Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
Ahnung, dass Elias Joana mochte. Sonst wäre er kaum hier.
„Du musst sie wegbringen.“
Joana hob den Kopf und starrte ihn aus großen Rehaugen an. „Ich geh nicht ohne dich!“
„Doch“, flüsterte er. „Sie suchen nach dir, sie werden dich töten, wenn sie dich in die Hände kriegen. Du musst verschwinden. Nimm meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und meine Geldbörse. Heb alles Geld sofort von meinem Konto ab und flieh. Weit weg, Jo. Sie dürfen dich nicht finden. Fahr immer weiter!“
„Ich werde nicht ohne dich gehen.“
„Zur Hölle, Joana!“ Seine Stimme wurde zu einem drohenden Fauchen. Es brannte in seiner trockenen Kehle. Und in seinem Herzen, da Joana zusammenzuckte und vor dem unmenschlichen Klang zurückschreckte, wenn auch nur für eine Sekunde. „Jo, bitte. Tu mir das nicht an. Ich will nicht mit ansehen müssen, wie sie dich …“ Ein gutturales Geräusch nahm ihm die Worte. Er schluckte hart gegen die aufsteigende Panik, die ihn so anwiderte und ihm die Stimme versagen ließ. „Bitte, geh endlich!“
Joana schloss die zitternden Finger um seinen Nacken. „Kann ich nicht. Ich hab heute zu viel durchgemacht, um ohne dich gehen zu können. Himmel nochmal, ich brauche dich. Ich lass dich doch jetzt nicht hängen.“
Er grinste bitter über ihre auf ironische Weise so treffende Wortwahl und entgegnete nichts weiter. Heftiger Widerspruch überzog seine Zunge mit einem öligen Film. Doch er wusste zu gut, dass keine Sprache der Welt die Worte hatte, die nötig waren, um sie von ihrer Überzeugung abzubringen. Sie war fest entschlossen und jeder Streit wäre umsonst gewesen.
„Elias?“, fragte er leise. „Die Kette. Ist da was zu machen? Mit deinem Schwert?“
Der Junge presste die Lippen zu einer dünnen, blassen Linie zusammen, dann schüttelte er den Kopf. „Sorry, die schaff ich nicht. Dämonensicher. Da ist Diamant im Metall.“
„Edel“, seufzte Nicholas. Eine Möglichkeit hatte er noch. „Wie sagt man? Die Kette reißt an ihrem schwächsten Glied? Das wäre dann wohl mein Arm. Jo, dreh dich um, es wird hässlich.“
„Was?“ Joana keuchte und klammerte sich an ihm fest.
Elias winkte mit beiden Händen ab. „Vergiss es, Nick.“
Nicholas biss die Zähne so fest zusammen, dass sie knirschten. „Mach schon! Wenn sie stur sein will, wird sie mich in Stücken raus schleppen müssen.“
„Das wird nichts, Mann. Ich kann jetzt nicht aus meiner Haut. Mal abgesehen von den Clerica würden die anderen es sofort spüren und herkommen, Alex als erster. Wie soll ich dich rechtzeitig hier raus schaffen? Und wo willst du hin? Eine Blutspur zum nächsten Krankenhaus ziehen?“
„Der Schmerz könnte trotz der Droge ausreichend Adrenalin freisetzen“, widersprach Nicholas. Er könnte es womöglich schaffen, den Nybbas zu entfesseln. Oh, und dann würde er Hackfleisch aus Alexander machen.
„Könnte. Oder du wirst ohnmächtig, bekommst ‘nen Schock, verblutest direkt. Was weiß ich!“
Nicholas zog den Mund breit. „Du sagst doch immer: No risk – no fun.“ Dann wurde er ernst, seiner Stimme mischte sich unwillkürlich ein Zittern unter. „Elias, hör mir zu! Alex hat nicht vor, zu spielen. Das hier ist todernst. Ich lasse mich nicht bannen und noch weniger lasse ich zu, dass der Mistkerl Jo zwischen seine Pestfinger bekommt. Ich verlange von dir, dass du es verhinderst. Das ist ein Befehl.“
Joana legte ihm zwei Finger vor den Mund. „Schsch, nichts davon wird passieren. Wir schaffen das irgendwie.“
Er hätte ihr so gerne geglaubt. „Ich hab Angst vor dem Bann“, flüsterte er in ihre Haare, sodass nur sie es hören konnte. „Mehr als vor dem Tod, was immer auch auf mich warten wird. Du weißt nicht, wie es ist, wirklich eingesperrt zu sein. Bewegungslos. Es hat kein Ende, vielleicht niemals. Du kannst nicht sterben, nicht schlafen und irgendwann nicht mehr denken. Jede Minute zieht sich wie eine Stunde, während die Jahre vergehen. Ich möchte lieber sterben.“
„Hier w-w-wird nicht gestorben!“ Joanas Stimme bebte und war viel zu hoch. „Oh Gott, das ist alles nur meine Schuld.“
„Blödsinn, Jo.“
„Begreifst du es nicht?“, rief sie schrill, drückte sich von ihm weg und klammerte sich gleichzeitig an sein Hemd. Ihre Brust hob und senkte sich so schnell, dass er fürchtete, sie würde jeden Moment hyperventilieren. „Ich habe die Clerica hergerufen, Nicholas. Ich!“
Er konnte froh sein, dass er festhing, ansonsten hätte es ihn wohl
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