Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
gezogen hatte, nur in ihrer Fantasie existierte. In Wirklichkeit gab es keine Grenze. Die beiden Seelen waren eins.
    Erneut hämmerte Nicholas das Gesicht seines Opfers auf den Boden. Wieder und wieder. Knirschend brachen weitere Knochen. Blutrinnsale liefen aus Nase und Mund des Killers, bahnten sich karmesinrote Wege über das helle Holz. Nicholas ließ seine Wut zügellos heraus und schlug blind auf den Mann ein. Er sprach nicht länger, er grollte wortlos und wild. So sehr sie seinen Zorn verstand, die Euphorie, mit der er den längst wehrlosen Menschen folterte, machte ihr Angst. Mehr noch, es stieß sie ab und erschütterte sie. Wäre es ihr gelungen, so hätte sie sich abgewandt. Sie hörte sich flüstern. „Hör auf. Hör endlich auf. Es ist genug.“
    Doch Nicholas beachtete sie nicht, wahrscheinlich hörte er sie nicht. Ganz sicher hatte er noch lange nicht genug.
    „Mann, es reicht!“
    Der Ilyan trat näher. Nicholas versetzte ihm einen Stoß, ohne den Blick von seinem Opfer zu lösen.
    „Nick!“, brüllte der Racheengel. „Der Typ kann dir nichts sagen, man hat es ihm verboten. Reg dich ab und leg ihn um.“
    Er neigte den Kopf in Joanas Richtung und Nicholas sah auf. In seinem Gesicht verschwamm die Lust am Töten zu einem Ausdruck von Besorgnis. Stück für Stück, wie die Farben in einem Kaleidoskop verliefen und dabei absonderliche Muster bildeten, die es eigentlich nicht geben konnte. Der Boden schwankte unter Joana. Nicholas stand auf, schoss dem Mann in den Kopf, ohne auch nur hinzuschauen. Blut und Hirnwasser spritzten gegen seine Hose und bis an Joanas nackte Füße. Er kam auf sie zu, während ihr Sichtfeld sichum ihn herum verdunkelte. Die Schwärze rahmte ihn ein und wurde dichter. Als er den Revolver beiseitewarf und die blutverschmierte Hand nach ihr ausstreckte, spürte sie ihre Knie nachgeben. Er fing sie auf und presste sie an seine Brust, hielt sie fest und strich ihr übers Haar. Etwas Feuchtes klebte ihr die Locken an den Kopf. Sein Hemd roch bitter nach Schweiß, Blut und Schmauch. All das nahm ihr den Atem und es wurde dunkel.

    Joana war nicht ernsthaft verletzt, das spürte Nicholas. Doch als nach wenigen Sekunden der Ohnmacht ihre Lider wieder flatterten und ein erschöpftes Stöhnen über ihre Lippen kam, schlug ihm die Erleichterung regelrecht ins Gesicht.
    „Hey Jo, was machst du denn?“ Er zwang sich zu einem Lächeln. „Musst du mich so erschrecken?“
    „Tut mir leid.“
    Ihre Stimme blieb tonlos. Die sie umgebende Aura aus Angst und Abscheu blendete seine Sinne. Er hob sie hoch und trug sie nach unten. Sie protestierte nicht, was ihn erschreckte, wusste er doch, wie sehr sie schwache Momente hasste. Doch nun ließ sie es ohne verschämte Kommentare geschehen. Seine Hüfte brannte, er ignorierte es. Der Typ, der ihn mit einem Streifschuss erwischt hatte, lag tot auf den unteren Treppenstufen, Nicholas’ leergeschossene Glock daneben. Er stieß sie mit dem Fuß beiseite.
    Im Wohnzimmer legte er Joana auf der Couch ab, dem einzigen Möbelstück, das noch an seinem Platz stand. Er zog eine Wolldecke über ihre Beine und strich ihr über die Wange. Sie zuckte unter seiner Berührung zurück. Für einen Moment schmerzte das mehr als die Schussverletzung. Dann registrierte er, dass seine Hände mit Blut besudelt waren, das wenigste davon sein eigenes.
    „Ich bin gleich zurück.“
    In der Küche wusch er seine Hände und tränkte ein Tuch mit warmem Wasser. Aus dem Radio dudelte Musik, ein langweiliger Popsong, der niemandem etwas getan hatte. Nervtötend. Statt das Gerät abzuschalten, fegte er es von der Fensterbank und es verstummte.
    Der Dämon grollte immer noch voller Gier in seinem Körper. Ihn zu beherrschen fiel schwer. Zu allem Überfluss war im Eisfach kein Coolpack zu finden, sondern nur eine Tüte tiefgefrorener Erbsen. Die mussten reichen. Ihm klingelte noch der Ellbogen von den Rückschlägen der beiden Schüsse aus der S & W. Joana hatte die Wucht vermutlich das Handgelenk gestaucht oder gar die Finger gebrochen. Allein der Gedanke reichte aus, um den Wunsch anzufeuern, dem toten Kerlen ein weiteres Mal mitten ins Gesicht zu schießen.
    Stattdessen ging er zurück ins Wohnzimmer, wo Joana aufgerichtet auf der Couch kauerte. Die Decke hatte sie um ihre Schultern gewickelt. Der Ilyan kniete vor ihr und hielt ihre Hand zwischen seinen. Nicholas spannte die Fäuste an, Hitze schoss in seinen Kopf. Er kühlt nur ihre Finger, redete er sich ein. Es half nicht

Weitere Kostenlose Bücher