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Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone

Titel: Nuyen, Jenny-May - Nijura, das Erbe der Elfenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: das Erbe der Elfenkrone Nijura
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wanderte durch ihre Augen. Die Schatten in ihrem Gesicht verwandelten sich in tiefes, schimmerndes Schwarz. Dunkelheit trat unter ihrer weißen Haut hervor wie Tinte, die durch dünnes Papier sickert; und Scapa erkannte,
dass es die Krone war. Die Krone goss ihre hässliche, ölige Schwärze über Aranes Gesicht. Über ihren ganzen Körper.
    »Was ist mit dir?«, fragte Arane, doch selbst ihre Stimme schien gedämpft.
    »Arane?«, flüsterte Scapa. Ihm wurde schwindelig. Bildete er es sich ein? Oder sah er tatsächlich den Wahnsinn in Aranes Augen?
    »Starr mich nicht so an!«, fauchte sie. »Hör auf damit, hör auf! Starr mich nicht immer so an, Scapa!«
    Ein schreckliches Elendsgefühl breitete sich in ihm aus. Er war es, der glücklich sein sollte und es nicht war – er, nicht Arane! Er hatte alles gefunden, wonach er sich gesehnt hatte, und konnte dennoch nicht zufrieden sein. Scapa wollte eine nervöse Entschuldigung stammeln, als Arane ein paar Schritte zurücktrat. Ihre Hände berührten die Steinkrone.
    »Du starrst sie an!«, sagte sie. »Du – du starrst die Krone an, Scapa!«
    Ihre schönen Augen waren finsterer als alle mond-losen Nächte, die Scapa je gesehen hatte. Er wollte sagen, dass es nicht stimmte, dass er die Krone nie angesehen hatte, aber seine Kehle war wie zuge-schnürt. Und dann, wie ein Schleier, fiel das schreckliche Leuchten von Aranes Blick und sie sah ihn zärtlich an.
    »Lass uns gehen«, murmelte sie verwirrt. »Auf uns wartet eine Sänfte.« Die Schlacht

    Da der Weg durch die Marschen selbst zu Pferd be-schwerlich war, reisten Scapa und die Königin in einer Sänfte, in der es Decken, Felle und Kissen zum Wärmen gab. Sechs Pferde trugen sie durch Schlamm und Sumpf, während sie rings ein Heer aus Reitern umgab – dahinter schloss sich die unendliche Masse der Fußsoldaten um sie wie ein Meer. Die Marschen wurden unter Tausenden von Füßen gleichgetreten, alles versank im Morast und die Tümpel wurden von der lehmigen Erde zugeschüttet, die die zahllosen Stiefel mit sich trugen. Das Heer des Weißen Kindes ebnete den Boden, machte alles flach. Zurück blieb zertretenes Gras und aufgeschäumter Morast. In den Marschen von Korr gab es nicht viel mehr, das hätte zerstört werden können.
    Am Abend erklangen erneut die ohrenbetäubenden Hornsignale. Der durchdringende Ton hing mehrere Minuten über den Sümpfen und verschluckte selbst das erschrockene Krächzen der Raben. Das riesige Heer hielt an und alles wurde für die Nacht vorbereitet. Lagerfeuer glommen rings um die Sänfte auf, die man am Boden abgestellt hatte, ansonsten war die Nacht in den Sümpfen tief und lichtlos. Vor Erschöpfung fiel die gesamte Streitmacht sofort in Schlaf.
    Und auch die Königin war erschöpft vom Tagesmarsch, obgleich sie nicht mehr gelaufen war, seit sie den Turm verlassen hatten. Das ewige Rütteln und Schwanken hatte sie ermüdet, dann die feuchte, kalte
Moorluft und das dämmrige Licht. Zum Glück war es Winter – wenigstens die Mücken und Stechfliegen der Sümpfe waren verschwunden.
    Matt lag Arane zwischen den Kissen neben Scapa und blickte zur Decke der Sänfte auf, wo eine rote Laterne hing.
    »Es ist so sinnlos«, murmelte Arane. Sie klang bereits, als würde sie halb schlafen. »Wonach wir bloß immer streben … was wollen wir wirklich? Die Unsterblichkeit. Alles tun wir, um unsterblich und niemals vergessen zu werden. Kinder kriegen, Ruhm suchen, uns opfern. Und am Ende haben nicht wir etwas von der Unsterblichkeit unseres Namens, sondern die, die uns folgen. Diesen Krieg kämpfen wir nicht für uns, Scapa. Sondern für die zukünftigen Menschen …«
    »Sich opfern?«, murmelte Scapa.
    Arane lachte. »Oh ja, manchmal habe ich das Ge-fühl, mich zu opfern.« Sie räkelte sich in den Kissen und legte die Arme über ihren Kopf.
    »Die Welt ist eben zu klein für zwei gleiche Völker. Sie kann nur dem einen oder dem anderen gehö-
    ren.«
    Dann war sie eingeschlafen.

    Ihre Reise durch die Marschen glich einem fiebrigen Schlaf. Sie lagen in der Sänfte, bewegten sich nicht, lauschten dem Stampfen und Klirren des Heeres und waren trotzdem der Welt ferner denn je.
    Als die Gebirge vor ihnen auftauchten, verließen
Scapa und Arane die Sänfte und waren froh über die Abwechslung: Zwei stattliche Schlachtrösser standen für sie bereit, man spannte ein weites rotes Stoffdach über sie, sodass der gelegentlich fallende Schnee nicht auf sie herabrieseln konnte, und dann ritten sie los.

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