Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
sprach die Fürstin, „nur meinem Fürsten, dem Leviathan, zu gehorchen und ihm ohne jedweden Widerstand zu dienen, wann immer er mich ruft.“
    Dies war der Augenblick, an dem Nicholas gleich zwei Dinge tat, die Ruts Worten nach noch nie ein Dämon versucht hatte. Er veränderte einen Blutsschwur und wurde zum Sohn zweier Fürsten zugleich. Nicholas sagte auf Romani: „So schwöre ich, meinem Fürsten, dem Leviathan zu gehorchen und ihm ohne jedweden Widerstand zu dienen, wann immer nur er mich ruft.“
    Nichts geschah. Kein Blitz brach durch das Dach und die Erde riss auch nicht auf, um ihn in die Tiefe zu zerren und für diesen Frevel zu strafen. Die Fürstin hatte das Spiel mit dem kleinen Wörtchen ‚nur‘ nicht bemerkt. Stattdessen verlangte sie mit einer auf die Musik abgestimmten Geste nach seiner Hand. Er reichte sie ihr. Ihre Finger waren trocken und kalt, wie Seide über blankem Knochen. Kein Fleisch. Eine Allegorie ihres emotionslosen Geistes. Nicholas sehnte sich in schier unerträglichem Maß nach Joanas Wärme. Er fühlte sich verloren. Wie aufgegeben. Von sich selbst aufgegeben. Das war neu.
    „Halt still“, befahl seine Fürstin.
    Das Messer glitt mit einem schnellen, glatten Zug durch seine Handfläche. Dunkles Rot tropfte auf ihren Rock. Wie das Blut eines Beutetieres, das im Waldboden versickerte. Er starrte darauf, unfähig zu begreifen, dass er sich mit all seinen körperlichen Reflexen einig war, die Hand wegzuziehen, und doch konnte er nicht einmal zucken. Es war nicht möglich. Im kalten Schimmer ihrer grauen Augen erkannte er, wie sehr ihr das gefiel. Sie ritzte ihre Fingerkuppe und zog damit den Schnitt in seiner Hand nach. Dann hielt sie ihm den Finger an die Lippen, und er leckte ihr Blut ab, das sich mit seinem vermischt hatte. Und ekelte sich vor sich selbst. Der Dämon schien jede Faser seines Blutes zum Kochen zu bringen, in seinen Venen floss ein sengender Moloch Richtung Herz. Das Brennen löste sich auf, die unwiderrufliche Veränderung jedoch blieb bestehen. Wie eine Handvoll Salz, die sich im Wasser unsichtbar aufgelöste und dieses doch für immer verändert hatte.
    Nicholas keuchte, würgte. Er musste hier raus. Nur schnell hier raus.
    „Was denn, was denn?“ Sie sprach zu ihm wie zu einem verängstigten Kind. „Wehr dich nicht, alles ist in Ordnung.“
    Er fühlte sich in die Zeit mit Lorenna, die ihn beschworen hatte, zurückversetzt. Damals war er weder frei noch glücklich gewesen, und doch war seine Welt, wie sie sein sollte. Er hatte es nicht anders gekannt. Lorenna hatte einen ergebenen Diener gerufen, er hatte diesem Ruf folgen müssen. Doch heute wusste er, was er aufgab. Sich selbst. Willenlos zu gehorchen, was er damals so selbstverständlich getan hatte, würde heute glühende Klingen durch das treiben, was die Menschen Seele nannten. Und was immer an ihm unsterblich sein mochte, die Seele war es sicher nicht. All dem zum Trotz zwang ihre Macht ihn mühelos zum Aufgeben. Ohne es zu wollen, legte er den Kopf auf ihren Oberschenkeln ab. Ließ zu, dass sie seine Wange streichelte.
    „Entspann dich.“
    Dass sie imstande war, ihn zu trösten, war schockierend, aber er konnte nicht einmal mehr entsetzt sein, solange sie es nicht erlaubte. Alles war in Ordnung. Wann er gehen würde, war nicht länger seine Entscheidung.
    Das Telefon klingelte am Nachmittag. Elias, gerade gelangweilt in einem Buch aus Ruts Bestand blätternd, nahm ab.
    „Ich hab’s geschafft.“ Nicholas klang müde. „Der Leviathan hat die Verbindung gekappt, die Choskeih geknüpft hat.“
    „Klasse“, gab Elias zynisch zurück. Er fragte nicht, wie es gelaufen war, weil er es nicht wissen wollte. Lieber wollte er in dem Glauben bleiben, Nicholas sei weiterhin der Alte, ohne einen Makel.
    „Ist bei euch alles in Ordnung, Elias?“
    „Bestens. Rut hat beschlossen, Tomte und mich so dick und rund zu füttern wie ihren kleinen Köter. Das Mistvieh wuselt ständig um mich herum und versucht mein Bein zu begatten. Sunna starrt mich an, als wäre ich was zu essen. Dafür scheint sie sich vor Tomte zu fürchten. Das tut der Hund übrigens auch, er pinkelt vor Angst auf den Teppich, wenn der Typ sich zu schnell bewegt. Mir stinkt’s hier, Nick. Komm zurück und lass uns die Biege machen.“
    „Was ist mit Joana?“
    „Die hat sich Sunnas Skateboard ausgeliehen und liegt jetzt platt unter Tomtes Schrottkarre.“
    Elias hörte Nicholas leise lachen. „Sie versucht den Auspuff zu reparieren,

Weitere Kostenlose Bücher