Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
alles zu merken.«
    »Das ist auch nicht einfach«, gab Frances zu.
    »Wo wir gerade von Zwillingen sprechen, ich habe gestern Lynn und Glynn Needham getroffen. Sie sehen umwerfend gut aus. Sind
     mir in die Damentoilette gefolgt, um mir, so vermute ich, mitzuteilen, daß es Claire gutgeht.«
    »Man läßt dich nicht zu ihr? Sie spricht doch auf die Behandlung an, oder?«
    |166| Ich weiß nicht, warum ich davon ausgegangen war, daß Frances über Claires Verschwinden im Bilde war. Ich erzählte ihr die
     ganze Geschichte, einschließlich des Auftauchens von Liliane Bedsole bei mir zu Hause und ihrer Bitte, ihr bei der Suche nach
     Claire behilflich zu sein.
    »Wow«, sagte Frances. »Was glaubst du, wo sie ist?«
    »Mary Alice und ich aßen mit Ross Perry im Green and White zu Mittag, als ich die Zwillinge sah. Er verließ das Lokal und
     fuhr Richtung Shelby County, wo er ums Leben kam.«
    »Was läuft denn da bloß?«
    »Verdammt, wenn ich das wüßte. Es ist jedenfalls unheimlich.« Ich nahm meine Arme vom Tisch, so daß Susie meinen Teller mit
     Hühnersalat hinstellen konnte.
    Frances nahm sich ein Orangenbrötchen und bestrich es bedächtig mit Butter. »Ross Perry soll von einem Jäger erschossen worden
     sein.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich habe da meine Zweifel. Ich glaube, es besteht eine Verbindung zwischen Mercys Tod,
     Claires Verschwinden und dem Tod von Ross.«
    »Welche Art von Verbindung?«
    »Ich weiß nicht. Sieh mal.« Ich schob meinen Salatteller beiseite, nahm ein paar Tütchen Süßstoff und spielte das Cheerio-Spiel
     für Frances. Sie beobachtete aufmerksam, wie jedes einzelne Tütchen hinzugefügt oder neu arrangiert wurde. Es endete mit denselben
     drei – Mercy, Ross und Claire – oben, den Bedsoles auf einem Haufen an der Seite und Thurman hinter der Zuckerdose. Wenigstens
     mußte ich ihr nicht die Beziehung zwischen Amos und den Needham-Mädchen erklären, da Frances ja bei den Gerichtsverhandlungen
     dabeigewesen war. Ich tippte auf das Liliane-Tütchen. »Sie schien furchtbar besorgt.«
    »Hmmm«, sagte Frances und musterte die Tütchen.
    »Siehst du irgendwas?«
    |167| »Nein. Der Salat ist wundervoll.«
    Ich zog meinen Teller wieder zu mir heran und begann zu essen. Frances zog das Thurman-Tütchen hinter der Zuckerdose hervor.
     »Er ist wieder draußen. Das habe ich gerade im Radio gehört. Wo soll er jetzt hin?«
    »Du könntest das Tütchen aufreißen und sämtliche Frauen damit bestreuen.«
    »Ich glaube nicht.« Frances lehnte das Tütchen gegen die Orangenbrötchen. »Irgend etwas fehlt da noch«, sagte sie.
    »Am Salat?«
    »An der Gleichung hier.« Sie zeigte auf die über den Tisch versprenkelten Süßstoffpäckchen. »Da gibt es irgendeine zentrale
     Verbindung, die uns entgangen ist, Patricia Anne.«
    »Vielleicht wollen wir gar nicht wissen, welche das ist«, erwiderte ich.
    »Richtig.«
    Ich sammelte die Tütchen zusammen und stopfte sie in die Dose zurück. Eine Zeitlang aßen wir schweigend.
    »Vielleicht ist es die Galerie«, mutmaßte Frances dann.
    Ich grinste. »Wir kommen nicht davon los, was? Nein, ich glaube nicht, daß die Galerie das verbindende Element ist. Wo bliebe
     dann Ross? Abgesehen davon war Claire nur Mercys Assistentin.«
    »Na gut. Jedenfalls finde ich es unmöglich, daß die Polizei die Galerie geschlossen hat. Ich wollte ein paar meiner Weihnachtsgeschenke
     dort kaufen. Ich war hocherfreut, als ich hörte, daß Mercy mit einer Folk-Art-Ausstellung eröffnete. Es war doch bestimmt
     herrlich, Patricia Anne.«
    »Es war sehr bunt und fröhlich«, sagte ich, an die Lebendigkeit der Bilder und Quilts und ihre sprühenden Farben zurückdenkend.
    »Das ist das Schöne an der Folk-Art. Die Ausdruckskraft und das Selbstvertrauen.«
    »Und weshalb haben sie so um ihre Anerkennung zu kämpfen? |168| Etwa nur, weil sie nicht in irgendeine akademische Schule passen?«
    »Vielleicht. Sie sind Autodidakten. Aber das mindert meiner Meinung nach nicht ihre Größe. Manche bezeichnen sie sogar als
     Visionäre.« Frances bestrich ein weiteres Brötchen mit Butter. »Mercy Armistead war clever genug, hier in Alabama an die Quelle
     vorzustoßen.«
    »Ich frage mich, warum es hier so viele von ihnen gibt.«
    »Patricia Anne, wenn hier in Alabama etwas geschätzt wird, dann ist es das Exzentrische. Das weißt du doch.«
    Das stimmte. Ich dachte an meine Schwester unten im Einkaufszentrum mit ihrem elektrisch beleuchteten Oberteil, den roten
    

Weitere Kostenlose Bücher