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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Angesichts von Mercys Todesursache, sprich der Sache mit dem DMSO, war es kein Wunder, daß sie
     ihn verhörten.
    Fred las über meine Schulter mit. Ich war vor ihm fertig und reichte ihm die Zeitung. Nein, dachte ich im Hinblick auf meine
     Cheerio-Familie. Wenn Thurman Mercy umgebracht hat, warum ist dann Claire davongelaufen, und was ist mit Ross? Es sei denn,
     Thurman hatte Claire gekidnappt, und Ross’ Tod war wirklich ein Unfall. Ich konnte spüren, wie sich zwischen meinen Augen
     Kopfschmerzen zusammenbrauten.
    Ich stellte mein Müslischälchen in den Geschirrspüler und goß Fred noch eine Tasse Kaffee ein.
    »Ich esse heute mit Frances Zata zu Mittag«, sagte ich. »Was machst du?«
    Fred war noch immer in den Artikel vertieft. »Mein Gott! Das Tennessee-Spiel hatte ich ganz vergessen, bei dem er zwei Jungs
     die Beine gebrochen hat!«
    Ich strich ihm nachsichtig über den Kopf und ging aus der Küche. Es hing mir ein wenig zuviel Testosteron im Raum.
     
    Frances kam ins Blue Moon hereingerauscht. Sie sah phantastisch aus in ihrem schwarzen Rock und dem schwarz-weißen Fischgrätenblazer.
     Dazu trug sie einen smaragdgrünen Rollkragenpullover, eine Kombination, auf die ich nie gekommen wäre, die aber eine Wucht
     war. Ich hatte saisonbedingt mein rotes Kostüm an. Seine Tage waren allerdings gezählt. Man kann Wollgabardine nicht unendlich
     oft um die Taschen herum |164| und unten an den Ärmelaufschlägen rasieren, irgendwann bekommt er blanke Stellen. Ich habe ein Gerät, das ich mir im K-Mart gekauft habe und mit dem man über den Stoff fahren und die Flusen abrasieren kann. Eine wundervolle Erfindung. Mary Alice
     sagt, ich würde meine Kleider häufiger rasieren als meine Beine. Was gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist.
    Frances sieht nie so aus, als habe sie ihre Kleidung epiliert. Oder als hätte diese so etwas nötig.
    »Hallo«, sagte sie, zog ihren Stuhl zurück und ließ sich graziös darauf nieder.
    »Ich wette, du schwitzt auch nicht«, brummelte ich.
    »Natürlich nicht.« Sie grinste. »Ich weiß, warum du hier zu Mittag essen wolltest. Ich bin gerade durch das Einkaufszentrum
     gelaufen und habe Mrs.   Santa gesehen.«
    »Ich hoffe, sie hat dich auch gesehen.«
    »Ich habe gewunken und ›Hey, Mary Alice!‹ gebrüllt. Das blinkende Oberteil finde ich klasse, aber die Perücke ist das Häßlichste,
     was mir je unter die Augen gekommen ist. Sieht aus wie ein totgefahrenes Tier.«
    »Wie ein Pudel, bei dem der Tierpräparator nicht mehr fertig geworden ist.« Wir mußten beide lachen. »Hat sie zurückgewinkt?«
    »Sie hat leicht den Finger gehoben. Kann man das als Winken bezeichnen?«
    »O Gott!« Ich lachte dermaßen, daß ich mir die Augen mit meiner Serviette wischen mußte.
    »Hi, Mrs.   Hollowell, Mrs.   Zata.« Wir blickten beide zu einem hochaufgeschossenen, knochigen Mädchen auf, das die Speisekarten in der Hand hielt. »Ich
     bin Susie Connors. Ich habe vor sechs Jahren meinen Schulabschluß gemacht.«
    »Susie, natürlich, wie geht es Ihnen?« sagte Frances. »Und wie geht’s David?«
    »Er hat gerade seine erste Stelle angetreten, als Ingenieur, |165| und ich bin im Hauptstudium. Ich jobbe hier während der Ferien.«
    »Das ist ja großartig«, sagte ich. Susie Connors? Ich war noch damit beschäftigt, sie einzuordnen, als Frances sich bereits
     nach ihrer Familie erkundigte! Wenigstens hatte Susie ihren Namen genannt. Die meisten früheren Schüler begrüßen uns mit:
     »Sie wissen nicht, wer ich bin, oder?« und erwarten, daß wir sagen: »Aber natürlich«, und sind gekränkt, wenn wir es nicht
     tun.
    »Sie sehen beide richtig schick aus heute. Sie möchten wahrscheinlich Hühnersalat und Orangenbrötchen, stimmt’s?«
    »Ganz genau.« Frances nickte zustimmend. »Und koffeinfreien Kaffee.«
    »Für mich bitte einen Eistee.«
    »Alles klar.« Susie entfernte sich und drehte sich noch einmal um. »Es ist schön, Sie beide zu sehen.«
    »Beruht ganz auf Gegenseitigkeit«, antworteten wir.
    »Wer ist David?« fragte ich, als Susie weg war.
    »Ihr Zwillingsbruder. Du erinnerst dich bestimmt an ihn, Patricia Anne. Er ist damals während der Musical-Aufführung von der
     Bühne gefallen. Weißt du noch, ›South Pacific‹?«
    Ich hatte den Vorfall vage in Erinnerung. »Hat er sich verletzt?«
    »Er hat sich den Knöchel gebrochen.« Frances sah mich mißbilligend an.
    »Es sind zu viele, Frances«, sagte ich. »Ich schaffe es nicht, mir zu jedem einzelnen

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