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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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du dich friedlich verhältst.“ Ein wölfisches Grinsen umspielte seine Mundwinkel. „Greif uns an, und du findest deine Eingeweide als Schmuck um deinen Hals wieder. Wir haben uns doch verstanden.“
    Er hatte keine Frage formuliert, daher sparte sich Nicholas die Antwort. Die dreiste Ehrlichkeit des Kerlchens war fast sympathisch. Er zögerte nicht, ihm in den Berg zu folgen, allerdings beglückwünschte er sich ein weiteres Mal, ohne Joana hergekommen zu sein. Es war womöglich nicht ganz risikofrei, diesen Bau zu betreten, aber das kümmerte ihn nicht. Für den Augenblick war er zu interessiert an der ganzen Sache.
    Gleich nach dem Tor zweigte ein Gang scharf nach links ab und mündete nach wenigen Metern in einer Garage. Nicholas erkannte Motorräder und Quads, wie er vermutet hatte. Der seltsame kleine Mann wies ihn jedoch an, geradeaus zu gehen. In raschen, geschmeidigen Bewegungen eilte er voraus. Der Tunnel, der Nicholas tiefer in den Berg führte, war von angenehm warmem Licht erhellt, verursacht von in das Gestein eingelassenen Spots an den Wänden, Decken und im Fußboden. Die Wände waren glatt abgeschliffen und poliert, wirkten wie aus Marmor. Fresken, die Wälder, Berge und das Meer zeigten, zierten die Decken. Er hatte ein Erdloch erwartet, stattdessen erinnerte ihn alles an einen unterirdischen Palast. Überall zweigten Türen aus dunklem, geöltem Holz ab sowie weitere Gänge und in denen standen eng an den Wänden Grüppchen von tuschelnden Personen, die wie Nicholas’ Führer nur Halbdämonen sein konnten. Mit ihren zierlichen Körpern und den runden, scheuen Augen in den spitzen Gesichtern ähnelten sie klugen Füchsen. Erstaunlicherweise konnte er ihre Emotionen spüren, als wären sie Menschen. Sie waren unruhig, ängstlich oder misstrauisch; im besten Falle neugierig, wie der junge Mann, der ihn führte und nun an eine der vielen Türen klopfte. Auf das gedämpfte „Herein“ öffnete er, blieb jedoch im Gang stehen. Er winkte Nicholas an sich vorbei und griff in der gleichen Bewegung in die Tasche seiner Lederweste, aus der er ein Kartenspiel hervorzog, das er zu mischen begann.
    Nicholas betrat ein weiträumiges, aber spärlich eingerichtetes Büro. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und er war allein mit einem breitschultrigen blonden Mann, der hinter einem breiten Schreibtisch saß und ihn mit sichtlichem Interesse musterte. Überraschung. Dieser Kerl war eindeutig ein reinblütiger Dämon, ein alter noch dazu.
    „Bitte, setzen Sie sich“, forderte er Nicholas unumwunden auf. Seine Stimme war freundlich, klang durch einen starken, russischen Akzent zugleich herrisch. Jedes Wort rollte volltönend durch seine Kehle, als wollte er den ganzen Berg mit seinen Anweisungen füllen. „Es geschieht nicht oft, dass wir Besuch erhalten, ich brenne darauf, den Grund zu erfahren.“
    Nicholas setzte sich in den ihm zugewiesenen Ledersessel. Die den Worten mitklingende Warnung war ihm nicht entgangen. Es war besser für ihn, wenn ein Grund existierte. Ein möglichst glaubwürdiger. Doch der Russe sollte nicht glauben, ihn verunsichern zu können. Daher stellte Nicholas sich zunächst in Seelenruhe mit Namen vor, legte einen Fußknöchel über den Oberschenkel und einen Ellbogen bequem auf die Sessellehne, als wäre er in diesem Büro zu Hause.
    „Verzeihen Sie mir.“ Sein Gegenüber lachte breit und zog zwei Gläser und eine bereitgestellte Flasche Rotwein heran. „Mein Name ist Demjan Choskeih, ich nenne mich den Statthalter dieser Siedlung.“
    „Und was verschlägt Sie nach Island, Demjan Choskeih?“ Nicholas lehnte sich vor wie ein interessierter Journalist und zog ein Päckchen Zigaretten sowie sein Zippo aus der Tasche seiner Lederjacke.
    Choskeihs Lider zuckten, ein Hauch von Verärgerung streifte seine Züge, doch er setzte sogleich wieder sein höfliches Lächeln auf und schenkte beide Gläser voll. „Eine gute Frage, die ich auch Ihnen zu stellen gedenke. Aber ich habe keinen Grund für Geheimnisse. Ich lebe seit guten drei Jahrzehnten hier und gebe den armen Verstoßenen eine Heimat, Arbeit und ein sicheres Leben.“
    Ein Wohltäter, fantastisch. Nicholas zündete sich eine Zigarette an und hielt dem Russen das Päckchen hin.
    „Nein, danke. Doch rauchen Sie ruhig, das Belüftungssystem dieser Anlage ist mein größter Stolz. Es arbeitet äußerst effizient.“
    Nicholas ging nicht weiter darauf ein. „Was meinen Sie mit Verstoßenen? Halbdämonen?“
    „Fuchsgeister,

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