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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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laufenmusste, um nicht zurückzubleiben. Er würdigte sie keines Blickes, zischte nur eine einzige Bemerkung in ihre Richtung. „Ich wusste nicht, dass Bronzefiguren Geiferflecken hinterlassen, wenn man an ihnen hängen bleibt.“
    Das Essen hätte gut geschmeckt, der Wein noch besser, wenn Joana in der Lage gewesen wäre, darauf zu achten. Stattdessen stocherte sie in den Klößen herum und ordnete das Ragout zu Mustern an. Auf den runden Deckenfenstern lag inzwischen eine Schneeschicht und ließ nur erahnen, dass es völlig dunkel draußen war. Nicholas redete wenig, aber zu viel, um ihn zu fragen, was nicht in Ordnung war. Was eine unnötige Frage gewesen wäre, da sie es selbst wusste. Doch wie sonst sollte man ein Gespräch beginnen, nachdem man einen Fehler gemacht hatte, den man nicht bereuen und noch weniger entschuldigen konnte?
    Es brauchte zwei Gläser Wein, das zweite zu hastig hinuntergestürzt, bis sie zu reden begann. Ob er zuhören wollte, tat nichts zur Sache. „Sie hat es mit Verständnis versucht“, erzählte sie, sich dabei eine Haarsträhne um den Finger wickelnd, so wie Nicholas es immer bei ihr tat. „Tante Agnes, meine ich. Sie sieht mich als Opfer. Ihrer Meinung nach lügst du mir etwas vor, um meine Kräfte zu deinen Zwecken zu nutzen.“
    Nicholas legte seine Gabel zur Seite und sah sie nachdenklich an. „Wow.“ Wie um Worte verlegen, schüttelte er langsam den Kopf. „Welch grandiose Idee. Das ist toll, so innovativ. Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen?“
    Er spielte die Ahnungslosigkeit brillant, aber Joana war nicht nach Lachen zumute. Es könnte die Wahrheit sein. Er war es, der darauf bestand, dass sie zur Clerica ausgebildet wurde. Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht dein Plan.“
    „Woher willst du das wissen?“
    Gute Frage. „Ich bilde mir ein, dich zu kennen. Irre ich mich?“
    Nicholas studierte sein Dessert, als stünde eine Erklärung darin. Seine nächste Frage kam ohne jeden Zusammenhang. „Was hältst du von Demjan?“
    „Ich weiß nicht recht“, antwortete Joana wahrheitsgemäß. „Ein undurchsichtiger Typ. Aber in gewisser Weise … ritterlich.“
    „Ritterlich?“ Nicholas betonte das Wort, als handelte es sich um Eiscreme mit Autoreifen-Geschmack.
    Grinsend erwiderte Joana: „Ja, ritterlich. So steif eben, als würde er in einer Eisenrüstung stecken.“
    Er nickte grübelnd. „Dann bin ich also nicht ritterlich.“
    „Nee. In keiner Weise.“
    „Hm, und Demjan ist ritterlich und steif genug, dass du dich allein mit ihm in eine Kammer zurückziehst?“
    Wie bitte? Beinahe hätte Joana sich verschluckt. Aber natürlich. Er hatte vom Flur aus nicht erkennen können, dass hinter der ersten Tür nur ein Korridor lag, und sie demnach nicht alleine mit Demjan in der Kommandozentrale gewesen war. Rasch wollte sie es ihm erklären, da fragte er schon weiter.
    „Warum wirst du rot?“
    „Ich werde nicht …“ Spätestens jetzt wurde sie es wirklich. Shit.
    Nicholas erhob sich, trat um den Tisch und schob ihren Teller beiseite, um sich auf die Tischkante zu setzen. „Mir gefällt nicht, wie er dich ansieht. Wenn du redest, dann fährt er sich mit der Zunge über die Zähne, als würde er sich vorstellen, wie dein Mund von innen schmeckt.“
    Joana lag ein ‚du spinnst!’ auf den Lippen, aber sie verkniff es sich. „Bist du eifersüchtig?“
    „Nein, nur nicht bereit zu teilen.“
    Sie fragte sich, wo der Unterschied lag, und beschloss, dass es keinen gab. Seine Worte verärgerten sie; mehr noch, sie beschämten sie und riefen Trotz wach. „Nun, ich muss gestehen, dass mir sein höflicher Charme nicht unangenehm ist. Du könntest dir an diesen geschliffenen Umgangsformen ein Beispiel nehmen.“
    „Ich halte lieber gänzlich den Mund, so wie Sunna, ehe ich mir bei dieser Gesäßvioline etwas abschaue“, gab Nicholas trocken zurück und ärgerte Joana damit über alle Maßen.
    „Dir wäre ein weiteres Intermezzo mit einem Wurfmesser vermutlich lieber, statt zuzusehen, wie jemand mir gegenüber freundlich ist.“
    Nicholas antwortete mit einem vollkommen selbstverständlichen „In der Tat.“ Dann seufzte er und legte beide Hände auf die Oberschenkel, als hätte ihn die Kraft verlassen. „Ich benehme mich wie die Axt im Walde, kann das sein?“
    „Ach, weißt du … eigentlich … Ja.“
    Er lachte nicht, er tat nicht einmal so. „Das sollte mir leidtun. Die Einsicht ist vorhanden, aber das Gefühl will sich nicht einstellen. Dabei

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