Nuramon
gesehnt, um die erste Nacht tatenlos verstreichen zu lassen. Und er war fast sieben Jahre enthaltsam gewesen. Sieben Jahre. Diese Worte kamen immer wieder über ihre Lippen.
Kurz darauf zogen sie sich zurück und fanden sich schließlich fest umschlungen in ihrem Bett wieder. Sie wollten behutsam vorgehen, weil sie sich noch ungelenk und schwach fühlte. Er war so sanft wie nie, doch sie forderte mehr und mehr, und was behutsam sein sollte, wurde leidenschaftlich. Dann kam die Magie, und Daoramu spürte nicht nur seinen Zauber, sondern entdeckte auch den ihren. Und er machte ihr Angst. Sie wollte ihn loswerden und schob ihn von sich.
Nuramon stöhnte auf und zitterte, und als die Magie von ihm zurückkehrte und einen Schauer durch ihren Körper trieb, fühlte sie sich wie damals in Teredyr in ihrer ersten Liebesnacht.
Als es vorüber war, fragte sie: »Sieben Jahre? Und hast du es nicht vermisst?«
»O doch, oft. Das nährte die Sehnsucht nur noch.«
Sie fuhr mit den Fingerspitzen über seine Brust. »Keine Sehnsucht mehr«, flüsterte sie, und er wiederholte ihre Worte leise. Dann schwiegen sie, und Daoramu überkam die Angst vor dem Schlaf. Nach einer Weile – es mochte bereits nach Mitternacht sein – schob sie sich noch einmal auf Nuramon.
»Du kannst nicht schlafen«, sagte er und strich ihr über den Rücken. »Sind es die Leute?«
Sie lauschte, und tatsächlich war das Gerede der Gäste als Stim mengewirr zu vernehmen. »Nein«, sagte sie. »Ich weiß nur nicht, was mich im Schlaf erwartet. Was, wenn ich morgen nicht aufwache? Ich spüre etwas in mir. Etwas, das nur mir gehört.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen«, flüsterte er. »Du hast doch gehört, was Ceren gesagt hat.«
»Dass es mir nicht schadet. Aber sie wusste nicht, was es aus mir macht.«
»Es macht dich zu einem Zauberwesen. In Albenmark gibt es viele, die nur über ihre natürliche Magie verfügen. Viele von ihnen können keine Zauber wirken, und doch sind sie von Magie durchdrungen.«
»Wenn ich dir Magie zuspiele, kannst du sie auch zum Zaubern nutzen?«, fragte sie.
»Gewiss«, antwortet er und strich ihr über die Wange.
»Dann sind wir gemeinsam mächtiger. Aber vielleicht brauchen wir auf unserer Reise noch Verstärkung. Vielleicht sollten wir neben Nylma weitere Krieger mitnehmen.«
»Ich könnte Loramu bitten. Yendred könnte sie vertreten. Er wird die Ilvaru ohnehin wieder nach Osten führen. Und dann nehmen wir uns noch zwei bis vier Leute mit.«
»Ich dachte an Bjoremul.«
Nuramon atmete weit aus. »Falls ihn die Kunde von deinem Erwachen wachrüttelt, mag er genug Kraft finden, uns zu begleiten. Aber er ist nicht mehr der Alte.«
Sie küsste Nuramon. »Aber er ist ein Freund. Vielleicht sehnt er sich nach einem letzten großen Abenteuer. Nicht auf den Schlachtfeldern des Krieges, sondern dort, wo Legenden gemacht werden.«
Nuramon und Daoramu standen vor Sonnenaufgang auf und schauten vom Fenster aus über die leuchtende Stadt. Die bunten Laternen, in denen Nerimees Lichtsteine strahlten, erhellten die Nacht ebenso wie der Schein der magischen Quellen auf dem Festland. Nerimee hatte einen Zauber an die Quellsteine gebunden, die sie leuchten ließen. Manche wirkten wie Sterne, die vom Himmel zu Boden gefallen waren, andere wie bunte Nebelflecken.
»Je stärker die Quellsteine strahlen, umso mehr Magie ist in ihnen«, erklärte Nuramon.
»Es ist noch immer wunderschön«, sagte sie. »Und ich bin mir sicher, dass es immer schöner wird, je höher die magische Flut steigt.«
Nuramon nickte. »Und wenn wir versagen, dann ertrinken wir in dieser Schönheit«, sagte er wehmütig.
Daoramu drückte sich an ihn. »Dann dürfen wir eben nicht versagen«, sagte sie und küsste ihm ein Lächeln auf seine Lippen.
Noch vor dem Frühstück gingen sie gemeinsam hinab in die Ahnenhallen. Auf dem Gang blieb Daoramu stehen, und Nuramon stützte sie. Sie biss sich auf die Lippen und schloss die Augen. »Es ist schwerer, als ich dachte«, sagte sie schließlich.
»Es wird leichter werden mit der Zeit«, sagte Nuramon. Er war seit Wochen nicht mehr auf dieser Seite des untersten Kellers gewesen. Es war, als wäre er zuvor am Ende der Treppe bei der Wahl zwischen den Hallen des Todes zur Rechten und den Magischen Hallen zur Linken, in denen sie Daoramu gerettet hatten, immer den Pfad des Lebens gegangen.
Daoramu atmete tief durch und ließ sich von Nuramon zu Gaerigars Totenkammer führen. Sie trat vor Nuramon ein und starrte
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