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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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fassungslos wie eingeschüchtert wartete er mehrere Sekunden ab, bevor er sich wagte, sie aufs Schärfste zu beschimpfen. Er setzte dazu an, das Handy an die Wand zu werfen, doch dann hielt er das für eine blöde Idee, rief stattdessen die Auskunft an und ließ sich mit dem Flughafen verbinden, um zu buchen.
    Dass er Nick verriet, bedeutete nicht, dass er ihn im Stich ließ.

    Nicholas war überzeugt, am richtigen Kilometerstein von der vierspurigen Straße in einen schmalen Schotterweg abgebogen zu sein. Den See Kleifarvatn, der sich zwischen Grashügeln und kilometerweit ins Land reichenden Ebenen aus schartigem Lavagestein versteckte, hatte er auch rasch gefunden. Doch wo er in dessen Nähe eine Brutstätte von Fuchsdämonen ausmachen sollte, blieb ein Rätsel. Die Gegend war unbewohnt. Einige der höheren Berge in der Umgebung waren dünn mit Schnee bestäubt, er hatte Skilifte wahrgenommen, doch diese waren noch nicht in Betrieb. Seit er an einer heißen Quelle vorbeigefahren war, in der ein paar Menschen badeten, hatte er niemanden gesehen. Es war Nachmittag und bläuliche Dämmerung senkte sich über das Land und tauchte alles in ein unwirkliches Zwielicht. Der See wirkte wie aus Quecksilber und reflektierte den graublauen Himmel. Um ihn herum schimmerte der Kies silbrig, und die Lavawüste erweckte den Anschein, als funkelte zwischen dem Anthrazit und Schwarz Edelgestein wie Aquamarin, Azurit oder Lapislazuli hervor.
    Nicholas sah zum wiederholten Male auf die Uhr und fragte sich, wie lange er Joana allein lassen konnte. Er war zuvor um das Haus der alten Clerica spaziert, um nach dem Rechten zu sehen. Nachdem Joanas Gefühle entspannt geblieben waren, hatte er beschlossen, dem von Rut in eine Karte eingezeichneten Gebiet südlich von Reykjavik einen ersten Besuch abzustatten und nach dem Fuchsbau zu suchen. Jetzt gratulierte er sich, Joana zur Erkundung nicht mitgenommen zu haben. Sie wäre vom Anblick dieser im Dämmerlicht versinkenden Natur sicher so gefangen genommen, dass er alle paar Meter hätte anhalten müssen, damit sie die Landschaft bewundern könnte. Vor lauter Staunen wäre ihr sicher auch der steinige Pfad entgangen, den Nicholas nun entdeckte. Kaum mehr als vage Reifenabdrücke, von schmalen Gefährten verursacht, keinesfalls PKWs. Er tippte auf Quads und Motorräder, und zwar mehrere.
    Erstaunt bemerkte er, dass die Spuren direkt auf eine meterhohe Steilwand zuführten. Das nannte er gut versteckt, denn von einem Steinbrocken verdeckt, führte ein Stollen in den Berg, den man erst wahrnahm, wenn man unmittelbar davorstand. Für den Wagen war der Durchgang zu eng, doch die schmalen Spurrillen folgten dem Weg, so tat Nicholas es ebenfalls, wenn auch zu Fuß.
    Er hatte eine primitive Höhle erwartet, doch nachdem der von seinem Handydisplay schwach beleuchtete Stollen sich in einer engen Kurve ein Stück in den Berg wand, klappte ihm beinahe der Mund auf, denn mit einem Mal gingen zu beiden Seiten Lichter an. Mit einem Griff an die Hüfte, wo die 10-mm-Glock im Hosenbund steckte, drehte er sich um die eigene Achse. Noch war er allein, offenbar waren die ins Gestein eingearbeiteten Spots durch einen Bewegungsmelder eingeschaltet worden. Der Höhlenboden war nicht nur sauber gefegt, sondern auf einen matten Glanz poliert. Geradeaus verhinderte eine massive, mit kyrillischen Symbolen verzierte Stahltür das Weitergehen.
    „Aber hallo“, murmelte Nicholas, trat ohne ein Zögern auf die Tür zu und klopfte kräftig mit der Faust. Es wurde sofort geöffnet, ganz so, als hätte man auf ihn gewartet. Ein drahtiger Mann mit struppigem Haar, spitzem Gesicht und großen, aber misstrauisch verkniffenen Augen lugte durch den Spalt. Nicholas’ erste Assoziation war: Fuchs.
    „Hast du’s also doch noch gefunden“, knurrte der Kerl.
    Zu Nicholas’ Überraschung sprach er akzentfreies Deutsch und legte in einer ruckartigen Bewegung den Kopf schief. Nicholas verschränkte die Arme vor der Brust und sah kritisch auf den kleineren Mann hinab.
    „Ich werde erwartet?“
    „Ja sicher. Mein Herr lässt dich hereinbitten, Nybbas.“
    Sein Blick glitt mit Genauigkeit zu der Stelle an Nicholas’ Hüfte, an der er die Waffe unter seiner Kleidung versteckte. Dennoch nickte er knapp und stieß die schwere Tür mit erstaunlicher Kraft auf, sodass sie hartgegen die Wand prallte.
    „Immer rein in die gute Stube. Behalt deine Waffen, wenn du willst, aber lass sie, wo sie sind. Du hast nichts zu befürchten, solange

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