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O du Mörderische

Titel: O du Mörderische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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durchaus sehen lassen, finden Sie nicht?« Leota Wood verschränkte die Arme vor der Brust und wippte leicht
     vor und zurück, als wolle sie uns zum Widerspruch herausfordern.
    »Sie sind absolut wundervoll.« Mary Alice hatte die Sprache wiedergefunden.
    Leota Wood lächelte. »Ein paar davon hat meine Tochter gemacht. Ich beschäftige mich inzwischen hauptsächlich mit den ›erzählenden‹
     Quilts. Aber ich helfe ihr mit den Farben. Ich schwöre Ihnen, dieses Mädchen ist der Ansicht, Braun und Schwarz seien apart,
     und ich sage ihr dann: ›Sieh mal, Doreen, die Leute wollen gern Quilts in leuchtenden Farben. Laß dieses dreckige Braun hier
     weg.‹ Das macht sie dann auch; meistens jedenfalls. Manchmal näht sie noch immer welches dazwischen.« Sie teilte offensichtlich
     mein Faible für Gameshows, denn in dem Fernseher, der in der Ecke stand, lief gerade ›The Price is Right‹. Als sie meinen
     Blick bemerkte, ging sie jedoch hinüber und stellte ihn ab. Bob Barkers grinsendes Nilpferdgesicht verschwand. »Schauen Sie
     sich ruhig um. Möchten Sie Kaffee? Ich war gerade dabei, welchen zu kochen.«
    Wir erklärten, das wäre nett, und sie öffnete eine Tür, die in eine kleine Küche führte. »Wo Lumpi wohl steckt?« murmelte
     Mary Alice nervös.
    »Er ist im Schlafzimmer«, rief Mrs.   Wood.
    |230| Mary Alice und ich blickten uns erstaunt an. »Wie kann sie das gehört haben?« Schwesterherz bewegte lautlos die Lippen.
    In der Küche lachte Leota Wood. »Ich habe Sie nicht gehört. Ich weiß nur, was Sie gesagt haben. Sie sagen immer alle das gleiche.
     Haben Angst vor diesem lieben Hund. Er wird Ihnen nichts tun. Schauen Sie sich nur um.«
    Ich war bereits von einem Quilt im Himmel-und-Erde-Muster gefangengenommen. Ein scheinbar simples Muster, das aus alternierenden
     dunklen und hellen Dreiecken in jeder Farbe bestand und sich zu verändern schien, als ich den Quilt von einer Stuhllehne nahm
     und auseinanderfaltete. Gelegentlich waren zwei dunkle oder zwei helle Dreiecke nebeneinanderplaziert und vermittelten den
     Eindruck von in den Himmel ragenden Bergen.
    »Das ist einer von Doreen«, sagte Mrs.   Wood, als sie, ein Tablett mit Kaffee und Keksen in der Hand, wiederkam und sah, was ich da gerade bewunderte. »Mercy Armistead
     wollte ihn für ihre Galerie. Sie hat gesagt, sie wolle ihn ›Raum-Zeit‹ oder irgend etwas in der Art nennen und ihn für viel
     Geld verkaufen.« Sie stellte das Tablett auf einem Kaffeetisch ab und forderte uns auf, Platz zu nehmen.
    »Das ist sehr nett von Ihnen, Mrs.   Wood«, sagte Mary Alice. »Wir waren uns nicht sicher, ob wir einfach so reinschneien dürften.«
    »Mein Gott, aber natürlich, meine Liebe. Und nennen Sie mich doch bitte Leota. Ich bin daran gewöhnt, daß Leute vorbeikommen.
     Auf diesem Wege habe ich ursprünglich all meine Quilts verkauft. Dann kam diese Folk-Art auf, und ich wurde zur primitiven
     Künstlerin erklärt. Ich habe Ross Perry meine Meinung dazu gesagt, ich sagte ihm: ›Hören Sie, Ross Perry, okay, ich lebe außerhalb
     einer großen Stadt, aber ich bin zum Teufel noch mal nicht primitiv. Ich habe eine Innentoilette und eine Satellitenschüssel.‹
     Und dann sagte ich noch: ›Was heißt denn für Sie überhaupt primitiv? Haben primitive Menschen |231| vielleicht Magazine wie ›People‹?‹« Leota Wood schob einen Teller mit Keksen zu Mary Alice hinüber.
    »Er hat es sicher als Kompliment gemeint«, erwiderte Mary Alice und nahm sich von dem altmodischen Teegebäck, bei dem auf
     jedem Keks genau in der Mitte eine halbe Pekannuß prangte.
    »Vermutlich. Jedenfalls gefielen ihm meine Quilts. Er kaufte eine Menge davon.«
    »Ich kann verstehen, weshalb«, sagte ich. »Sie sollten in Museen hängen.«
    »Da kann man aber kein Geld damit machen, meine Liebe«, erklärte Leota. »Ich vermute, daß ich jetzt, nachdem sowohl Ross als
     auch Mercy tot sind, wieder über die Kunstgewerbemärkte tingeln muß.« Sie bot mir die Kekse an, und ich nahm einen. Sie schmeckten
     genau wie die, die Großmutter immer zu backen pflegte.
    »Die schmecken wundervoll«, sagte ich.
    »Das ist der Mandelextrakt. Mandel, nicht Vanille.« Leota Wood lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Wissen Sie, ich kann es
     einfach nicht glauben, daß Mercy und Ross beide nicht mehr da sind. Wums. Einfach so.« Sie schlug auf die Lehne ihres Stuhls,
     um zu verdeutlichen, was sie meinte.
    »Und irgend jemand hat versucht, Claire Moon umzubringen«, ergänzte

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