Obduktion
hoffe, du halst uns keinen jungen, bekehrten wiedergeborenen Christen auf«, bemerkte Shawn. »Ich weiß nicht, ob ich so was eine Woche lang aushalten kann.«
»Ich sagte bereits, dass er sehr charmant ist«, antwortete James. »Und das meine ich auch so. Ich habe ihm schon die ganze Geschichte des Ossuariums erzählt, es gibt also eine Menge Themen, über die ihr euch unterhalten könnt. Jetzt möchte ich nur noch sicherstellen, dass wir uns darüber einig sind, worum es bei unserem Handel geht. Ich werde ihm ein Handy mitgeben, damit er mich anrufen kann. Falls er anruft und sich beklagt, dass ihn einer von euch beiden nicht anständig behandelt, dann ist unser Handel geplatzt. Ist das klar?« James blickte Shawn und Sana nacheinander an und wartete auf eindeutige Zeichen ihrer Zustimmung. Er wollte hinterher nicht hören, dass sie den Handel nicht verstanden hatten. Sie sollten wissen, was sie riskierten.
»Wann soll denn diese Woche mit dem Hausgast anfangen? «, erkundigte sich Sana.
»Wann kommt ihr heute Abend nach Hause?«, fragte James zurück.
»So gegen fünf, schätze ich«, antwortete Sana.
»Dann steht er um diese Zeit vor eurer Tür«, erklärte James.
»Jetzt mal langsam!«, ging Shawn dazwischen. Er blickte zu Sana. »Eigentlich wollten wir heute Abend essen gehen, weil Sana gestern Abend lange genug in der Küche gestanden hat.«
»Kein Problem«, sagte James. »Er ist überaus vorzeigbar. Außerdem könnt ihr euch dann auf neutralem Boden auch gleich besser kennenlernen.«
»Wir sollen einen Fremden zum Essen einladen?«, beschwerte sich Shawn.
»Warum nicht? Das ist ein guter Weg, um eine Beziehung aufzubauen. Ich nehme an, es ist schon ziemlich lange her, dass ihn jemand zum Essen eingeladen hat. Falls ihn überhaupt schon mal jemand eingeladen hat. Denk doch nur, welche Bereicherung ihr für das Leben dieses Mannes sein könntet.«
»Und wer soll das bezahlen?«, fragte Shawn.
»Ich glaube es einfach nicht«, sagte James. »Andererseits sollte ich mich nicht wundern. Du bist immer noch derselbe Geizkragen wie damals auf dem College.«
»Das kannst du laut sagen!«, warf Jack ein, der zum ersten Mal das Wort ergriff.
»Wenn ich das schon ertragen muss, dann will ich dafür nicht auch noch bezahlen müssen«, brachte Shawn zu seiner Verteidigung hervor.
»Die Erzdiözese wird heute die Kosten für Mr Hesters Abendessen übernehmen, aber nicht für deines, großer Zampano. Bewahre die Belege und Quittungen gut auf, wenn du auf Rückerstattungen Wert legst.«
»Kein Problem«, antwortete Shawn. »Und jetzt würde ich gern wieder zurück an die Arbeit gehen, wenn du nichts dagegen hast.«
Kapitel 26
17:05 Uhr, Sonntag, 7. Dezember 2008 New York City
L uke Hester hatte sich noch nie so verwundbar gefühlt wie in diesem Moment, als er im Lichtkegel des Strahlers an der Eingangstür vor dem hölzernen Haus der Daughtrys stand. Das laute, durchdringende Geräusch des Türklopfers, den er gerade betätigt hatte, um seinen Besuch bei ihnen anzukündigen, entfachte das Feuer seiner Nervosität nur noch mehr. Als er sich umdrehte, konnte er den Wagen sehen, mit dem er hierher gekommen war und auf dessen Beifahrersitz der Erzbischof saß. Er winkte ihm verlegen, der Bischof winkte zurück und zeigte ihm den erhobenen Daumen. Luke hob ebenfalls seinen Daumen und wünschte, er wäre nur halb so siegesgewiss, wie der Erzbischof es von ihm erwartete bei der Aufgabe, dem Ehepaar die Veröffentlichung auszureden, die der Jungfrau Maria und der Kirche so viel Schaden zufügen würde. Am meisten Kopfzerbrechen bereitete ihm die Aussage des Kardinals, dass Dr. Daughtry mit dem Teufel gemeinsame Sache mache. Infolgedessen war Luke jetzt von Angst erfüllt vor der Person, die ihm die Tür öffnen würde.
Seit Luke vor acht Jahren in das Kloster geflohen war, hatte er es nicht mehr allein verlassen, und der Hauptgrund dafür war seine Angst vor einer Begegnung mit dem Teufel. Und hier würde er ihm nun plötzlich gegenüberstehen.
Auch wenn er sich während seiner Kindheit gezwungenermaßen täglich mit dem Teufel in Gestalt seines gottlosen Vaters auseinandersetzen musste, hielt er sich selbst für die ungeeignetste Person, um mit dem Fürsten der Finsternis zu verhandeln.
Sein Unbehagen und seine Verwundbarkeit wurden durch seinen Aufzug noch verstärkt. James hatte befürchtet, dass Lukes Bruderschaftsgewand Shawn ein wenig überfordern könnte, und deshalb hatten Pater Maloney und Pater Karlin
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