Nybbas Nächte
Ihre Fuchsrotte könne zu stark wachsen und Ihre Interessen seien nicht allein auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet. Sie waren ehrlich zu mir, Demjan, daher will auch ich nicht lügen. Sie stehen unter Beobachtung scharfer und gefährlicher Augen.“
Nicholas registrierte den Schatten von Besorgnis im Blick des anderen. Indem er Choskeih glauben ließ, ihn im Auftrag eines mächtigen Dämons unter die Lupe zu nehmen, begab er sich auf dünnes Eis. Doch was machte das Leben aus, wenn nicht aufregendes Knistern unter den Füßen?
„Sie sind ein Spion?“, fragte Demjan Choskeih gefährlich leise.
Nicholas trank einen Schluck Wein. „Kein guter, wie Sie sehen. Ich werde bezahlt, in der Tat, und das großzügig, will ich meinen. Doch was ich sehe, und woran ich mich später für das Protokoll erinnere, sind zwei Paar Schuhe. Ich will ebenso wenig Ärger wie Sie, Demjan. Daher schlage ich vor, wir spielen gemeinsam unsere kleine Posse. Sie verraten mich nicht und ich sehe offiziell nichts anderes als einen verrotteten Bau, in dem ein paar verlauste Füchse hausen. Genau das will mein Auftraggeber sehen, wir bekommen also alle, was wir wollen. Ist das ein Angebot?“
Die Züge des Russen hatten sich langsam wieder entspannt, nun schlich sich wieder der Ansatz von Selbstzufriedenheit in sein Gesicht. „Ein gutes. Mein Freund.“
10
„D
ann hältst du ihn für ungefährlich?“
Nicholas lachte über Joanas Frage und klappte das Notebook zu. Im Internet hatte er nachgeprüft, ob Demjan Choskeih die Wahrheit bezüglich seiner Firma gesagt hatte. Offenbar war dies der Fall.
„Ich sagte, er sei friedliebend. Kein Wort davon, er wäre ungefährlich.“
„Ich weiß nicht, wie das bei euch ist“, meinte Joana, setzte sich aufs Bett und zog die Beine an den Körper, „aber friedliebende und ehrliche Menschen sind in der Regel harmlos.“
„Mitnichten.“ Sein Lächeln war nachsichtig, als hätte sie soeben etwas sehr Dummes gesagt. „Wer den Frieden liebt, ist zu allem bereit, um ihn zu verteidigen, und damit keineswegs ungefährlich. Es kommt nur darauf an, auf der richtigen Seite zu sein.“
„Ist er denn auf unserer Seite?“
„Er ist auf seiner eigenen Seite und hofft, dass ich es auch bin. Mir geht es ähnlich und nun schleichen wir umeinander herum und hoffen“, er zuckte mit den Schultern, „dass unsere Seiten sich nicht gegenüberstehen.“
„Es wäre gut zu wissen, wer er genau ist, Nicholas.“
„Durchaus.“
„Aber du hast ihn nicht gefragt.“
Er seufzte. „Jo, es gibt Dinge, die fragt man einfach nicht. Unhöflichkeiten sind eine Sache, aber grob beleidigen werde ich einen Dämon nicht, solange ich in seiner Festung bin und nicht mit den Füßen zuerst und einem Zettelchen am Zeh wieder raus möchte.“
„Gut so“, beeilte sich Joana zu sagen. Er war immer so leichtsinnig. Zu hören, dass er dennoch Vorsicht walten ließ, beruhigte sie. „Vielleicht kann ich dir helfen. Rut besitzt umfangreiche Aufzeichnungen über Dämonen. Mit deinen Informationen finde ich möglicherweise etwas heraus. Allerdings will ich beim nächsten Mal mitkommen. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass du einfach da reinspaziert bist.“
Das war eine grobe Untertreibung. Als sie das Hotelzimmer leer vorgefunden hatte, war ihr erster Plan gewesen, ihm eine saftige Szene hinzulegen. Allerdings wusste sie zu gut, dass man Nicholas damit nicht beeindrucken und erst recht nicht beeinflussen konnte.
Nicholas verengte die Augen, sodass er verärgert ausgesehen hätte, wäre nicht das Amüsement in seinen Mundwinkeln sichtbar.
„Wer bist du, Joana? Meine Babysitterin?“
Sie setzte sich rittlings auf seinen Schoß, schmiegte sich an seine Brust und schnurrte: „Deine Leibwächterin, Baby.“
„Die viel zu viel Kleidung am Leib trägt“, raunte er zurück und öffnete einen Knopf ihres wollenen Cardigans. „Aber um diesen Makel werde ich mich höchstpersönlich kümmern. Erzähl mir nur erst, wie dein Training lief.“
Joana unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte gehofft, er würde nicht fragen. Natürlich tat er es trotzdem, auch wenn er sich bereits an den nächsten Knopf ihrer Strickjacke machte.
„Jo, Schnellversion bitte.“
Sie stieß die Luft aus, raufte sich das Haar. „Rut ist wirklich nett, aber auch nervig“, sagte sie, unfähig, ihre eigene Unzulänglichkeit zu erwähnen. „Sobald jemand am Haus vorbeigeht, hängt sie mit der Nase hinter den Gardinen und späht nach draußen. Wenn die
Weitere Kostenlose Bücher