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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Autounfall. Sein Tod hat sie völlig aus der Bahn geworfen.«
    Haley, dachte ich. Haley, du kennst das.
    Der Regen an der Fensterscheibe klang plötzlich seltsam metallen. »Eisregen«, sagte ich.
    »O Gott, ich muß nach Hause, bevor es zu spät ist.« Liliane Bedsole erhob sich mühsam. Unter ihrem schwarzen Rollkragenpullover
     zeichnete sich ein verkrümmter Rücken ab. Vermutlich Osteoporose.
    »Wenn ich irgend etwas höre, lasse ich es Sie wissen«, sagte ich und half ihr in ihren Regenmantel.
    »Claire scheint große Stücke auf Sie zu halten, wenn sie zu Ihnen gekommen ist, um Sie um Hilfe zu bitten.«
    »Ich denke, ich war einfach gerade in ihren Gedanken präsent.«
    »Ich frage mich nur, warum sie nicht zu mir gekommen ist«, seufzte Liliane und zog die Kapuze über ihr karottenrotes Haar.
    Ich stellte mir dieselbe Frage, verkniff es mir aber, das laut zu äußern. »Seien Sie vorsichtig«, sagte ich. »Sehen Sie zu,
     daß Sie schnell nach Hause kommen.«
    Liliane nahm ihren Schirm. »Ich habe mein Leben lang hier gelebt. Ich weiß, wie man sich bei Eisglätte verhält.«
    Ich sah auf den roten Mantel und das faltenlose Gesicht. Das war eine resolute kleine Dame. »Seien Sie dennoch vorsichtig«,
     sagte ich.
    |107| Ich schloß die Tür und ging in die Küche, um die Plätzchen fertig zu machen und über all das nachzudenken, was Liliane mir
     erzählt hatte. Sie hatte recht, was die Leichen im Keller betraf. Unsere gesellschaftlichen Moralvorstellungen hatten sich
     mit Sicherheit verändert. Ich dachte an die beiden Mädchen mit Namen Elizabeth, die eine die mißhandelte Drogensüchtige, die
     andere eine Miss America, die in Hollywood mit einem Filmmogul lebte. Zwei Schwestern namens Elizabeth, und beide hatten womöglich
     gerade ihre Tochter verloren.
    Ich schob eine weitere Ladung Plätzchen in den Backofen und rief Fred an, er solle was vom Chinesen mitbringen. Dann warf
     ich den elektrischen Kamin an und schnappte mir mein Hillerman-Buch. Das brauchte ich jetzt. Das Land der Navajo war noch
     nie so verlockend gewesen.

|108| 7
    Der Eisregen war wieder in Regen übergegangen, als Fred nach Hause kam. Wir aßen unser Hühnchen in Mandelsauce und die süßsauren
     Shrimps auf Kissen vor dem Kamin, während ich ihm von Lilianes Besuch erzählte.
    »Und sie dachte, das Mädchen könnte versuchen, sich mit dir in Verbindung zu setzen?«
    »Ja.«
    »Wie kann jemand einfach so aus einem Krankenhaus hinausspazieren?«
    »Das ist leicht«, erwiderte ich und dachte an Schwester Connie. »Das Problem ist, Claire hatte weder Kleider noch Geld. Wo
     kann sie also hingegangen sein?«
    Fred stand auf und holte uns beiden eine Tasse Kaffee. »Wie ist Liliane Bedsole denn so?«
    »Nett. Gebrechlich. Sehr besorgt.«
    »Hört sich an, als hätte sie auch allen Grund dazu.« Er reichte mir einen Löffel und eine Schachtel Süßstoff. »Haben Claire
     und ihre Schwestern irgendwas von dem Geld des alten Amos Bedsole geerbt? Er hatte ja ein riesiges Vermögen.«
    »Ich denke schon. Claire besitzt eine luxuriöse Maisonettewohnung und ist teuer gekleidet und frisiert.«
    »Nun ja, Schätzchen, das ist eigentlich nicht unser Problem, Gott sei’s gedankt«, sagte Fred. »Aber ich weiß, daß du dir trotzdem
     Sorgen um das Mädchen machst.«
    Wir schwiegen beide und sahen ins Feuer, als Fred plötzlich »Verdammt!« sagte und so abrupt aufsprang, daß er einen Teil seines
     Kaffees verschüttete.
    |109| Ich blickte erschrocken auf und sah Mrs.   Santa Claus mit mächtig blinkenden Lichtern auf dem Busen in unserer Wohnzimmertür stehen.
    »Hallo, ihr beiden«, sagte sie.
    »Herrgott noch mal, Mary Alice, kannst du nicht klopfen? Wir hätten gerade sonstwas machen können!« Fred wischte den Kaffee
     mit seiner Serviette auf.
    »Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.« Mary Alice warf ihren Mantel über einen Sessel und kam zum Kamin herüber.
     »Das riecht gut«, sagte sie und zeigte auf unsere Teller. »Was ist das?«
    »Shrimps süßsauer und Hühnchen in Mandelsauce.« Ich reichte Fred meine Serviette.
    »Habt ihr noch was übrig?«
    »In der Küche.«
    »Ich bin am Verhungern.« Mary Alice eilte hinaus.
    Fred blitzte mich zornig an, und ich zuckte die Achseln. »Wie bist du eigentlich reingekommen?« rief er ihr nach.
    »Durch die Hintertür. Was ist denn besser? Die Shrimps oder das Huhn?«
    »Die Shrimps«, sagte ich.
    »Diese Frau hat die Umgangsformen einer Bratpfanne«, brummte Fred.
    Ich zuckte

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