Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone
und Wölfe, Wildschweine, Riesen, Elfen und Hirsche warteten auf die Schlacht. Kaveh, umringt von einer Schar Krieger, drängte sich nach vorne an den Waldrand.
»Kaveh! Kaveh!« Lorgios kam ein paar Schritte auf ihn zu. »Bleib hier! Du wartest hinten, bis die Krieger der Königin in den Wald vorgedrungen sind.«
Kavehs Brust hob sich, als er einatmete. »Nein, Vater. Ich werde in der ersten Reihe kämpfen.« Er sagte es leise und entschlossen.
»Kaveh! Das tust du nicht! Kaveh! «
Aber so laut Lorgios auch rief, Kaveh hatte sich bereits umgedreht und ging unbeirrt davon. Nill sah
sich noch einmal zum König der Freien Elfen um, dann huschte sie der Kriegerschar, die Kaveh umschloss, hinterher. Sie musste sehen, was jenseits der Wälder vor sich ging.
Die Bäume lichteten sich. Kaveh und seine Ritter drängten sich durch die Menge bis nach vorne. Dann blieben sie reglos stehen.
Und auch Nill war wie vom Donner gerührt. Ein jäher Wind brauste auf und ließ den Schnee der Bäume auf sie herabwirbeln. Am Horizont war das Heer der Königin aufgetaucht.
Eine flirrende schwarze Masse zog hinter den weißen Hügeln herauf. Wie Öl sickerte die dunkle Welle heran, kroch über das Land, kroch näher, unendlich langsam … Dann hatte die wimmelnde Flut sich verdoppelt, verdreifacht und brachte die Steppen zum Brodeln. Nill wurde schlecht vor Grauen. Auch die umstehenden Elfen in ihrer Nähe wurden bleich, die Hirsche stießen unruhige Rufe aus und die Wildschweine schnaubten aufgeregt.
»Bei allen Göttern«, flüsterte Nill. Ihre Beine waren plötzlich seltsam taub. Sie spürte, wie sie auf ihnen stand wie auf wackeligen Stelzen. In der unendlichen Weite des Heeres schwankte ein winziger, roter Fleck. Es war ein Baldachin, der sich über das Weiße Kind und ihre Leibgarde spannte. Gigantische weiß-rote Fahnen, die von hier wie kleine Punkte in der Schwärze flirrten, flankierten das rote Dach.
Erschreckend rasant kam das Heer jetzt näher.
Obwohl die Sonne nicht schien, blitzten ihnen bald
schon die stählernen Helme und Lanzen der vordersten Front entgegen. Einzelne Gestalten schälten sich aus der Masse.
»Bogenschützen!«, hallte ein Ruf, dann noch einer und noch einer durch die vorderste Reihe am Waldrand.
Elfen mit Langbogen, die ihnen bis zu den Schultern reichten, drängten sich vor. Bleiches Licht sickerte durch die schweren Wolkendecken. Die Schatten der hohen Bäume wogten über die Bogenschützen hinweg. Die Elfen zogen lange, helle Pfeile und legten sie auf die Sehnen. Nur noch wenige Augenblicke – ein paar Sekunden – dann waren die Kriegerscharen des Weißen Kindes nahe genug. Inzwischen sah man ihre Gesichter wie bleiche Flecken aus dem Metall ihrer Rüstungen hervortreten. Doch die Grauen Krieger hatten ihre Schilde noch nicht erhoben. Der Wald verbarg die vereinten Stämme vor ihren Blicken … Nill hielt die Luft an.
»Nijú!« Kaveh hatte Nill erst jetzt entdeckt. Er ließ seinen Bogen sinken, stürzte zu ihr und ergriff ihre Hände. »Was tust du hier vorne? Ich dachte, du wartest auf den Hornruf!«
»Ich wollte das Heer sehen.« Ihre Stimme klang erstickt.
Kaveh wollte etwas erwidern, aber er wurde von einem ohrenbetäubenden Hornsignal unterbrochen.
Der Boden vibrierte. Schnee rieselte von den Ästen.
In einer einzigen riesigen Bewegung wurden die Bogensehnen zurückgezogen.
»LOS!«, brüllten mehrere Stimmen. Die Pfeile sirrten los. Gebannt beobachteten Kaveh und Nill, wie der Pfeilhagel in den Himmel schoss, kurz mit den stahlgrauen Wolken verschwamm und in die Reihen der Grauen Krieger einschlug. Entsetzliche Schreie erklangen. Wieder wurden Hörner geblasen.
Kaum einen Atemzug später wurden die Bogensehnen zurückgerissen. Die zweite Salve pfiff aus dem Wald.
»Arivor!«, schrie eine Stimme. Nill kannte das elfische Wort nicht. Aber seine Bedeutung wurde ihr schlagartig bewusst, als sich ein schwarzer Pfeil vor ihr in die Erde bohrte. Mit entsetzten Schreien wichen die Elfen zurück, manche hoben Schilde, die meisten flüchteten in den Schutz der Bäume, während die dunklen Geschosse in den Schnee nagelten.
Nill und Kaveh zogen die Köpfe ein. Ein Sprudel von Flüchen kam Kaveh über die Lippen, aber der Großteil davon ging im lärmenden Chaos unter.
Wieder stob ein Pfeilregen los und bohrte sich tau-sendfach in die Reihen der Grauen Krieger. Von hinten brach Bewegung aus. Die Krieger aus dem Wald drängten voran zur offenen Schlacht. Pferde wieherten, als sich die
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