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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Nachbarn von der Arbeit kommen, rennt sie jedes Mal hinaus, weil angeblich der Hund pinkeln muss. Der allerdings hat überhaupt keine Lust, das Haus zu verlassen. Sie ist schrecklich neugierig und schmollt, weil ich nicht mein gesamtes Leben vor ihr ausbreite wie eine Boulevardzeitschrift.“
    Nicholas öffnete den letzten Knopf ihrer Strickjacke. Grinsend ließ er sich auf einen Ellbogen zurücksinken.
    „Was ist mit der Blutsaugerin. Starrt sie dich auf zweideutige Weise an?“
    Die Art, wie er seine Fingerspitzen über ihre Kehle und ihr Dekolleté Richtung Herz wandern ließ, hatte eindeutig etwas Zweideutiges.
    „Sunna ist in Ordnung. Wirklich, sie ist sehr lieb und hat sich auf ihre Art mehrmals bei mir entschuldigt wegen der Messerattacke. Sie hofft, dass du ihr das nicht länger übel nimmst. Aber irgendwie …“ Sie schüttelte den Kopf, nicht sicher, wie sie ihren Eindruck erklären sollte.
    „Macht sie dir Angst? Ich kann morgen bei dir bleiben.“
    „Nein, sie macht mir keine Angst. Mich irritiert das innige Verhältnis zwischen ihr und Rut.“
    Nicholas fuhr ihre Lippen mit den Fingerspitzen nach und weckte ein heißes Kribbeln unter der berührten Haut.
    „Ein inniges Verhältnis zu einem Dämon, soso.“ Seine Stimme klang träge, tief und unglaublich sexy. „Das ist wahrlich widerlich, Jo.“
    Es gelang ihm, sie zum Lächeln zu bringen, aber nicht, ihre Bedenken zu zerstreuen. „Es ist schwer zu erklären, aber sie verhalten sich seltsam. Als wäre Rut Sunnas Mutter. Dass Rut in diese Rolle schlüpft, kann ich noch nachvollziehen. Sie hat keine leiblichen Kinder. Aber Sunna spielt das Ganze authentisch mit. Sie ist sogar zickig wie ein Teenager. Und …“, Joana stockte, „ich habe Fotos gesehen, mit Jahreszahlen versehen. Ich kann nicht beschwören, dass sie immer Sunna zeigten, aber ich vermute es. Nicholas – sie wird nie erwachsen. Sie ist immer im Körper eines jugendlichen Mädchens, manchmal sogar eines Kindes. Am Türrahmen sind Markierungen, die ihr Wachstum anzeigen. Sie ist wie eine lebendige Puppe.“ Ein Schauder rieselte ihre Wirbelsäule hinab.
    „Sie ängstigt dich doch“, stellte Nicholas prosaisch fest.
    „Es ist mehr eine Art Gruselgefühl.“ Joana versuchte es abzuschütteln, aber es gelang ihr nicht. Nicholas war wohl der Letzte, mit dem sie über diese Bedenken reden sollte, aber im Stillen fragte sie sich, woher Sunna die Körper der jungen Mädchen nahm.
    „Du musst das nicht gutheißen.“ Sein Blick, der tief in ihre Gedanken einzudringen schien, machte ihr klar, dass er nicht mehr über Sunna sprach. Manchmal vergaß sie, dass auch er unschuldiges Blut an den Händen hatte. Viel Blut. „Du solltest nur lernen, es zu akzeptieren.“
    „Das sagt sich leicht.“
    Er ließ den Kopf in den Nacken fallen, lächelte gequält. „Ich kann mir vorstellen, wie schwer es dir fällt, aber es ist unumgänglich, dass du es tust. Anderenfalls“, er hob den Kopf wieder an und musterte sie, „musst du eine konsequente Entscheidung treffen, dieser Welt den Rücken kehren und deiner Bestimmung nachgehen. Uns jagen und aufhalten. Vielleicht sollte ich dich drängen, dies zu tun, aber das will nicht. Noch weniger will ich zusehen, wie dich dein Konflikt kaputtmacht, Jo.“ Eine Hand an ihr Gesicht gelegt, strich er ihr liebevoll aber kräftig mit dem Daumen über Augenbraue, Schläfe und Wangenknochen. „Deine Gewissensbisse nagen an dir. Du bist stark, aber sie werden dich auffressen, wenn du nicht akzeptieren kannst, dass auch jene ein Anrecht auf ihre Existenz haben, die sich nicht menschlicher Moral unterwerfen.“
    Seine Worte klangen absurd. Wie sollte man kaltherzig hinnehmen, dass ein Dämon Kinder tötet, um ihre Körper zu rauben? Noch viel schmerzhafter jedoch war die Tatsache, dass er recht hatte. So unmöglich es schien, aber wenn sie keine Clerica werden und diese Geschöpfe aufhalten wollte, musste sie akzeptieren, dass all dies geschah. Sie hatte nicht das Recht, darüber zu urteilen, solange sie nicht alles in ihrer Macht stehende tat, um es zu verhindern. Ebendies hätte bedeutet, Nicholas zu verlassen. Doch wenn alles andere zu wanken schien, eine Sache war unumstößlich: Sie liebte ihn, egal was er war und egal was sie war. All die ambivalenten Gefühle der vergangenen Tage hatten sie in dieser Hinsicht sicherer gemacht als sie je zuvor gewesen war. Die tief versteckte Bosheit war nur ein kleiner Teil von ihm, ein einziges Fragment von Milliarden im

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