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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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an.«
    »Sie schlägt nach«, erklärte ich Schwesterherz.
    Wir legten beide die Füße auf den Couchtisch und widmeten uns der Lektüre der Abendzeitung.
    »Hier ist Betty Bedsoles Foto«, sagte Schwesterherz und zeigte mir die Titelseite. »Sie ist nach wie vor schön, findest du
     nicht?« Das Foto sah aus, als habe der Fotograf ihren Namen gerufen und sie geknipst, als sie sich umdrehte. Neben ihr stand
     Ross Perry, der Kunstkritiker, der bei der Galerieeröffnung durch sein knallrotes Jackett aufgefallen war. »Es heißt, ihr
     Mann sei zu krank gewesen, um sie zu begleiten.«
    Ich nahm die Zeitung und las den dazugehörigen Artikel. Die Trauerfeier für Mercy sollte am nächsten Tag um drei Uhr nachmittags
     in der St.-Paul’s-Kirche stattfinden, mit anschließender Beisetzung auf dem Elmwood-Friedhof. Mich fröstelte. »Weißt du«,
     sagte ich zu meiner Schwester, »bei meiner einzigen Begegnung mit Mercy Armistead habe ich sie angeblafft. Und da war sie
     schon dem Tode geweiht. Vielleicht war es auch das Digitalis, das ihr Verhalten beeinflußt hat.«
    »Nun mach dir bloß kein schlechtes Gewissen deswegen«, |116| sagte Schwesterherz. »Mercy ging schon immer allen Leuten auf den Wecker, ob mit oder ohne Digitalis.«
    »Rede nicht so über sie, Mary Alice. Sie war jung und schön, und jetzt ist sie tot.«
    »Vielleicht weil sie sich überall so unbeliebt gemacht hat.«
    Ich gab ihr die Zeitung zurück. »Lies«, sagte ich.
    »Es stimmt aber. Du hättest sie bei den Museumskonferenzen erleben sollen. Was diesen Typen in der Zeitung angeht, diesen
     Ross Perry, nach dem hat sie mal eine Dose Dr Pepper light geschmissen. Die war zwar beinahe leer, aber wir waren alle fassungslos.«
    »Herrje! Und wie hat er reagiert?«
    »Er hat sie zurückgeworfen. Möglich, daß das Wort ›Schlampe‹ gefallen ist.«
    »Gott im Himmel!«
    »Tja. Die Sitzungen im Museum werden nicht mehr dasselbe sein ohne Mercy. Ich habe auch läuten hören, daß sie und Thurman
     Probleme miteinander hatten.«
    »Du bist wahrhaftig ein unerschöpflicher Quell der Information. Wo hast du das denn alles her?« Doch ich wehrte ab, noch bevor
     sie antworten konnte: »Schon gut. Ich weiß. Thurman hat es James erzählt und der Bonnie Blue, und die hat es an dich weitergegeben.«
    »Woher weißt du das?«
    Ich tippte auf die Zeitung. »Lies!«
    Mary Alice stand auf. »Ich hol’ uns noch Plätzchen.«
    Das Telefon klingelte. »Ich hab’s«, sagte Haley. »Es handelt sich um Dimethylsulfoxid, und Tante Schwesterherz hat recht.
     Das ist eine Trägersubstanz, auf der man nahezu alles über die Haut in den Körper schleusen kann. Mit dem Digitalis könnte
     es funktioniert haben. Braucht ein paar Stunden, bis zu sechs, wenn sie nichts getrunken hat. Hängt natürlich auch davon ab,
     wieviel man ihr verabreicht hat.«
    »Es könnte funktionieren«, erklärte ich Mary Alice.
    |117| »Hab’ ich dir doch gesagt.« Sie setzte sich mit einer weiteren Handvoll Plätzchen nieder.
    »Aber man muß Arzt sein oder Apotheker, um da dranzukommen, oder? Das müßte eigentlich die Suche nach dem Täter erleichtern.«
    »Nein. Man braucht dafür nicht mal ein Rezept«, erwiderte Haley. »Man wendet es häufig bei Pferden an, die geschwollene Knie
     haben. Es selbst wirkt offenkundig gegen Entzündungen; man kann aber auch andere Medikamente beimengen, die dann mit absorbiert
     werden. Es stehen alle möglichen Warnhinweise drauf, man solle Gummihandschuhe tragen, um nicht selbst eine Dosis von dem
     Präparat abzubekommen. Grundsätzlich nur für veterinäre Zwecke, heißt es.«
    »Man müßte es sich also bei einem Tierarzt beschaffen?«
    »Nicht, wenn es ohne Rezept erhältlich ist. Ich wette, man bekommt es in jeder Apotheke. Warte mal einen Moment.«
    Ich konnte sie murmeln hören. »Klare Flüssigkeit oder Creme. Extreme Vorsicht geboten, da perkutan wirkend.«
    »Sie liest nach«, sagte ich zu Mary Alice.
    »Nein, Mama, keinerlei Beschränkungen. Das Buch ist zwar etwa fünf Jahre alt, aber zumindest damals konnte es jeder kaufen.
     Wahrscheinlich kann man das nach wie vor. Gott, das ist ja ein Irrsinn. Und damit wurde Mercy umgebracht?«
    »Laut Tante Schwesterherz, ja.«
    »So ist es«, bekräftigte Mary Alice, ohne zu wissen, wovon ich gerade sprach.
    »Kannte Mercy irgendwelche Tierärzte?«
    »Kannte Mercy irgendwelche Tierärzte?« fragte ich Mary Alice.
    »James Butler.«
    »Was? Bonnie Blues James ist Tierarzt?«
    »Klar. Was dachtest du, was

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