Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
bellte. Ich stand auf und griff nach meinem Morgenmantel.
    »Was ist los?« murmelte Fred. »Alles in Ordnung?«
    »Woofer bellt.« Ich zog meinen Morgenmantel an, während ich den Flur entlanghastete. Irgend etwas tut ihm weh, dachte ich.
     Ihm fehlt was.
    Ich schaltete das Außenlicht hinten an und sah ihn am Maschendrahtzaun seines Hundezwingers stehen. Ich fand meine Turnschuhe
     und öffnete die Hintertür. Es hatte aufgehört zu schneien. Statt dessen herrschte dunstiges Mondlicht, zu trübe, als daß man
     etwas hätte sehen können. Auf der Veranda jedoch lag eine leichte weiße Puderschicht.
    »Was ist los, alter Junge? Ist alles okay, mein Guter?« Ich rannte quer über den Hof.
    Woofer bellte freudig, als er mich sah, und sprang am Zaun hoch, um mich zu begrüßen.
    »Bist du krank, mein Kleiner?« Sah nicht danach aus. Er rannte ein paarmal im Kreis und blieb dann mit seinem roten Ball im
     Maul vor mir stehen. »Du willst spielen?« fragte ich erstaunt. »Um zwei Uhr früh? Bist du verrückt geworden?«
    Er schubste mir den Ball zu, und ich warf ihn einmal. »Genug«, sagte ich. »Geh schlafen. Es ist eiskalt.«
    Woofer brachte den Ball zum Zaun zurück und sah mir nach, wie ich ins Haus ging. Fred stand in der Küche und trank Maalox,
     ein Magenmittel, direkt aus der Flasche.
    »Das chinesische Essen«, erklärte er. »Ist mit Woofer alles in Ordnung?«
    »Dem geht’s gut. Wollte spielen. Unglaublich, was?«
    »Er hatte eben keine süßsauren Shrimps und Frühlingsrollen zum Abendessen«, sagte Fred.
    |124| Ich griff nach der Flasche und nahm selbst einen kräftigen Schluck. »Aber es war lecker.«
    Fred tätschelte meinen Hintern. »Ich glaube, ich lese noch ein bißchen.«
    Er nahm sich die neueste ›Time‹ und ließ sich auf dem Sofa nieder. Ich wußte schon, wie weit er mit seiner Lektüre kommen
     würde.
    Ich ging ebenfalls sofort schlafen. Irgendwann später meinte ich Woofer wieder bellen zu hören. Aber ich träumte gerade zu
     schön, um mich davon beunruhigen zu lassen.

|125| 8
    »Komm, Patricia Anne. Das mußt du dir ansehen.« Fred rüttelte mich an der Schulter.
    »Liegt der Schnee so hoch?« fragte ich und war mit einemmal hellwach. »Sind wir eingeschneit?«
    »Nein. Die Sonne scheint. Aber komm mal. Da ist was, das du dir ansehen mußt.«
    »Was denn?« fragte ich und griff nach meinem Morgenmantel, aber Fred war bereits im Flur verschwunden. Ich tappte barfuß hinter
     ihm her.
    »Sieh mal«, sagte er. Er stand am Erkerfenster in der Küche und zeigte auf die Veranda hinaus.
    »Was denn?« fragte ich erneut.
    »Die Fußstapfen.«
    »Die stammen von mir; ich bin doch raus, um nachzusehen, warum Woofer bellt.«
    »Deine sind dort drüben.« Er zeigte auf die linke Seite der Terrasse, wo drei kurze Abdrücke zum Hundezwinger führten. »Die
     hier stammen von jemand anders.« Er deutete auf die steilen Stufen, die zu unserer Auffahrt führten, die Stufen, auf denen
     Claire gesessen und auf mich gewartet hatte. Durch die dünne Schneeschicht führte eine deutlich sichtbare Fußspur zur Terrasse
     hoch und dann bis zum Erkerfenster. Eine zweite Spur verlief die Treppe wieder hinunter, und hier und da waren größere, unförmige
     Abdrücke zu sehen, wo der Eindringling in seine eigenen Fußstapfen getreten war.
    »Deshalb hat Woofer also gebellt«, sagte ich. »Es war jemand |126| hier draußen, als ich nach ihm geschaut habe.« Es überlief mich kalt.
    Fred öffnete die Küchentür.
    »Geh da nicht raus«, sagte ich. »Du zerstörst sie sonst. Wir sollten die Polizei rufen.«
    »Das habe ich schon getan, der Schnee wird sich nämlich nicht mehr lange halten. Sie werden in ein paar Minuten hier sein.«
    »Dann muß ich mir schnell die Zähne putzen und die Haare kämmen.« Ich hörte den Schnee unter Freds Schuhen knirschen, als
     er aus der Tür trat. Ich rannte ins Badezimmer, erledigte das Notwendigste und zog meinen Jogginganzug an. Der gute Woofer,
     dachte ich. Wollte uns beschützen.
    Als ich in die Küche zurückkehrte, war Fred noch immer draußen. Er kniete neben den Fußabdrücken dicht am Fenster.
    »Komm rein«, sagte ich, während ich die Tür öffnete. »Du kannst im Moment nichts tun, außer dich da draußen erkälten.«
    Er kehrte mit knirschenden Schritten zur Tür zurück und rutschte beinahe auf dem Eis aus. »Dieser Mistkerl«, sagte er. »Stand
     hier oben und hat zu uns reingeglotzt.«
    Ich erschauderte wieder. »Ich mach’ uns einen Kaffee.«
    Fred zog seine

Weitere Kostenlose Bücher