Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Ich liebe das Haus und den Blick. Mary Alice
     wollte jedoch stets Säulen am Haus haben, wie auf Tara. Sie hatte die herausragendsten Architekten aus Birmingham und Atlanta
     darauf angesetzt, herauszufinden, ob das Hinzufügen von ein paar Säulen, vorzugsweise ionischen, machbar sei.
    |171| »Zum Teufel, ich könnte mir sogar so einen Säulenbalkon vorstellen, wie ihn Truman ans Weiße Haus hat anbauen lassen«, hörte
     ich sie einem angesehenen jungen Architekten sagen, den das bis ins Mark erschütterte.
    »Architekten trinken so viel«, schimpfte sie mir gegenüber eines Tages. »Biete ihnen was an, und sie wollen sofort einen Bourbon.
     Das heißt, immer gleich mehrere. Außerdem sind sie fürchterlich engstirnig. Herrgott, sogar Frank Lloyd Wright war Eklektiker.«
    Ich bog in die ringförmige Auffahrt ein und hielt hinter dem Auto von Schwesterherz. Die Vordertür ist bei diesem Haus die
     meistgenutzte, da sich die Küchentreppe meilenweit entfernt auf der Rückseite des Hauses befindet.
    »Sie braucht was Kleineres«, hatte ich Fred einmal nach einem Familientreffen dort erklärt. »Sie rennt doch nur sinnlos umher
     in all diesen Räumen.«
    Er verdrehte nur die Augen.
    »Ich bin hier«, brüllte ich in den Flur hinein.
    Schwesterherz tauchte an der Tür zum Arbeitszimmer auf. »Ich kann ihn nicht finden.« Sie war den Tränen nahe. »Ich hätte niemals
     wegfahren und ihn allein lassen dürfen.«
    »Er kann ja nicht weit sein«, beruhigte ich sie, obwohl die Vorstellung, in diesem Riesenhaus nach Bubba suchen zu müssen,
     nicht beglückend war. »Normalerweise bleibt er doch in der Küche oder in deinem Schlafzimmer, stimmt’s?«
    Schwesterherz nickte. »Er ist aber nicht an seinem üblichen Platz, auf dem Heizkissen auf der Küchenanrichte.«
    »Bubba hat ein Heizkissen auf der Küchenanrichte?«
    »Er ist eben kein junger Hüpfer mehr, Maus.«
    »Aber das ist feuergefährlich.«
    »Ist es nicht. Es ist auf die niedrigste Stufe gestellt.« Sie seufzte. »Jedenfalls ist er nicht da.«
    »Ruf ihn.«
    Wir liefen durchs Erdgeschoß, und Mary Alice rief: »Bubba! |172| Engelchen! Maunzekaterchen!« Ich machte einen Umweg durch die Küche und befühlte das Heizkissen. Es war tatsächlich warm.
    »Hier ist er!« rief Mary Alice.
    Ich folgte ihrer Stimme ins Eßzimmer und sah Bubba unter dem Tisch sitzen und uns ungerührt anstarren.
    »Ist alles in Ordnung mit meinem Engelchen?« gurrte Mary Alice. Dem Engelchen schien es gutzugehen. »Kriech runter und nimm
     ihn hoch, Maus.«
    »Mach du das. Oder noch besser, laß ihn einfach dort.«
    »Er ist krank, Patricia Anne. Er sitzt nie hier, außer wenn irgendwas mit ihm nicht stimmt.«
    Ich blickte Bubba an und er mich. Vielleicht sahen seine Augen etwas müde aus.
    »Deine Knie sind besser in Form als meine, Maus.«
    »Was ist denn mit deinen Knien?«
    »Das kommt vom Stehen im Einkaufszentrum, dem Hochheben der Kinder den ganzen Tag, damit sie den Weihnachtsmann sehen können.«
    »In Gottes Namen.« Ich ging auf die Knie, krabbelte unter den Tisch und zerrte einen protestierenden Bubba hervor. »Hier.«
     Er wog eine Tonne. Mary Alice nahm ihn und drückte ihn an ihre Schulter.
    »Verdammt, Patricia Anne. Du hättest nicht so grob sein müssen.«
    Bubba drehte sich um und stierte mich an, als würde er ihr zustimmen. Meine Knie knackten laut, als ich aufstand.
    »Eine Kortisonspritze könnte da durchaus Abhilfe schaffen«, bemerkte Mary Alice. Und Bubba stimmte ihr zu.
    Zum Glück klingelte es just in dieser Minute an der Tür.
    »Wahrscheinlich der UP S-Bote . Ich muß dieses Jahr meine Geschenke größtenteils aus dem Katalog bestellen.«
    »Schenkst du Fred wieder einen Jahresgutschein für die Frucht des Monats?«
    |173| »Natürlich. Vitamine halten einen Mann jung.« Mary Alice lief zur Eingangstür, Bubba über ihrer Schulter drapiert. Ich rieb
     mir die Knie und folgte ihr dann. Ich liebte Pakete. Sie hatten so etwas Geheimnisvolles an sich.
    »Mrs.   Crane?« Ein gutaussehender Schwarzer stand an der Tür. »Ich bin James Butler. Meine Schwester, Bonnie Blue, bat mich, Ihnen
     das hier vorbeizubringen.« Er streckte ihr etwas entgegen, was das Bild sein mußte, das ihr Bonnie Blue versprochen hatte.
    »Das ist mein Abe!« quiekte Mary Alice. »Hier, Patricia Anne.« Sie reichte mir Bubba und nahm das Bild in Empfang. »Sind da
     Haare mit drauf?«
    James Butler lächelte. »Ich weiß nicht. Hängt von Daddys Laune ab und davon, wie lange sein

Weitere Kostenlose Bücher