst, ich hätte ihr Schicksal für das meine gehalten. Doch ich war es, der dir auf der Suche nach Noroelle den Weg wies.« Sie hielt inne und schaute, wie Nylma sich im Wasser näherte. Das Orakel richtete seinen Blick zwischen die Brüste der Kriegerin, die sich durch das nasse Hemd abzeichneten. Dort hing der Almandin an seiner Lederkette.
Lächelnd schaute Dareen Nuramon wieder in die Augen und sagte: »Ich war es, die den Zwergen und den Elfen von Valemas die Zukunft voraussagte. Ich wusste, dass du mit Alwerich zurückkehren würdest; und ich wusste, dass du einst ein Kind aus Valemas unter deinen Schutz nehmen würdest – das Kind, das Emerelle die Macht und den Sieg sichern würde. Alles, was ich bin, ist an dein Schicksal geknüpft. Versagst du, habe ich durch dich versagt.«
»Aber du bist mächtig«, sagte Nuramon. »Warum erfüllst du nicht selbst dieses Schicksal? Wieso hast du es nicht schon vor langer Zeit getan?«
Dareen wirkte überrascht. »Weil ich trotz all der Macht, über die ich verfüge, nicht das vermag, was du vermagst.« Sie schaute über den See hinweg. »Ich kann dir nur als Beraterin zur Seite stehen. Ich war es, die Rajeemil nach Wuur verwies, als er auf der Suche nach seinem magischen Torstab war. Die Dämonenanbeter hatten ihn geraubt und nutzten ihn, um über die Albenpfade zu gehen und Menschen zu versklaven.«
Den Namen Rajeemil kannte Nuramon gut. Der Albenstein, den er mit Farodin und Mandred vom letzten Devanthar erbeutet hatte, war einst der Stein des Rajeemil gewesen. Das hatte die Elfenkönigin ihnen offenbart. Rajeemil galt als weise und war angeblich in die Welt der Menschen gezogen, um deren Geheimnisse zu ergründen. Er war hier in Dayra ins Mondlicht gegangen, und sein Albenstein war später dem Devanthar in die Hände gefallen. Nuramon und Farodin hatten ihn nach dem Tod des Devanthar an sich genommen und Emerelle überreicht, und diese hatte ihn Yulivee gegeben. Ohne Rajeemils Albenstein hätten
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