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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kommen?«
    »Sag, wann.«
    »Um neun?«
    »Klar doch.«
    Frances seufzte. »Sie ist in Schwierigkeiten, stimmt’s? Armes kleines Ding. Diese armen kleinen Dinger.«
    Exakt mein Gedanke.
    Das Abendessen war interessant. Fred kam mit einem Grinsen im Gesicht, einer Flasche sprudelndem Apfelsaft – als Sektersatz
     – und einem Strauß Gänseblümchen in die Küche gesprungen. Allem Anschein nach hatte er den ganzen Tag Pläne geschmiedet, dort
     weiterzumachen, wo wir am Morgen aufgehört hatten.
    »Haley wird bald kommen«, sagte ich.
    »Wie bald?«
    »Gleich.«
    »Wirklich gleich?«
    »Jede Minute.«
    »Okay«, gab er nach. Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuß, und ich legte meine Hand an seine kratzige, wohlvertraute
     Wange.
    |83| »Aber nicht schlappmachen jetzt«, sagte ich.
    »Kein Problem.« Er gab mir einen Klaps aufs Hinterteil und verschwand im Flur. »Wie war dein Tag?« rief er mir über die Schulter
     zu.
    »Du wirst es nicht glauben. Ich erzähle es dir, wenn Haley hier ist.«
    Ich schaute nach der Lasagne, die bereits zu brodeln begann, und schnitt den Salat. In der Küche begann es nach dem würzigen
     Aroma von Tomatensauce und geschmolzenem Käse zu riechen. Ein durch und durch wohltuender Geruch an einem Dezemberabend.
    Haley war ganz meiner Meinung. »Duftet ja herrlich«, sagte sie, als sie hereinkam und ihren Mantel auszog. Sie fuhr sich mit
     der Hand durch ihr dunkelrotes Haar. »Der Wind wird stärker da draußen.« Sie umarmte mich und warf einen Blick durch das Backofenfenster.
     »Gott, sieht das gut aus.«
    »Frisch aus der Gefriertruhe«, sagte ich.
    »Ich bin beeindruckt.« Haley ging zum Kühlschrank, holte ein Bier heraus und griff nach dem Flaschenöffner.
    Was mich an etwas erinnerte. »Schau mal ins Wohnzimmer an die Wand«, sagte ich.
    Was für ein glücklicher Zufall. Haley stand genau in dem Augenblick vor dem Bild, als Fred hinter ihr ins Wohnzimmer trat.
    »Meine Güte«, sagte sie. »Meine Güte. Ist das ein echter Abraham, Mama? Es ist einer, stimmt’s? O mein Gott, schau dir das
     an.« Sie streckte die Hand aus und berührte das Haar. »Ich kann es nicht glauben. Wo um alles in der Welt hast du den denn
     her? Und welche Bank hast du dafür ausgeraubt?«
    Besser hätte ich es absichtlich gar nicht planen können. Fred trat neben Haley und blickte verdutzt auf Abe Butlers Porträt.
    »Hey, Daddy.« Haley umarmte ihn. »Das ist dein Weihnachtsgeschenk für Mama, stimmt’s?«
    |84| »Nein«, sagte Fred. »Es hat einen Flaschenöffner als Aufhänger.«
    »Ich weiß. Ist es nicht wundervoll?« Haley berührte erneut Abes Haar und lachte.
    »Bonnie Blue hat es mir geschenkt«, sagte ich. »Habe ich dir erzählt, daß Abraham Butler ihr Vater ist? Das ist sein echtes
     Haar.«
    »Nein. Das ist ja unglaublich.«
    »Ich glaube, ich hole mir ein Bier.« Fred lief in die Küche.
    »Im Kühlschrank sind ein paar Sellerie- und Karottenstangen«, sagte ich. »Bring sie mit. Und Servietten.«
    »Schau mal«, sagte Haley. »Sieh dir seine winzigen Zähne an, die Art, wie sie einfach aufhören. Und die Füße.«
    »Mir gefällt besonders der Stock.«
    Mit einem dumpfen Knall stellte Fred die Gemüsestangen und die Soße auf den Couchtisch. »Hier«, sagte er und reichte Haley
     und mir jeweils ein Stück Küchenpapier. »Ich konnte keine Servietten finden.«
    Fred setzte sich mit der Abendzeitung in seinen Lehnstuhl, und Haley und ich machten es uns auf dem Sofa gemütlich. Die Flammen
     im Gasofen sahen aus wie ein richtiges Kaminfeuer.
    Haley seufzte zufrieden und lehnte sich zurück.
    »Wie geht’s dem Mann mit der Schußverletzung?«
    »Mit dem müßte jetzt alles okay sein. Und was ist mit deiner jungen Dame? Wie war ihr Name?«
    »Claire Moon.«
    »Klingt wie ›Clair de Lune‹.« Haley summte ein paar Takte der ›Mondscheinsonate‹.
    »Ich weiß nicht. Sie haben sie in die Psychiatrische verlegt und führen jetzt verschiedene Untersuchungen durch.«
    Fred ließ seine Zeitung sinken. »Wer ist Claire Moon?«
    »Eine ehemalige Schülerin von mir. Ich habe sie gestern |85| abend in der Galerie getroffen, und heute morgen tauchte sie in einem schlimmen Zustand hier auf.«
    »Was ist denn mit ihr los?«
    »Ich weiß es nicht. Aber als Bo Peep Mitchell ihr erzählte, daß Mercy Armistead tot sei, brach sie zusammen. Wir mußten den
     Rettungswagen rufen und sie ins Krankenhaus fahren lassen.«
    »Wer ist Bo Peep Mitchell?« fragte Haley. »Und wer ist Mercy

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