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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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ihm?“
    „Telefonieren.“ Mist, nun schoss ihr noch mehr dieser verräterischen Röte in den Kopf. Sie ignorierte es. „Ich habe mit angehört, dass ihr hier über Telefonverbindungen verfügt, die sich nicht zurückverfolgen lassen, und wollte fragen, ob ich diese für ein Gespräch nutzen darf.“
    Demjan sah an ihr herab, sein Blick verharrte auf ihren nackten Füßen. Für einen Moment wirkte er aufschockierte Weise skeptisch. „Brauchst du Hilfe, Joana? Habe ich mich geirrt, als ich sagte, du wärst freiwillig an seiner Seite?“
    Sie brauchte einen Moment, ehe sie verstand, was er meinte. Es musste schon eindeutig klingen, wenn sie jetzt, als Nicholas fort war, unbedingt ein sicheres Telefonat führen wollte. „Nein, keine Sorge, so ist es nicht. Ich würde nur gerne die Möglichkeit nutzen, um meine Tante wissen zu lassen, dass es mir gut geht.“ Hinter einem unschuldigen Lächeln versteckte sie die prekäre Wahrheit, dass es sich bei dieser Tante nicht nur um eine Clerica handelte, sondern dass Joana von dieser gejagt wurde. „Wäre das möglich?“
    Demjan nickte. „Selbstverständlich.“
    Er führte sie gefühlte Kilometer weit die Gänge entlang und öffnete schließlich eine Sicherheitstür, indem er einen Code in ein Tastenfeld tippte. Ein leerer, enger Korridor gähnte ihnen entgegen, an dessen Ende eine weitere Tür wartete, die Demjan erneut durch die Eingabe eines Codes zur Seite aufgleiten ließ. Ein junger Mann im Unterhemd saß vor einer Reihe von Monitoren und sah irritiert auf. Demjan schickte ihn mit wenigen Worten davon und schloss die Tür. Auf engem Raum mit ihm eingesperrt fühlte Joana eine unangenehme Beklemmung ihre Rippen emporklettern und gegen ihren Brustkorb drücken. Sie war ihm dankbar, dass er sich ohne weitere Worte auf dem Bürostuhl niederließ und auf eine Tastatur einhackte. Wenig später tutete eines von mehreren völlig identisch aussehenden Telefonen, die im hinteren Bereich der kleinen Kammer akkurat wie Zinnsoldaten nebeneinander angeordnet waren. Er nahm den Hörer ab, der mit einer altmodischen Schnur mit dem Apparat verbunden war, und reichte ihn ihr.
    „Du kannst nun einfach die Telefonnummer wählen. Diese Leitung ist nicht zurückzuverfolgen und noch weniger abhörbar.“
    „Danke.“ Sie hielt den Hörer mit beiden Händen umklammert und wartete, bis er sie allein ließ, was er erst nach schier endlosem Zögern tat.
    „Ich muss dich bitten, kein Wort über diese Anlage oder deinen Aufenthaltsort zu verlieren.“
    „Selbstverständlich“, antwortete sie rasch. Sie hatte weiß Gott Besseres vor, als ihre Tante auf ihre Spur zu locken. „Du kannst mir in der Hinsicht vertrauen. Ich würde mich selbst verraten.“
    Mit einem nicht ganz zufriedengestellten „Gut“ verließ er den Raum. Die Schiebetür schloss sich hinter ihm, und Joana brauchte einen Moment, um genug Mut zu sammeln. Ob es an dem nachlassenden Schrecken lag oder an der Angst vor dem Telefonat, war ihr unklar, doch plötzlich schwindelte ihr. Vor ihren Augen wurde es dunkel, und in der Schwärze schienen kleine, helle Blasen zu platzen. Es rauschte in ihren Ohren, als verlöre sie gleich das Bewusstsein. Der Telefonhörer fiel zu Boden. Mit tauben Händen tastete sie nach dem Drehstuhl hinter sich und ließ sich kraftlos hineinfallen. Sie fluchte still. Dann blieb ihre Gedankenwelt für einen Moment undefinierbarer Länge stehen. Sie legte die Stirn auf die Knie und der Aussetzer fand ein Ende. Ihre Sicht wurde wieder klar und bis auf ein mehr als unangenehmes Gefühl blieben keine Nachwirkungen zurück. Sie stand auf und ging ein paar Schritte in dem engen Raum auf und ab. Der Kreislauf blieb stabil. Gut. Ihr Magen knurrte vernehmlich und sie musste beinahe lachen. Mit dem Geräusch hätte sie die Füchse sicher verjagt. So wie sie ihren Körper vernachlässigte, war es kein Wunder, dass er ihr ab und an unzufriedene Signale gab. Schließlich hatte sie seit dem Morgen nichts gegessen außer ein paar Weingummis im Auto. Da konnte einem schon mal flau werden. Am besten war es, sie brachte diesen Anruf hinter sich und organisierte sich dann schnellstens etwas zu essen.
    Sie hob den Hörer auf, setzte sich zurück in den Drehstuhl und wählte erst die Vorwahl für Deutschland und dann Agnes’ Telefonnummer.

12
    J
oana verließ die Kommandozentrale mit einem Kloß im Hals und brennenden Augen. Kaum dass die zweite Schiebetür zur Seite glitt, fand sie sich in Nicholas’ eisigem Blick

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