O diese Rasselbande
Indianerbücher richtig gelesen hat. Ein Indianer zeigt niemals seine Überraschung. Immer hat er Herr der Lage zu sein, und will er eine Frage nicht gleich beantworten, beginnt er mit einer wohlgesetzten Rede:
„Winnetou ist sehr glücklich, seinen weißen Bruder Old Shatterhand zu sehen“, beginnt er würdevoll, „alle Krieger der Apachen freuen sich mit ihm.“
Die Krieger freuen sich gar nicht, sie stehen regungslos.
Der Forstmeister zögert eine Sekunde, dann geht er erst einmal zu dem Gefangenen und beginnt ihn loszubinden. Das gibt ihm Zeit zum Überlegen.
Er kennt die Jungen und ihre geschlossene Abwehr, wenn man sie scharf anpackt. Er darf ihr Vertrauen nicht verlieren, wenn er die Wahrheit über das erfahren will, was hier geschehen ist.
Darum antwortet er ruhig.
„Auch mein Herz freut sich, seinen roten Bruder Winnetou zu sehen. Darf Old Shatterhand wissen, was hier geschehen ist?“
„Dieser rote Hund hat unser Zelt gestohlen. Old Shatterhand weiß, was das für uns bedeutet. Vor drei Tagen wurde es abgebrochen und unsere Feuerstelle zerstört. Nur er und seine Dorfköter können es getan haben. In letzter Zeit machen sie uns unsere Jagdgründe streitig, so daß die tapferen Apachen gezwungen waren, das Kriegsbeil auszugraben. Heute haben wir den Dieb unseres Zeltes gefangen, und wir werden ihn nicht eher herausgeben, bis er gesteht, wo das Zelt ist. Hugh, ich habe gesprochen.“
Während Winnetous empörter Rede hat Herr Braun seine Augen umherwandern lassen. Alles betrachtet er, die bemalten Krieger, die nun ein bißchen ratlos umherstehen in ihrem prächtigen Federschmuck, den Feuerring, der schon niedergebrannt ist, weil die Feuerwachen nicht wagen nachzulegen, und den zusammengesunkenen Gefangenen, dem er die Wäscheleine abwickelt.
Er sieht zu seinem Tochterchen, das ebenso bewegungslos auf der Mauer sitzt und ihr Akkordeon mit beiden Händen umklammert.
»Warum hat meine weiße Schwester mir nichts davon gesagt?“ fragt er ernst.
Silke kann darauf nichts antworten; die Kehle ist ihr wie zugeschnürt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat sie etwas getan, ohne es vorher mit ihrem Vater zu besprechen. „Winnetou hat sie darum gebeten“, springt Helmut ein. „Wenn die Polizei sich einmischt, um den Rotfuchs zu suchen, so soll kein Bleichgesicht davon gewußt haben.“
Herr Braun verbirgt ein kleines Lächeln.
„Mein Bruder Winnetou ist weise“, sagt er, „er mag mir nun auch erlauben, mit dem Gefangenen zu sprechen.“
„Old Shatterhand ist der Freund aller roten Krieger“, erwidert Helmut großartig, „er mag auf dem Häuptlingsstein Platz nehmen und den Gefangenen verhören.“
Der Forstmeister läßt von dem Gefangenen ab und schreitet durch die Reihen aufatmender Krieger. Er läßt sich auf dem Stein des Häuptlings nieder, und die Jungen, die bisher alle viel von ihm hielten, verehren ihn von diesem Augenblick an glühend, und Silkes Herz schlägt dem Vater heißer entgegen denn je.
Und wieder nehmen alle Krieger Aufstellung um den Häuptlingsstein, nur daß sie diesmal ihren weißen Bruder Old Shatterhand umringen. Der Rotfuchs wird, von zwei Kriegern gestützt, vor seinen Richter gebracht. Ihm sind die Füße eingeschlafen, so fest haben sie das Seil um ihn und den Pfahl gewickelt, und er kann nicht richtig laufen.
„Nehmt ihm den Knebel aus dem Mund“, gebietet Herr Braun.
„Du hast diesen roten Kriegern das Zelt gestohlen“, beginnt er, „weißt du, was solch ein Zelt kostet?“
Der Rotfuchs schweigt. Auch wenn er sprechen wollte, er kann einfach noch nicht.
„Das Zelt kostet dreihundert Mark, so wie es hier gestanden hat. Ist dir klar, daß die Väter dieses Zelt bezahlt haben, so daß es also ihr Eigentum ist.“
Der Rotfuchs hat die Augen auf den Boden gerichtet.
„Weißt du, daß Jungen in eine Erziehungsanstalt gesteckt werden, die stehlen, zumal wenn es sich um ein wertvolles Stück handelt?“
Der Rotfuchs erschrickt. So hat er es nicht gemeint. Er hat ja nur die Bande treffen wollen, sonst niemand.
„Du kannst sicher sein, daß ich morgen sofort mit deinem Vater sprechen werde, wenn du nicht sagst, wo das Zelt ist.“
„Es liegt beim Schulzenpeter im Heu“, kommt es dumpf aus des Rotfüchsen Kehle.
Die Rasselbande atmet auf. Na also!
„Gut, du wirst also jetzt hinunter gehen und es den Jungen übergeben, die dich begleiten werden“, entscheidet Herr Braun.
„Nein“, unterbricht hier Winnetou, „so können wir es nicht machen. Wenn
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