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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Deutung, dann schlief sie wieder ein, und träumte für den Rest der Nacht nichts mehr.

    Seit Stunden lag Nicholas wach. Meist genoss er den Umstand, einfach still dazuliegen und wie ein Mensch zu schlafen. Eine von etlichen Schwächen dieser Hüllen, aber eine der angenehmeren, solange man nicht befürchten musste, dass jemand kam und das Erwachen verhinderte.
    In dieser Nacht wollte der Schlaf nicht eintreten. Nicholas hatte ferngesehen, gelesen, Musik gehört und sich schließlich für einige Stunden der Langeweile hingegeben. Langeweile quälte ihn, sie erinnerte zu sehr an den scheußlichen Zustand, bei vollem Bewusstsein in einem Gefäß eingesperrt zu sein, tief unter der Erde versteckt und vergraben. Gebannt. Über Jahre … Jahrzehnte. Manche hatten gar Jahrhunderte so ausharren müssen oder waren auch nach einem Millennium noch nicht gefunden und befreit worden.
    Gebannt von Menschen, die sie einst in die Welt gerufen hatten. Menschen, die sich die Guten nannten und ihre impertinente Lüge auch noch selbst glaubten.
    Er schnaubte bitter. Nicht selten wünschte er, er wäre nie aus der elysischen Sphäre gezwungen worden, in der es weder Gut noch Böse, weder Freund noch Feind, weder Liebe noch Hass gegeben hatte. Sondern einfach nur freie Existenz jenseits aller Grenzen. Doch die Erinnerungen an den Ort des Ursprungs verblassten schon. Oft war er sich nicht einmal mehr sicher, ob es ihn wirklich gab oder ob er vielleicht ein Trugbild seiner Wünsche war, entstanden in den Jahren der Langeweile. Wie auch immer, der Ort verblasste. Bald würde er ihn vergessen haben.
    Schließlich erhob er sich mit einem Seufzen und trat auf den Balkon. Der Wind brachte ein angenehmes Frösteln mit sich, er genoss das Gefühl auf der nackten Brust. Wie von den Händen eines Geliebten berührt. Umarmt von Ewigkeit.
    Die Unterarme auf die mit kunstvollen Symbolen verzierte Steinbrüstung gestützt, sah er in die Nacht. Wehmut griff nach ihm. Eine tiefe Sehnsucht nach ein wenig Stille. Die Stadt war fordernd, gierig und laut, und hatte in diesen Jahren sogar die Nächte erobert. In Konkurrenz mit Abertausenden von grellen Lichternerschienen selbst die Sterne blass und gleichgültig. Alles Altbekannte schien zu schwinden, dahinzuscheiden mit der Zeit.
    Er nicht. Doch manchmal, wenn die Melancholie sich in einem Moment wie diesem seiner annahm, wünschte er, er könnte mit ihr gehen.

8
    J
oana hasste Frühschichten und das damit verbundene zeitige Aufstehen. Dennoch war sie heute froh darüber, denn es bedeutete, dass sie ihre Arbeit am frühen Nachmittag hinter sich hatte und noch einen ausgedehnten Stadtbummel machen konnte. Auf der Fahrt nach Hause entdeckte sie Benedikts Taxi auf dem Halteplatz am Hauptbahnhof und parkte kurzentschlossen direkt hinter ihm.
    Sein Anblick erschreckte sie, kaum dass sie ihn in seinem Wagen hockend erkannte. Er schien vollkommen abwesend und starrte mit leerem Blick auf sein Lenkrad.
    „Alles in Ordnung, Ben?“, fragte sie, nachdem er auf ihre Begrüßung nur knapp geantwortet hatte.
    „Sicher.“
    Joana runzelte die Stirn. Sicher? Eher sicher nicht. „Du siehst mir nicht so aus. Ist etwas passiert?“
    „Nein, wirklich nicht.“
    Seine Stimme war tonlos. Doch der kurze Blick, der ihre Augen traf, schien gequält. Hilflos machte sie einen Schritt zurück. Sie hatte ihn nach Nicholas befragen wollen, schließlich waren beide noch im Café der Kartbahn geblieben, als sie gefahren war. Doch in Anbetracht seines Verhaltens, schien ihr das keine gute Idee mehr zu sein. Ob er eifersüchtig war? Andererseits hatte er ihr angeboten, sie zu dem Treffen mit Nicholas zu begleiten, weil sie kalte Füße bekommen hatte. Er hatte es ihr regelrecht aufgedrängt. Seinem brüderlichen Beschützerinstinkt hatte sie nichts entgegenhalten können. „Du bist sauer auf mich“, vermutete sie und verschränkte die Arme. „Warum? Was hab ich falsch …“
    „Joana!“ Er verdrehte die Augen. „Kannst du mich bitte einfach in Ruhe lassen?“
    „Entschuldige, Ben.“ Irritiert trat sie einen weiteren Schritt zurück. „Ich will dich sicherlich nicht nerven.“
    „Dann lass es.“
    „Oh … okay. Wenn du meinst. Dann mach’s gut, wir sehen uns.“
    Sie wandte sich ab und ging kopfschüttelnd zu ihrem Wagen. Was war nur mit ihm los? Das war nicht seine Art. Für einen Moment verharrte sie, überlegte, ob sie ihm anbieten sollte, sie anzurufen. Dann entschied sie sich dagegen. Er hatte ihr tausendmal

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