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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Beschwerden, die offensichtlich mit ihrer Grippe zusammenhingen, aber als ich sie untersuchte, stellte ich überrascht fest, daß ihre Beine stark angeschwollen waren. Da sie sich im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft befand, war dies ein bedenkliches Zeichen.
    »Sieht so aus, als hätten wir da eine kleine Komplikation, Maureen«, sagte ich. »Sie müssen ein Weilchen im Bett bleiben, bis wir wissen, was los ist. Ich möchte auch Ihr Wasser untersuchen, um ganz sicherzugehen. Ich brauche etwas Prüfpapier und werde rasch in meiner Praxis vorbeischauen, um es zu holen.«
    »Wird das Baby aber gesund zur Welt kommen?«
    Sie war selbst noch ein Kind. Oder wurde ich alt?
    »Ganz bestimmt. Wenn Sie tun, was ich Ihnen sage. Halten Sie bitte eine Probe bereit. Ich werde bald wieder zurück sein.«
    Ich wies Watkins an, in die Praxis zu fahren. Die Visiten machten überhaupt keine Schwierigkeit, wenn man einen Chauffeur hatte; die physische Erleichterung war enorm. Ich fühlte mich richtig verwöhnt.
    Wir hielten hinter Freds purpurfarbenem Taxi. Alle Lichter im Haus brannten, und durch die geöffneten Fenster drang eine zarte Musik, die mir recht indisch vorkam. Mir fiel Freds Party wieder ein.
    Ich sah Watkins’ Gesicht einen starren, mißbilligenden Ausdruck annehmen, als sein Blick an den Hauswänden auf und ab ging und er die Geräusche wahrnahm, die aus dem Haus kamen. Ich lief zum Eingang der Praxis. Dann fiel mir plötzlich ein, daß ich ja gar keine Schlüssel bei mir hatte, da ich ursprünglich nicht beabsichtigt hatte, herzukommen.
    Ich wollte Fred eigentlich nicht in seiner Party stören, aber es gab keine andere Möglichkeit. Ich brauchte die Prüfstreifen.
    Ich drückte den Klingelknopf und war keineswegs erstaunt, daß niemand zur Tür kam. Ich läutete nochmals und hatte dann den genialen Einfall, an der Tür zu drücken. Sie ging sofort auf. Was einst mein Heim gewesen war, war jetzt nicht wiederzuerkennen. Ich hatte zwar Freds exotische Innendekorationen schon gesehen, die alles mögliche enthielten, von obszönen afrikanischen Schnitzereien bis zu psychedelischen Wandbehängen, hatte aber doch niemals eine echte Vorstellung davon besessen, wie sich diese bunte Sammlung von Gegenständen darin ausnehmen würde.
    Die Treppe war zu einer Jakobsleiter geworden, doch saßen nicht die Engel auf ihr, sondern Knaben mit langen und Mädchen mit kurzen Haaren, mit einem Zeug bekleidet, dem man unmöglich den Namen Kleider geben konnte. Es schillerte in allen Farben und Schattierungen. Der erste Eindruck, den ich bekam, bestand im wesentlichen aus Perlen, Quasten, weiten Hosen, Jacketts, Fransen und Stiefeln in jeder Farbe des Regenbogens. Einige der Gäste hockten auf den Stufen, andere standen, wieder andere lagen in voller Länge. Sie rauchten ich weiß nicht was. Sie sahen mich mit glasigen Augen an. Ich vermute, daß ich in meinem dunkelblauen Anzug mit dem weißen Hemd und einem Schlips wie ein Geist aus einer anderen Welt aussah. Ich fühlte mich völlig deplaciert.
    »Wo ist Fred?« fragte ich in die Menge hinein, nachdem ich meinen ganzen Mut zusammengenommen hatte.
    »Wer ist Fred?«
    Ende der Unterhaltung.
    Ein Junge - ich meine wenigstens, es war ein Junge -, der auf der untersten Stufe saß, sah mir ins Gesicht und sagte:
    »Es gibt nichts in der Welt,
    Das wunderbarer ist
    Als ich.
    Dieses lebende, atmende Wunder bin ich.
    Das Ich von ihm,
    Das Ich von ihr,
    Und auch das Ich von mir.«
    »Ich bin sicher, daß Sie völlig recht haben«, sagte ich. »Aber ich wüßte gern, wo Fred steckt.«
    »Wir sind von Nebeln umgeben«, sagte mein neuer Freund.
    »Ja. So ist es leider. Ich muß in die Praxisräume, weil ich etwas untersuchen möchte.«
    Er nickte verständnisvoll und bot mir an, was er eben rauchte.
    Als ich dankend ablehnte, sagte er:
    »In ihrem dunklen Leib konnten wir unserer Mutter Gesicht nicht erkennen; aus dem Gefängnis ihres Fleisches sind wir in das unaussprechliche, unwirtliche Gefängnis dieser Erde gekommen. Wer von uns kennt seinen Bruder? Wer von uns hat jemals in seines Vaters Herz gesehen? Sind wir nicht alle und für immer Fremde und allein?«
    »Das könnte ich eigentlich nicht sagen«, erwiderte ich und wedelte den mich umwehenden Rauch mit einer Handbewegung beiseite. »Jedenfalls nicht mehr, nachdem ich über diese Frage schon sehr lange nachgedacht habe.«
    Er zuckte die Achseln. »Brauchen Sie vielleicht ein weibliches Wesen?«
    »Nein. Ich suche nur Fred.«
    Er

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