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Oase der Versuchung

Oase der Versuchung

Titel: Oase der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Gates
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habe niemandem geholfen, die Macht in Zohayd an sich zu reißen – womöglich zum Nachteil von Millionen Menschen.“
    Nachdenklich betrachtete er sie. So ziemlich jeder an ihrer Stelle hätte alles getan und gesagt, um die eigene Haut zu retten. Nicht so Talia. Er hatte sie von Anfang an richtig eingeschätzt. Sie hätte sich eher erschießen lassen, als auf Knien um ihr Leben zu flehen – oder unsägliches Leid über andere zu bringen.
    Hassan wollte sie an sich ziehen und für so viel Todesmut und Heldentum schelten, aber er wagte es nicht. Ganz gewiss würde sie das nicht wollen. Er würde sich sehr anstrengen müssen, bis wieder so spontane Gefühlsäußerungen möglich waren … Noch dazu forderten die Ereignisse dieser Nacht allmählich ihren Tribut, und Müdigkeit überkam ihn.
    Schließlich sagte er: „Ich sehe, dir ist bewusst, was diese Informationen in der Hand der falschen Leute anrichten können. Was hast du jetzt vor?“
    Sie ließ die Schultern sinken. „Falls ich das hier überlebe, meinen Sie? Dann überprüfe ich erst mal die Fakten und überlege mir in aller Ruhe, was ich damit anfange.“ Trotzig sah sie ihn an. „Vielleicht gehe ich damit an die Öffentlichkeit, um Zohayds Weg zur Demokratie zu ebnen.“
    Hassan zog die Augenbrauen hoch und sagte halb scherzhaft, halb im Ernst: „Wie so manch andere sogenannte Demokratie in dieser Region? Du möchtest Zohayd von seinem jetzigen Reichtum und seiner Stabilität ‚erretten‘ – und eine königliche Familie absetzen, die das Land fünfhundert Jahre lang erfolgreich regiert hat? Wer soll dann an die Macht kommen? Militärs?“
    Er seufzte. „Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn die Nachbarstaaten auch von dieser Entwicklung erfasst werden? Dann entsteht hier eine Militärdiktatur nach der anderen! Nicht auszudenken, was das für die Region bedeutet!“
    Er wartete, um sicherzugehen, dass Talia sich dieses Szenario im Geiste ausmalte. Dann fuhr er fort: „Außerdem – was hätte dein Bruder davon? Oder geht es dir nur um Rache? Wichtiger ist doch, dass er aus dem Gefängnis freikommt. Und was nützt …“
    „Jetzt hören Sie auf!“, rief sie unwillig. „Wie gesagt, ich hatte noch keine Zeit, nachzudenken. Und jetzt ist dafür wirklich nicht der richtige Augenblick. Ich rede gern mit Ihnen darüber, wenn ich alles überstanden habe.“
    Bevor er beteuern konnte, dass er alles tun würde, um sie in Sicherheit zu bringen, zuckte sie zusammen, ja krümmte sich fast. Ihm blieb vor Schreck beinah das Herz stehen.
    Sie stieß einen Schmerzenslaut aus und lehnte sich zurück.
    Hassan bekam es mit der Angst zu tun. Natürlich hatte er ihr geglaubt, als sie ihm gesagt hatte, dass ihr nichts fehlte. Was aber, wenn sie sich doch eine Verletzung zugezogen hatte? Inzwischen war viel kostbare Zeit vergangen!
    Mit einer schnellen Bewegung beugte er sich über sie – ohne sich dabei um das heftige Ziehen auf seiner linken Körperseite zu kümmern.
    Indem er ihr Kinn berührte, hob er ihren Kopf etwas an und musterte ihr schmerzverzerrtes Gesicht. Als sie sich zu entziehen versuchte, sagte er mit rauer Stimme: „Talia, sei doch bitte nicht so stur! Bist du verletzt?“
    „Nein.“
    Aber Hassan ließ nicht locker. Fürsorglich hielt er sie fest – bis sie ihm sagte, was ihr wehtat.
    „Es ist nur … Es kommt von den Schlägen. Bisher war ich zu abgelenkt, um etwas zu spüren. Doch jetzt krampft sich mein Magen regelrecht zusammen. Es fühlt sich an wie ein Muskelkater, wenn man zu viele Sit-ups gemacht hat.“
    Hassan spürte ein wildes, wütendes Gefühl in sich aufsteigen.
    Beim Gedanken an ihre Entführer gab Talia einen abschätzigen Laut von sich. Dann senkte sie den Blick, betrachtete Hassans Bauchmuskeln und sagte lachend: „Ich glaube, es fühlt sich an, als hätte ich versucht, beim Bauchmuskeltraining mit Ihnen mitzuhalten.“
    Sie lenkte ihn ab! Obwohl sie ihn für ihren Gegner hielt, obwohl sie ihm nicht wirklich glaubte, dass er ihr helfen wollte, bemühte sie sich doch, nett zu sein.
    Bevor er sie küsste – und sie ihre Drohung von vorhin wahr machen konnte –, verkündete er: „Talia, ich befreie dich jetzt von den vielen Schichten Kleidung.“
    „O nein! Das werden Sie lassen!“
    „Dann mach du es. Aber sie müssen weg. Danach kannst du dich zu mir herlegen und dich ausstrecken. Wenn du dich entspannst, wird dir bestimmt besser. Ich massiere dich mit entzündungshemmender Salbe.“
    Einen Augenblick blieb sie völlig

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