Obduktion
einfiel, dass Sana vor allem daran interessiert war, die DNA zu finden.
»Warum gibt es hier unten nicht mehr Licht?«, beschwerte sie sich. »Ich kriege Platzangst.« Die Beleuchtung war sehr gedämpft, da sie im Boden eingelassen war. Die Decke lag komplett im Dunkeln.
»Das ist wohl für die Stimmung, denke ich. Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Im Petrusgrab wird es noch enger. Wirst du damit klarkommen?«
»Ich glaube schon. Wo sind wir jetzt?«
»Wir sind mitten in der römischen Nekropole, die Konstantin für das Fundament seiner Basilika damals komplett hatte zuschütten lassen. Was sie wieder ausgegraben haben, ist nur dieser Pfad, von Ost nach West, zwischen zwei Grabreihen. Die meisten sind heidnische Mausoleen aus dem ersten bis vierten Jahrhundert, auch wenn ein paar der Wandzeichnungen und Inschriften von Christen stammen.«
»Dieser Ort macht mir Angst. Wo ist denn jetzt das Petrusgrab, damit wir anfangen und hier weg können?«
Shawn zeigte nach links, den vatikanischen Hügel hinauf. Nach etwa fünfzehn Metern wies er auf einen römischen Sarkophag in einer dunklen Ecke. »Sollten wir irgendwelchen Schutt loswerden müssen, tun wir ihn dort hinein, okay?«
»Geht klar«, sagte Sana, verwundert darüber, dass er ihr das überhaupt sagte.
»Möchtest du mal einen Blick auf diese antiken römischen Gräber werfen?«, fragte Shawn. »Einige von ihnen haben wirklich interessante Verzierungen.«
»Ich möchte das Petrusgrab sehen, wo wir arbeiten werden«, antwortete Sana. Ihre Hosenbeine waren durchnässt, und sie fror am ganzen Körper.
»Das hier ist die ›rote Mauer‹«, erklärte Shawn, als sie um das zerfallene Ende einer Steinmauer herumgingen. »Wir sind fast da. Diese Mauer ist Teil des sogenannten Petrusgrab-Komplexes.« Sana konnte nichts wirklich Spannendes daran finden. In einiger Entfernung hörten sie die Stimme des Touristenführers.
»Warte kurz«, sagte Shawn, als sie zu einem Riss in der Mauer kamen. »Sieh mal in dieses Loch. Kannst du die weiße Marmorsäule sehen?«
Sana konnte die Säule, von der Shawn sprach, sehr gut sehen, da sie beleuchtet war. Sie hatte einen Durchmesser von etwa fünfzehn Zentimetern.
»Sie gehört zu Petrus’ Siegesdenkmal, das über seinem Grab errichtet wurde. Wir sind nun auf der Ebene von Konstantins Basilika.«
»Also liegt das Petrusgrab unter uns?«
»Richtig. Unter uns und links von uns.«
»Wo suchen wir nach dem Ossuarium?«
»Wir sind hier auf der Südseite der Anlage. Wir müssen zur Nordseite.«
»Dann lass uns gehen«, sagte Sana.
Als sie den Komplex umrundet hatten und auf der Nordseite angekommen waren, liefen sie direkt in die Touristengruppe hinein, die aus etwa einem Dutzend Menschen jeden Alters bestand. Ihre einzige Gemeinsamkeit war, dass sie alle Englisch sprachen. Einige hörten dem Fremdenführer zu, andere starrten in die Luft, und manche unterhielten sich flüsternd. So eine Gruppe hatte Sana nicht erwartet.
Shawn wartete, bis der Touristenführer eine Pause machte, und drängte Sana, der Gruppe zu folgen. Nach
eineinhalb Metern sahen sie auf der rechten Seite, was der Führer gerade beschrieben hatte. Es war eine rötliche Gipswand, auf der sich eine Unzahl von Inschriften befand, die alle kreuz und quer durcheinander verliefen, was es schwer machte, auch nur eine einzige von ihnen zu entziffern. »Dies ist die sogenannte Graffiti-Wand«, erklärte Shawn leise. »Ich habe dir ja schon davon erzählt. Als man bei der letzten Ausgrabung zu dem Grab von Petrus vordringen wollte, wollte man hier natürlich nichts zerstören, vor allem nicht diese Graffiti-Wand. Deshalb musste man einen Tunnel graben, der erst unter dieser Mauer und dann noch unter der Stützmauer des Petrusgrabs hindurchführte. Das Ossuarium wird zwischen diesen beiden Mauern liegen, nahe an der roten Wand, die durch beide im rechten Winkel hindurchführt. «
»Mein Gott«, stöhnte Sana. Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. Das war einfach alles zu viel.
»Ich weiß«, sagte Shawn verständnisvoll, »das ist ganz schön kompliziert. Außerdem wurde in den vergangenen zweitausend Jahren ständig angebaut und verändert. Vielleicht erkläre ich es nicht gut, aber ich weiß genau, wovon ich rede. Meine einzige Sorge ist, dass die Römer während des Baus der roten Mauer um das erste Jahrhundert herum versehentlich auf das Ossuarium gestoßen sind und es entweder woanders hingebracht oder zerstört haben. Aber ich habe keinen Zweifel
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