Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
„Aufhören!“ Sie verfluchte sich für den nutzlosen Schrei, kaum dass er über ihre Lippen gekommen war.
„Ganz sachte, Schätzchen!“, spottete Meyers.
Er umfasste ihren Bauch mit seinem Unterarm und zog sie an seinen Körper. Joanas Atem rasselte.
Nicholas hob den Kopf und sah sie unter flatternden Lidern an. Seine blass gewordenen Lippen formten lautlose Worte.
„Ruhig. Ganz ruhig, Jo.“
„Es reicht jetzt“, befahl Meyers der Dämonin endlich. „Du hast bekommen, was ich dir versprochen habe.“
Die Frau schmollte kurz in seine Richtung, doch dann fügte sie sich, lehnte sich mit etwas Abstand an eine Wand, betrachtete ihre langen, spitzgefeilten Fingernägel und leckte das Blut von ihnen ab. Nicholas’ Hemd war wieder über die Wunden gerutscht. Schwarzrote Flecken blühten an mehreren Stellen auf.
„Hol mir noch eine Kette, Lillian.“ Meyers Stimme bekam einen unangenehm schmeichelnden Ton. „Schon entschieden, wohin wir sie hängen sollen, Nicholas?“
Dessen Gesicht blieb eiskalt, doch seine Stimme bebte. „Lass sie gehen, Alex. Bitte, lass sie einfach gehen. Tu mit mir was immer du willst, aber lass sie gehen.“
„Ganz ausgesprochen reizender Gedanke, das Schätzchen wieder gehen zu lassen.“ Meyers legte sein Kinn auf Joanas Schulter. Sie hätte sich gerne übergeben, oder ihm noch lieber mit einem Kopfstoß die Nase ins Hirn gerammt. Aber ihr Körper war steif vor Angst. „Aber nein, lieber nicht. Außerdem hatte ich heute noch nichts zum Abendessen.“
Lillian trat näher und legte die Kette wie eine Schlange um Joanas Schultern. Eine eiskalte, stählerne Würgeschlange, die langsam über ihre Haut kroch. Joana starrte zu Boden, als Meyers seinen Arm hob. Er legte ihr eine Hand auf die Kehle.
„Nein!“ Nicholas warf sich erneut erfolglos gegen die Fesseln und die Hände, die ihn hielten. „Lass deine Finger von ihr!“
Joana wandte den Kopf soweit es ging zur Seite, als Tränen aus ihren Augen drängten. Nicholas litt genug, er sollte sie nicht weinen sehen.
„Was kannst du mir empfehlen, Nicholas?“ Die Hand strich ihren Körper hinab und verharrte auf ihrem Dekolleté. „Was an ihr ist jung, frisch und gesund? Oh“, er stutzte, „die Bronchien schon mal nicht. Schade drum.“
Nicholas keuchte. „Du Bastard! Rühr sie an und ich zeige dir, was es heißt, zu bereuen!“
Die Hand rutschte auf Joanas Brust. Drückte zu. Seine Lippen berührten ihr Ohr. „Waren wir auch immer bei der Krebsvorsorge?“
Sie flehte innerlich, in Ohnmacht zu fallen, als er ihr Ohrläppchen zwischen die Zähne nahm und daran leckte.
Ein animalisches Knurren stieg aus Nicholas’ Kehle auf. Der Mann zu seiner Seite schlug ihm dafür hart ins Gesicht, Nicholas ignorierte ihn.
„Ich schwöre dir, du Feigling, dass ich dich töten werde!“, zischte er in Meyers’ Richtung. „Wenn nicht heute, dann an einem anderen Tag. In einem anderen Leben, wenn es sein muss.“
Der Dämon biss zu und Joana schrie schrill auf.
Nicholas’ Brüllen übertönte jedes andere Geräusch, es hallte von den Wänden wider, als käme es aus allen Richtungen.
„Hör auf“, weinte Joana leise.
Er musste aufhören, sein Leid stachelte den anderen an. Merkte er nicht, dass er alles nur schlimmer machte?
Meyers nahm ihr Kinn in seine Hand und hob ihren Kopf an. „Was hast du gesagt, Schätzchen? Sieh ihn an, wenn du mit ihm redest und sprich laut und deutlich.“ Sein Griff zwang sie, aufzusehen, doch sie kniff die Augen zusammen.
„Sag schon, Schätzchen!“
Sie presste die Lippen aufeinander. Im nächsten Moment schlug er zu. Seine Hand peitschte auf ihre linke Wange, immer und immer wieder. Nicholas tobte wie ein Berserker, als würden die Schläge ihn treffen.
„Ich wiederhole mich nur ein Mal“, sagte Meyers schließlich atemlos. „Sieh ihn an und sag ihm, dass du ihn hasst, weil er dich hier reingeritten hat. Es ist seine Schuld, sag es ihm.“
Joana öffnete die Augen. Nicholas hing kraftlos in den Fesseln. Obgleich sie selbst gegen die Tränen ankämpfte, sah sie, dass seine Augen verschleiert waren, fast trübe. Wie unter Nebel verborgen. Er schien alle Beherrschung zusammenzunehmen. Sein Gesicht entspannte sich, er öffnete die Lippen und warf ihr den Hauch eines Lächelns zu, dass niemand außer ihr erkannt haben konnte. In seinen Augen blinzte es auf.
Sei stark!
, bedeutete dieser Blick. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet.
Nein. Kein Nebel, erkannte sie. Gischt. Vom
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